Kunst leicht erklärt - Gastbeitrag von Gregor Spohr
Darum hat Herten Schwein
Schweine in der Hertener Innenstadt. Ein Eber, drei Sauen und sechs Ferkel stehen und liegen mitten in der Fußgängerzone – und sind seit nun schon 30 Jahren die Lieblinge der Kinder. Während Erwachsene gerne auf dem Rücken des Ebers eine Verschnaufpause einlegen, klettern die Kleinen auf den Ferkeln herum, klammern sich an die vom vielen Anfassen schon glänzenden Ohren und sind nur schwer zum Weitergehen zu bewegen.
Die zehnteilige Schweinegruppe aus Bronze wirkt so lebendig wie ihre Fans. Entworfen hat sie der in Bremen geborene Bildhauer Peter Lehmann (1921-1995). Er studierte an der Kunsthochschule Bremen bei Ernst Gorsemann, Ernst Krieg und Herbert Kubica. Später war er mit seiner Frau, der Bildhauerin Angelika Billaudelle, in Koblenz und Worpswede tätig. Seine letzten Jahre verbrachte er in Großenkneten im Landkreis Oldenburg.
Berühmte Verwandte der Hertener Schweinegruppe stehen seit 1974 in Lehmanns Geburtsstadt Bremen und erinnern in der Sögestraße an die Herkunft des Straßennamens. Söge bedeutet im Bremer Platt Säue. Während dort die Schweine aber noch von einem Hirten mit Hund bewacht werden, sind sie auf dem Otto-Wels-Platz in Herten Solisten.
Die Hertener Schweine erinnern auch daran, dass Herten im Land nicht nur als Bergbaustadt bekannt war, sondern bis heute auch als Heimat der Herta-Wurst. Karl Schweisfurth (1897-1964) hatte aus der Landmetzgerei seiner Eltern und nach dem Krieg mit der Marke Herta die größte deutsche Wurstfabrik gemacht. Zu seinem 60. Geburtstag 1957 zeichnete ihn die Stadt mit dem Ehrenbürgertitel aus.
Sein vor wenigen Monaten verstorbener Sohn Karl-Ludwig machte die Firma zum europäischen Fleischkonzern, ehe er ihn 1984 an Nestlé verkaufte und im bayerischen Glonn zum Pionier ökologischer Lebensmittelherstellung wurde. Seit 2019 ist Herta eine Tochter des spanischen Lebensmittelkonzerns Casa Tarradellas.
Ein Geschenk von Elisabeth Tengelmann
Die Schweine in Hertens Fußgängerzone sind ein Geschenk von Karl-Ludwig Schweisfurths Schwester Elisabeth Tengelmann an ihre Geburtsstadt. Sie verstarb 2018 und wurde in Herten auf dem Alten Friedhof beigesetzt. Das Kunstwerk, so ihr Wunsch, sollte vor allem Kinder ansprechen.
Ein Wunsch, der in Erfüllung ging. Gleich nach der Aufstellung 1990 wurden die Schweine zum Spiel- und Pausenplatz. Bei der Umgestaltung des Platzes 2004/05 musste die Herde für einige Monate eingelagert werden. „Die Schweine sind wieder da!“ war dann am 13. Mai 2005 die frohe Botschaft aus dem Hertener Rathaus, in der es weiter hieß: „Die ersten Kinder haben zaghaft die Schweineschnauzen gestreichelt.“
Übrigens: Das älteste Schwein der Stadt ist aus Sandstein und steht seit 1903 wenige Meter entfernt an der Kranzplatte auf hohem Sockel zu Füßen des Heiligen Antonius. Der „Swinetiöns“ ist ein Werk des Bildhauers Wilhelm Bolte (1859-1941). Antonius gilt seit dem Mittelalter als Schutzpatron gegen Seuchen und Viehkrankheiten, das Schwein ist in der Kunst sein „Attribut“, sein ständiger Begleiter.
Herten hat also schon seit über 100 Jahren „Schwein gehabt“.
Mehr über die Initiative Stadt.Kunst im Netz: www.stadtkunst-herten.de
Links zu den bisherigen Beiträgen:
https://www.lokalkompass.de/herten/c-kultur/mit-offenen-augen-unterwegs-kunst-leicht-erfahrbar-gemacht_a1383747
https://www.lokalkompass.de/herten/c-kultur/zwei-kilometer-kunst_a1396998
https://www.lokalkompass.de/herten/c-kultur/miteinander-heisst-naehe-gastbeitrag-von-gregor-spohr_a1416882
Autor:Lokalkompass Herten aus Herten |
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