Pfarrer Andreas Wilkens über ein radikal verändertest Fest
"Ostern fällt nicht aus"
"Ich habe es bisher noch nie erlebt, dass in der Karwoche und Ostern keine Gottesdienste stattfinden." Pfarrer Andreas Wilkens von der Erlöserkirche in Herten-Süd bereitet sich auf ein etwas anderes Osterfest vor. Der Stadtspiegel hat mit ihm gesprochen.
"Für uns Christen ist Karfreitag und Ostern neben Weihnachten das Fest schlechthin. Die Karwoche und Ostern legen die ganze Spannbreite des Lebens dar: Leid und Tod, Glauben- und Nichtglauben-Können, Verrat und Intrigen, Jubel und Freude, Verlassen- und Einsamsein und Gemeinschaft erleben sich Gehaltenwissen und miteinander das Leben feiern und so weiter", sagt Wilkens im Gespräch mit dem Stadtspiegel.
Es seien viele Themen, die in dieser Passions-und Ostergeschichte angesprochen würden, die uns auch im Moment mit Corona beschäftigen: Angst, Sorge, Gedanken über Leben und Tod, Alleinsein, reduzierte Kontakte, keine Feiern.
"Von daher fällt Ostern nicht aus. Im Gegenteil. Ich glaube, dass die Menschen jetzt vielmehr ins Nachdenken kommen, was ihr Leben ausmacht und bestimmt, was wirklich wichtig ist und was weniger. Vielleicht bekommt der Wert von Ostern wieder mehr Gewicht, weil wir es nicht im klassischen Sinn feiern können." Es sei eben nicht mehr alles so wie immer, sondern es komme etwas ganz Neues in unsere Leben.
Zum Beispiel, dass die Kirche an Ostern geschlossen bleibt, es keine Gottesdienste wie gewohnt geben wird.
"Aber dennoch bieten wir – wie viele es tun – geistliche Impulse im Internet auf unserer Homepage und Youtube an, wir gestalten einen Radiogottesdienst am Osterabend im Bürgerfunk unter der Rubrik 'KwieKirche'. Ein Presbyter unserer Gemeinde teilt in den sozialen Netzwerken jeden Abend einen Impuls mit ganz vielen Gemeindegliedern. Wir läuten jeden Abend um 19.30 Uhr die Glocken und stellen eine Kerze ins Fenster, um auf die vielen Menschen aufmerksam zu machen, die das gesellschaftliche Leben aufrecht erhalten. Wir versuchen mit der Aktion für Risikogruppen einkaufen zu gehen auch etwas Österliches für Menschen aufleuchten zu lassen, dass niemand alleingelassen wird", erzählt Pfarrer Wilkens. Außerdem unterstützt die Gemeinde die Foodsharing-Initiative der Diakonie, die gerade auch die Menschen in den Blick nimmt, die mit der Corona-Krise noch mehr gebeutelt sind als schon zuvor.
Ein Ostergruß an alle Gemeindeglieder - über 9.000 wurde bereits verschickt, um deutlich zu machen, dass die Kirche in Gedanken mit den Mitgliedern verbunden ist und trotz aller Sorge und Angst mit Jubel und Zuversicht das Leben feiert.
"Karfreitag und Ostern feiern wir ganz lebenspraktisch. Wir versuchen zaghaft für die Menschen da zu sein, die am Rand stehen, vielleicht auch erkrankt sind, aber wir versuchen in gleicher Weise auch nicht in der Sorge und Angst stecken zu bleiben, sondern Hoffnung und Freude zu verbreiten."
"Viele Menschen werden jetzt kreativ"
Die Arbeit der Kirche habe sich in diesen Tagen und Wochen radikal verändert. "Wir dürfen keine Gruppen und Kreise stattfinden lassen, keine Gottesdienste feiern, wir müssen Taufen und Trauungen absagen ebenso wie die Konfirmationen. Die Gemeindezentren sind geschlossen, fast alles steht still." So macht es den Anschein. In der Tat werden ganz neue Wege gegangen: "Wir üben uns im Telefonieren, in gemeinsamen Videokonferenzen, wir überlegen, wie wir von zuhause aus als Kirche präsent werden können, weil wir ja nicht einmal Besuche machen können." Einzig Trauerfeiern sind draußen im kleinen Rahmen noch erlaubt.
"Und wir erleben gerade in dieser Zeit der Stille wie Menschen plötzlich kreativ werden, neue Ideen in das kirchliche Leben hineinbringen. Wir probieren uns als Kirche neu aus und wir erleben uns anders. Jetzt können wir wirklich über uns sagen, was die Gemeinde oft vermisst: Wir sind jetzt wirklich zuhause, ansprechbar und wir sind nicht in Hetze von einem Termin zum nächsten, sondern entspannt und haben ein offenes Ohr. Wir sind mehr im Gespräch mit den Menschen."
Und welche Wünsche und Tipps hat Pfarrer Wilkens für unsere Leser vor dem Osterfest? "Ich erlebe, dass die Menschen in diesen Krisenzeiten wieder mehr aufeinander achten. Sie kommen zum Beispiel mit den Nachbarn in Kontakt und fragen, ob sie helfen können. Ich würde mir wünschen, dass diese Solidarität und dieses Aufeinander-acht-haben wieder mehr im Vordergrund steht, auch wenn niemand mehr über Corona spricht und das 'normale' Leben wieder Alltag ist. Außerdem würde ich mir wünschen, dass wir ein großes Fest des Lebens miteinander feiern als Zeichen dafür, dass wir wieder nach der Corona-Krise ins Leben auferstanden sind. Dabei würde ich auch gerne derer gedenken, die es in dieser Krise wirklich schwer hatten, vielleicht sogar Konkurs gegangen sind. Oster-Aktion Ab Karsamstagabend – sozusagen als Osternacht – wird auf den Turm der Erlöserkirche das „Frohe Ostern“ in unterschiedlichen Sprachen präsentiert.
Die Gemeinde lädt dazu ein, sich dieses "Frohe Ostern"zuzusagen, sagen aber gleich dabei: Abstand halten.
Am Osterabend wird das Ganze wiederholt. Andreas Wilkens, Pfarrer der Erlöserkirche in Herten-Süd, bleibt positiv auch in diesen Zeiten. Foto: ST
Autor:XY Z aus Sonsbeck |
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