Feuchtgebiete

Als ich ihn bat, doch endlich mit der ständigen Spuckerei aufzuhören, beließ er es erfreulicherweise bei der szenetypischen Frage „Hast Du ein Problem damit, Alter?“ Ebenso gut hätte mir die Einforderung dieser Selbstverständlichkeit einen Satz heißer Ohren einbringen können.

Die fünf Minuten Wartezeit an einer überdachten Bushaltestelle ließen mich berechtigt zweifeln, ob sich menschliche Evolution wirklich im kollektiven Gleichschritt vollziehe. Eine Gruppe Jugendlicher hatte diesen eigentlich zweckgebundenen Unterstand für sich okkupiert, um sich dort in den nichtolympischen Wettbewerben Spucken, Rülpsen und Flatulieren zu messen. Körpergeräusche statt wirklicher Kommunikation – und immer wieder wurde exzessiv gespuckt, so dass sich der Haltestellen-Bereich zusehends in ein nicht kartografiertes Feuchtgebiet verwandelte. Die mit antizipierter Schadenfreude vermengte Sorge, dass einer der Dauerspeier wegen Dehydrierung kollabierte, war eher unbegründet, deutete doch der unter der Sitzgelegenheit abgestellte halbvolle Bierkasten darauf hin, dass man bemüht war, den enormen Flüssigkeitsverlust auszugleichen.

Und als ich dann auf glibbrigem Boden sehnlichst den rettenden Bus erwartete, hätte ich in Dschungelcamp-Manier lauthals schreien mögen: „Holt mich hier raus!!!“

Autor:

Klaus Ahlfänger aus Herten

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4 Kommentare

Jan Kellendonk aus Bedburg-Hau
am 23.05.2013 um 07:31

Als ich einmal einen alten Mann, der in der Nähe seines Altenheimes hinter einem Bushäuschen aus Glas pinkelte, tadelte, hat er mich dermassen angemacht, dass ich paff war. Fiese möpp gibt es, ohne Zweifel. Aber die Jungen haben es von den Alten gelernt.

Renate Becker aus Emmerich am Rhein
am 27.05.2013 um 12:50

Die alten Werte wie Benehmen und Achtung vor einander gehen zunehmend verloren. Das ist vielleicht eine Folge der Bildungspolitik. Jugendliche haben keine Zukunftsperspektiven. Eltern und Lehrer haben es aufgegeben solchen Rüpeln Manieren beizubringen. Doch solche Leute hat es zu jeder Zeit gegeben, nur mit der heutigen Medien, erfährt man mehr darüber.Die Stänkerer sind nicht mehr anonym, so wie das früher der Fall war. Wenn du da dem Nachbarn auf die Treppe gespuckt hattest, weil er dir blöde kam, dann hat er dich, wenn er dich erwischte dabei eins über den Hintern gezogen und beim nächsten mal warst du entweder schlauer, oder hast es ganz gelassen.
Wenn ich so darüber nachdenke, was ich von sechs Jahren, bis 16 Jahren so alles angestellt habe, meist im Verbund einer Clique.........................oha.
Damals bekamen wir ein paar hinter die Ohren, heute braucht man dazu die Polizei.

ANA´ stasia Tell aus Essen
am 27.08.2014 um 22:43

...liebe Renate...
mag sein...wie aber oben bereits berichtet...
benimmt sich nicht nur "Deutschlands" jugend so dermaßen schei... und widerlich...
sondern eben auch die VOR-Gänger-Generation en!!!

U.A. Deshalb ist ja diese Welt heute so, wie sie ist!