Drachen-Flüsterer
Wenn Mary und Ecki Raßbach einträchtig über ihr neuestes Drachenmodell brüten, sind sie regelrecht in ihrem Element. Kein Wunder: Die beiden Hertener haben sich bei Drachenfesten kennen- und liebengelernt.
„Drachenbau packt einen einfach“, sagt Ecki Raßbach. Man sieht‘s: Die obere Etage ihres Hauses ist dem platz- und zeitintensiven Hobby gewidmet. Wie viele Drachen, auch als Windvögel bekannt, haben sie denn schon gemeinsam angefertigt? „Ach, so 40 bis 50 kommen da schon zusammen“, überlegt Mary Raßbach.
Die Aufgaben sind klar verteilt: Ecki, der auch Modelleisenbahner ist und Hubschrauber-Modelle baut, hat immer einen Floh im Ohr, welcher Flieger demnächst an die Leine kommt. Der Drache kann ganz unterschiedlich aussehen, was Form, Farben, Größe und Material betrifft. „Unser größter Drache ist 20 Quadrameter groß, der Kleinste passt auf den Handteller“, erzählt Ecki. Stolz ist er auf einen ganz neuen, etwas aus der Art geschlagenen Drachen, mit dem er zur Zeit an den Wassertürmen oder auf den Halden unterwegs ist. „Ein echter Hingucker. Wir haben eine Fledermaus gebaut, mit zwei Meter Spannweite.“ Nicht nur die Größe beeindruckt, sondern ein Effekt, bei dem unbedarfte Zuschauer sich verwundert die Augen reiben: Die Fledermaus made by Raßbach (wie gesagt, stolze zwei Meter Flügelspannweite) ist nicht so ohne weiteres als Windvogel zu identifizieren, denn das Flugobjekt kommt ohne Leine aus.
Wie das? „Es ist ein Vector-Kite, also vom Wind unabhängig, weil der Drache einen Motor besitzt und über Fernlenkung gesteuert wird.“ Mary ist davon restlos begeistert und verspricht. „Ich werde der Fledermaus auch noch Leuchten an den Flügeln verpassen. Sieht bestimmt toll aus.“
Keine Bange, erschrecken wollen die beiden niemand. Erstens halten sie sich an alle Vorgaben: Drachen dürfen an einer Leine von maximal 100 Metern Länge in den Himmel steigen. In der Nähe von Flugplätzen und anderen sensiblen Orten gelten Drachenflugverbot oder starke Einschränkungen, und Ecki liegt besonders am Herzen, „nirgendwo Müll herumliegen zu lassen. Geht ein Drache zu Bruch, muss man alles einsammeln. Das gehört sich einfach so“.
Zweitens fahren sie am Liebsten zu den großen Drachenfesten im In- und Ausland und tummeln sich hier mit hundert oder tausenden Gleichgesinnten.
„Wir werden oft gefragt, wann denn eigentlich Drachensaison ist und dann können wir locker sagen: von Januar bis Dezember“, lacht Mary. Sie haben viele Bekannte, die ihre Leidenschaft teilen, ob in der Nähe (beispielsweise zu den Recklinghäuser Drachenfreunden) oder auf der dänischen Insel Fanoe, wo auch Europas größtes Drachenfest ausgetragen wird.
Ecki: „Der ganze Strand ist voller Menschen, der Himmel voller Drachen der unterschiedlichsten Art. Ein unglaublicher Anblick.“ Der wiederum Mary dermaßen entzückt und entspannt, dass sie sich auf der Strandliege räkelt, die bunten und kuriosen Himmelsstürmer bewundert, um sich dann wieder in ihr Buch zu vertiefen. „Ecki kümmert sich ja um die Drachen“, verrät die Meisterin an der Nähmaschine mit einem Augenzwinkern.
Vorbei die Zeiten von Papier und Holz. Spinnackernylon und Kohlefaserrohr dominieren bei dem Hobby für fantasiebegabte Handwerker, Tüftler und Erfinder. „Die Riesenmonster kann man auch nicht per Hand steuern, die mache ich an der Anhängerkupplung am Auto fest“, so Ecki.
Er steht sogar im Guinnessbuch der Rekorde: 2003 hat sich Ecki Raßbach an einem Lenkdrachen-Projekt beteiligt, das für Kindern aus Bosnien durchgeführt wurde, die unter schlimmen Kriegsfolgen leiden.
In diesen Tagen freut sich das Ehepaar auf die kommenden großen Drachenfeste in Melle bei Osnabrück, 31. August bis 2. September, und die Drachentage im Maximilianpark (Hamm/ Westfalen) am 8. und 9. September. Zuschauer, auch ohne Drachen, sind immer willkommen.
Foto: Stadtspiegel + Ecki Raßbach
Autor:Kerstin Halstenbach aus Herten |
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