Per Anhalter durch Simbabwe

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(Felix Rauls). Im Sommer folgten Hunderttausende Menschen nach Südafrika. Warum? In der Regel natürlich wegen der Fußball-WM. Auch die Wirtschaftswissenschafts-Studenten Philipp Heinicke und Julian Müller-Schwefe setzten sich in den Flieger gen Süden. Für sie diente Südafrika allerdings nur als Zwischenstation auf ihrem Weg nach Simbabwe, wo sie an einem Dorfentwicklungsprojekt in der kleinen Siedlung Mandima teilnahmen.
Schon als Philipp Heinicke sein Studium an der Universität Witten/Herdecke aufnahm interessierte er sich für das Dorfentwicklungsprojekt in Simbabwe. Ebenso wie sein Studienkollege und Freund Julian Müller-Schwefe. Allerdings ließen die politischen Verhältnisse eine Reise zunächst einmal nicht zu.
Doch wie kommen zwei Studenten aus dem Ruhrgebiet darauf, ein Praktikum im Rahmen eines Dorfentwicklungsprojektes in Simbabwe machen zu wollen? Die Antwort liefert der Glauben der beiden 23-Jährigen: Sie sind Mitglied der hiesigen Bahai-Gemeinde. Die Bahai-Religion, deren Wurzeln im Persien des 19. Jahrhunderts zu finden sind, gilt als besonders friedfertig. „Ein Mitglied unserer Gemeinde ist Nyasha Zishiri“, erzählt Philipp Heinicke. Und er war es, der die jungen Männer für Simbabwe interessierte. In Mandima nämlich erblickte der Diplom-Ingenieur, der seit 25 Jahren in Deutschland lebt, das Licht der Welt.
Anfang des Jahres 2006 verstarb der Häuptling des Dorfes, ein Verwandter Zishiris - woraufhin dieser den Entschluss fasste, dessen Nachfolge zu übernehmen. „Er wollte seiner Heimat einfach ein Stück von dem Glück abgeben, das er in Deutschland gefunden hat“, erklärt Philipp Heinicke. Seit 2006 lebt Nyasha Zishiri nun im halbjährlichen Wechsel in Oberhausen und Simbabwe. Ende 2007 gründeten seine Frau und er dann die„Adrian-Wever-Stiftung“, um Bauern vor Ort zu helfen.
Die drei Jahre alte Stiftung ist auch Schirmherr des Entwicklungsprojektes.
Nyasha Zishiri weckte mit seiner Arbeit das Interesse der beiden Studenten. Auch, weil Entwicklungspolitik ein Teil ihres Studiengangs ist. Am 22. Februar reisten die beiden Wirtschaftswissenschaftenstudenten dann gen südliches Afrika, auch wenn sie die in Mandima gesprochene Sprache Shona beherrschen.
„Mit Englisch konnten wir uns verständigen, aber das war nicht einfach, da die meisten Simbabwer trotz englischsprachigen Unterrichts oftmals selbst simple Sätze meist nicht verstanden“, erinnert sich Philipp Heinicke. Eine mögliche Erklärung: Pro Schulklasse gab es nur ein Buch, aus dem die Kinder lernten. Ein einziges Buch!
Ein konkretes Projekt war die Konstruktion einer Wasserversorgungsanlage für das Dorf zu realisieren. In der Nähe des Dorfes gibt es einen Staudamm, dessen Wasser man zu den Feldern und Häusern hätte pumpen können.„Leider platzte dieses Projekt“, berichtet der Student,„weil, als wir die Anlage bauen wollten, Dürre herrschte. Daher war es nur den umliegenden Krankenhäusern erlaubt, Wasser aus dem Staudamm zu pumpen“, zeigt sich der Student etwas enttäuscht. Denn ein sinnvolles Projekt wäre es alle Male gewesen, lobt er die Idee.
Sonst halfen Philipp Heinicke und sein Begleiter Julian Müller-Schwefe viel im landwirtschaftlichen Sektor. Sie haben neuen Mais gepflanzt, geerntet, die Pflanzen bewässert und selber Kühe gemolken.
Ein „tolles Erlebnis“ war es auch, in einer weiterführenden Schule in der zwölften Klasse selbst in die Rolle eines Lehrers hüpfen und unterrichten zu dürfen.
Besonders stolz ist Philipp auf sein „Hühnerzuchtprojekt“: Damit die Jugendlichen etwas Geld verdienen können, gaben Philipp Heinicke und sein Kommilitone dem Nachwuchs Tipps, wie sie Küken mästen und anschließend schlachten können. Nach Heinickes Berechnung machten die Jugendlichen mit 25 gekauften Küken innerhalb der sechs Wochen einen Nettogewinn von 50 Dollar. Zum Vergleich: Ein Lehrer bekommt in Simbabwe 100-150 Dollar monatlich- also kein schlechtes Konzept.
„Das Projekt kam aber leider ins Stocken, da ein leitender Jugendlicher von seinem Arbeitgeber zurück nach Südafrika geholt wurde. So verlor die Gruppe an Elan“, so Philipp Heinicke.
Etwas gereist sind die Beiden auch. Allerdings nur ein paar Tage. Da aber ging es nach Südafrika, unter anderem besuchten sie das Soccer-City-Stadion in Johannesburg.
„In Simbabwe gibt es keine öffentlichen Verkehrsmittel. Die Menschen helfen sich aber gegenseitig: Fast jeder Simbabwer verreist per Anhalter. Allerdings hält jedes Gefährt an und nimmt den Anhalter mit – gegen eine kleine Bezahlung.“, erklärt der Student.
Führende Politiker trafen die Studenten während ihres sechswöchigen Aufenthalts auch. An einem Tag unterhielten die Beiden sich für längere Zeit mit dem Energieminister Simbabwes, Elias Mudzuri.
Ja sogar dem Ministerpräsidenten Morgan Tsvangirai gaben sie die Hand.
Die Menschen in Simbabwe empfand der 23-jährige als „sehr geduldig“. Traurig ist es allerdings zu sehen, dass die Menschen wenig vom Leben erwarten und zumeist mit negativen Erwartungen ihre Tage beginnen. Dennoch sind die Simbabwer gastfreundlich..
„Hilfe für Afrika ist auf jeden Fall nötig. Die Frage ist nur, in welcher Form? Viele Menschen sagen einfach, wir müssen ihnen ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ ermöglichen. Aber wie sieht die genau aus? Für mich persönlich habe ich auf diese Frage immer noch keine Antwort gefunden- falls es überhaupt eine gibt“, berichtet Philipp Heinicke.
Eine Hausarbeit über seine Tätigkeit in Simbabwe hat der Student bereits verfasst. Und vermutlich wird sich auch seine Masterarbeit die Entwicklung Simbabwes zum Thema haben, ein Thema wird sich finden. Das Land hat ihn fasziniert. Kein Wunder, dass Philipp Heinicke später am liebsten natürlich für eine internationale Hilfsorganisation arbeiten würde.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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