Jessica Kastrop: Blond kickt gut - doofer Titel, gutes Buch
"Jessica Kastrop - das ist doch die, die den Ball an den Kopf bekommen hat", fällt vielen Menschen zur berühmten Sportfrau von Sky ein. Genau: Seit vor laufender Kamera ein Querschläger von Khalid Boulahrouz aus vierzig Meter Entfernung die Moderatorin am Hinterkopf traf, läuft Jessica Kastrops Karriere rund.
Wer im Buchhandel nach dem Schmöker greift, weil ihn der Titel antörnt, dürfte enttäuscht werden: Jessica Kastrop ist eine Dame mit Stil, Erfahrungen, Sinn für Humor und Fußballsachverstand. Wer das alles zu schätzen weiß, sollte „Blond kickt gut“ unbedingt lesen.
Tatsache: Die Fernsehfrau kann richtig gut - nämlich spannend, berührend und auch erfrischend heiter - schreiben. Verwundern sollte einen das nicht, immerhin arbeitet sie seit über 20 Jahren als Sportjournalistin. Nicht nur TV-Erfahrung hat die Pfälzerin jede Menge, sondern sich ihre Sporen als Zeilenschinderin auch bei namhaften Blättern wie Bild verdient.
Mit Papa auffem Platz
Ihrem (zweiten) Buch mit dem ausgesucht dämlichen Titel stellt Jessica Kastrop ein Zitat des legendären Hanns Joachim Friedrich voran: Man soll sich als Journalist mit keiner Sache gemein machen - auch nicht mit einer guten.
Den Rat beherzigt die Autorin. Denn obwohl sie eindrucksvoll und oft lustig über das Leben als Sportjournalistin auf dem Platz und hinter den Kulissen berichtet und mit Feuer von ihrer großen Leidenschaft Fußball erzählt, bleibt sie unparteiisch und kritisch in Sachen Fußballbusiness, also souverän.
Schon auf der Wöchnerinnenstation, als die Erzählerin geboren wurde, liefen die Spiele der WM 74. So etwas prägt. Die kleine Jessica war ein Papakind, und mit Papa ging’s ins Stadion. Auch die regelmäßigen Besuche bei Verwandten in Essen sind lesenswerte Fußballgeschichten. Schalke, Dortmund und SW Essen hat sie als ABC-Schützin gesehen. Und heute? Da jettet Kastrop mit den galaktischen Bayern, Kellers blauweißen und Klopps schwarzgelben Fightern zu den CL-Partien in die europäischen Fußball-Kathedralen.
Jessica Kastrop versteht es, über persönliche leidvolle Erfahrungen und Erkrankungen selbstreflektiert und frei von Effekthascherei zu berichten.
Die Frau hat wirklich was drauf, wie sie schon in ihrem ersten Buch „Liebe im Zeiten der Champions League“ (Besprechung auf diesem Portal unter http://www.lokalkompass.de/herten/ratgeber/jessica-kastrop-liebe-in-zeiten-der-champions-league-d167384.html) bewiesen hat.
Stilistisch ist das zweite Buch sogar weitaus besser als ihr Erstling. Umso unverständlicher, dass der an eine derbe Zote anspielende Titel „Blond kickt gut“ ausgesucht wurde.
Jessica Kastrop: Blond kickt gut. Taschenbuch, Knaur, 208 Seiten, ISBN: 978-3-426-78618-5, 8,99 Euro
Autor:Kerstin Halstenbach aus Herten |
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