Wird Hilfe vorsätzlich verweigert?
Erreichbarkeit im Jobcenter Herten
Seit unserer Vereinsgründung im Jahr 2009 hat der Verein aufRECHT e.V. - Verein für soziale Rechte, Iserlohn versucht mehreren Tausend Leistungsberechtigten Unterstützung zukommen zu lassen. Wir waren nicht immer erfolgreich.
Am 15.06.2023 erreicht mich ein Hilferuf aus Herten, der meine Aufmerksamkeit erregte. Das Jobcenter Kreis Recklinghausen, Herten, so hieß es, verweigere einer über die Maßen belasteten Frau die Existenzsichernden Leistungen vollständig mit dem missbräuchlich verwendeten Argument "fehlender Mitwirkung".
Bei einer ersten Einsicht in die übersandten Unterlagen sah ich meine Bedenken auf rechtswidriges Verwaltungshandeln bestätigt. Meine wiederholten Bemühungen per Telefon oder Fax Kontakt mit dem Jobcenter Herten direkt aufzunehmen scheiterten.
Dabei hielt ich Hilfe für dringend geboten. Mehrmals hatte die Frau Weiterbewilligungsanträge eingereicht, mehrmals wurde der Zugang geleugnet.
"Ich erhalte nichts vom Jobcenter, ich habe auch nicht einen einzigen Cent mehr. Ich habe seit April wieder 3 Folgeanträge einreichen lassen. Bei meinem Anruf heute ist mir gesagt worden: Wenn wir mal Lust haben, bearbeiten wir vielleicht ihren Antrag, so einer da ist, solange kriegen sie nichts." Die Räumungsklage ist nicht wirklich abgewendet, doch solange das Jobcenter bezahlt hatte, hatte die Vonovia still gehalten. Strom wird wohl auch wieder gesperrt werden, wenn ich nichts bezahlen kann. Meine Medikamente, die ich dringlichst benötige kann ich auch nicht holen, ins Krankenhaus auch nicht, weil ich nicht mehr durch das Jobcenter versichert bin wie die Dame vom Jobcenter es mir mitteilte."
weiter teilte sie mir mit:
"Als ich mit zum Jobcenter musste, auch den Antrag für April und Mai, b.z.w. meine Bekannte den Antrag abgab, wurde gesagt, das für mich gelte, das ich alle 2 Monate einen Antrag einzureichen habe. Auf meine Frage warum wurde gesagt "weil wir das so wollen, basta!" Das Video was Ihnen zugestellt wurde, war der drittmalig gestellte Antrag für die Monate ab Juni '23."
Ein Bescheid für Juni liegt bis heute (27.06.2023) noch nicht vor. Die Miete wurde nicht bezahlt. Strom auch nicht. Anfang Juli ist die zweite Miete offen. Zwei Monatsmieten Rückstand berechtigen die Vonovia zur Räumungsklage, ähnliches gilt für Stromsperren. Offensicht wollen die zuständigen Jobcenter-Mitarbeiter nichts bearbeiten.
Hoffnungslos und ohne jede Hilfe, sind manche Menschen ihren Jobcenter-Mitarbeiter ausgeliefert. Wehe, wenn sie an die Falschen geraten.
Die Leistungsverweigerungen wegen "fehlender Mitwirkung" sind, in der Konsequenz mit verfassungswidrigen 100%-Sanktionen gleich zu stellen.
Die persönliche Einschätzung der Dringlichkeit hat mich veranlasst Strafantrag gegen die Verantwortlichen des Jobcenters zu stellen. Solche Sanktionen sind menschenverachtend und entbehren jeder verfassungskonformen Verhältnismäßigkeit.
Bereits am 05.11.2019 hatte das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil 1 BvL 7/16 zu Sanktionen im Sozialrecht erstmals positioniert.
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2019/11/ls20191105_1bvl000716.html
"1. Die zentralen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung staatlicher Grundsicherungsleistungen ergeben sich aus der grundrechtlichen Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG). Gesichert werden muss einheitlich die physische und soziokulturelle Existenz. Die den Anspruch fundierende Menschenwürde steht allen zu und geht selbst durch vermeintlich „unwürdiges“ Verhalten nicht verloren. Das Grundgesetz verwehrt es dem Gesetzgeber aber nicht, die Inanspruchnahme existenzsichernder Leistungen an den Nachranggrundsatz zubinden, also nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn Menschen ihre Existenz nicht vorrangig selbst sichern können, sondern wirkliche Bedürftigkeit vorliegt.
3. Wird eine Mitwirkungspflicht zur Überwindung der eigenen Bedürftigkeit ohne wichtigen Grund nicht erfüllt und sanktioniert der Gesetzgeber das durch den vorübergehenden Entzug existenzsichernder Leistungen, schafft er eine außerordentliche Belastung. Dies unterliegt strengen Anforderungen der Verhältnismäßigkeit; der sonst weite Einschätzungsspielraum zur Eignung, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit von Regelungen zur Ausgestaltung des Sozialstaates ist hier beschränkt. Prognosen zu den Wirkungen solcher Regelungen müssen hinreichend verlässlich sein; je länger die Regelungen in Kraft sind und der Gesetzgeber damit in der Lage ist, fundierte Einschätzungen zu erlangen, umso weniger genügt es, sich auf plausible Annahmen zu stützen. Zudem muss es den Betroffenen tatsächlich möglichsein, die Minderung existenzsichernder Leistungen durch eigenes Verhalten abzuwenden; es muss also in ihrer eigenen Verantwortung liegen, in zumutbarer Weise die Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Leistung auch nach einer Minderung wieder zu erhalten.
b) Es gelten jedoch strenge Anforderungen der Verhältnismäßigkeit. Denn die Minderung existenzsichernder Leistungen zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten steht in einem unübersehbaren Spannungsverhältnis zur Existenzsicherungspflicht des Staates aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG. Bedürftige erhalten in der Zeit der geminderten Leistungen tatsächlich nicht, was sie zur Existenzsicherung benötigen, ohne selbst unmittelbar zur Existenzsicherung in der Lage zu sein."
Auch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen als Aufsichtsbehörde des Jobcenters Kreis Recklinghausen ist eingeschaltet worden.
Die regionale Zuständigkeit dürfte bei der Kreisverwaltung Recklinghausen in der Person von Landrat Bodo Klimpel liegen.
Die Sozialleistungen für Februar und März waren nicht pünktlich gezahlt worden. Zwei Mieten und Stromabschläge im Zahlungsrückstand!
Erst am 13.03.2023 erließ das Jobcenter einen Bescheid für nur zwei weitere Monate. "Am 10.03.23 haben Sie persönlich vorgesprochen und einen Scheck I. H. v 846,00 Euro (Leistungen Februar 2023 und März 2023) nachweislich entgegengenommen. Die restlichen Leistungen (Mietkosten und Stromkosten) wurden an den Vermieter / die Stadtwerke angewiesen. Die Leistungen Bürgergeld wurden vorläufig und verkürzt bewilligt,"
(Gesetzlich geregelt (§ 41 SGB II) ist ein Bewilligungszeitraum von 12 Monaten, bzw. 6 Monaten).
Am 15.03.2023 erfolgte eine "Zuweisung in eine Maßnahme zur Aktivierung mit sozialpädagogischer Einzelbetreuung und aufsuchender Sozialarbeit gemäß § 16f Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)" bei der AST-Bildung GmbH
Verfolgungsbetreuung, Schikanen, Bedrohungen durch Räumungsklage und Stromsperre. Dazu kommt die psychische Überbelastung und die finanzielle Unterversorgung und die fehlenden Medikamente. Da ist das "Maßnahme-Angebot" der blanke Hohn.
Wer Hilfe vortäuscht, um "Leute fertig zu machen", ist falsch am Platz. Da hilft auch keine "Maßnahme". Mit seinem Film "Weiterbildung ohne Sinn - Was sich bei Hartz IV ändern muss" hat Patrick Stegemann doch einige mediale Aufmerksamkeit erreicht
Ich hinterfrage und nenne etliche solcher Maßnahmen "Krabbelgruppen für Erwachsene.
Die Teilnehmer müssen gefragt werden und ehrlich antworten dürfen.
Autor:Ulrich Wockelmann aus Iserlohn |
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