Gegenläufige Fluchtbewegungen

Kurz vor dem nächsten EU-Gipfel ist es mal wieder an der Zeit für eine Zwischenbilanz der Merkel’schen Flüchtlingspolitik. Wo sind sie geblieben, die Fähnchen-Schwenker und Teddybären-Verteiler, die eifrigen Wasser-Schlepper und Bettenbauer, die im letzten Spätsommer so ein freundliches Bild deutscher Willkommenskultur gezeichnet haben? Längst ist in den Bahnhöfen wieder trister Alltag eingekehrt. Normalbetrieb. Business as usual. Doch das täuscht. Das Land hat sich verändert seit dem. Und Europa auch!

Die deutsche Öffentlichkeit ist gespalten und polarisiert. Hier die grenzenlosen Merkel-Truppen, da die ausländerfeindlichen Rassisten. Dazwischen vermintes Niemandsland. Wer sich egal wie äußert, wird in eine der Ecken des Boxrings gestellt. Stimmen der Mitte, der Sachlichkeit und Vernunft finden kaum Gehör, gehen unter im Gebrüll beider Seiten und in der gegenseitigen Ignoranz und Empörung. Die Kanzlerin lässt Argumente an sich abperlen, aber sie widerlegt sie nicht. Schweigen statt Diskussion und immer wieder Bitten um mehr Zeit und Geduld.

In der Zwischenzeit handeln andere. Viele hilfsbereite Ehrenamtler spielen die Ausputzer für ein eklatantes Staatsversagen bei der Betreuung der Flüchtlinge, auf der anderen Seite greifen offensichtlich nicht nur Neo-Nazis zu eigenmächtigen Maßnahmen der Abwehr. Wo der Staat selbst den Rechtsstaat für obsolet erklärt, sich über geltendes europäisches Recht und deutsches Verfassungsrecht hinweg setzt, ist es kaum verwunderlich, dass auch manch anderer meint, sich sein eigenes Recht zusammenzimmern zu können. So sind sowohl grenzenlose Aufnahmebereitschaft als auch brennende Asylunterkünfte die Folgen der Merkel’schen Politik. Wer soll das Land, die Gesellschaft wieder zusammenführen? Angela Merkel kann es wohl kaum sein!

Es gibt gegenläufige Fluchtbewegungen: Die Menschen fliehen nach wie vor in Richtung Deutschland, auch wenn die Balkanroute hürdenreicher wird. Unsere europäischen Nachbarn suchen dagegen ihr Heil in einer Distanzierung von der deutschen, besser gesagt der Merkel’schen Politik des Durchwinkens an für Alles und jeden offenen Grenzen. Europa zerfällt in Grüppchen. Die ehemaligen Ostblockstaaten haben sich von Anfang an geweigert, Flüchtlinge aufzunehmen. Portugal und Spanien wähnen sich weit weg und nicht betroffen. Die Briten spielen virtuos wie immer ihre Sonderrolle, holen sich wenige Flüchtlinge direkt aus den Lagern des Nahen Ostens. Frankreich, unser wichtigster Partner, hat von Anfang an aus Rücksicht auf den Front National auf der Bremse gestanden. Das aufnahmewillige Skandinavien hat sich inzwischen für überfordert erklärt und die Grenzen dicht gemacht. Die „Koalition der Willigen“ ist endgültig zerbrochen, nachdem Österreich ausgeschert ist und obendrein mit anderen Balkanstaaten an der EU vorbei die Blockade der Balkanroute verabredet hat. Die EU selbst kriegt nicht einmal ansatzweise die verabredete Verteilung einer geringen Anzahl von Flüchtlingen auf die Reihe.

Derzeit eskaliert die Situation in Griechenland, das den Zustrom aus der Türkei nicht stoppen kann, die ankommenden Flüchtlinge aber nicht schnell genug wieder los wird. Sollte Merkels Türkei-Deal irgendwann funktionieren, werden sich die Flüchtlingsströme wieder auf Lampedusa und Italien focussieren.

Eine europäische Lösung? Die wird es geben, ja die gibt es sogar schon. Nur nicht die, die Frau Merkel vorschwebt. Die breite Mehrheit der europäischen Staaten hat sich für geschlossene Grenzen und Abschottung entschieden. Eine Politik, die Deutschland jahrzehntelang erfolgreich beschritten hat. In einer Demokratie entscheiden Mehrheiten. Anderen nationale Alleingänge vorzuwerfen, geht fehl. Die große Alleingängerin amtiert in Berlin. Und sie ist dabei, das europäische Einigungswerk von Jahrzehnten in Scherben zu legen.

Mit ihrem Versuch, den anderen Europäern mit erhobenem Zeigefinger die neue deutsche Willkommenskultur als moralische Richtschnur zu verordnen, ist die Bundeskanzlerin grandios gescheitert und hat sich zudem als Integrationsfigur für Europa disqualifiziert. Es gilt das Wort zum Rücktritt des Berliner BAMF-Chefs: „Wer es nicht hinbekommt, muss eben den Weg frei machen!“

Autor:

Peter Kramer aus Heiligenhaus

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