Modellprojekt im Hamminkeln: Getreideanbau ohne Nitrate
Landrat besucht Landwirt
„Perlweizen“, „Gelber Igel“ und „Chevalliergerste“ heißen die neuen alten Getreidesorten, mit denen Bauern am Niederrhein mehr vorhaben, als Nahrungsmittel zu produzieren. Unter dem Projektnamen "korn B" läuft seit anderthalb Jahren ein groß angelegter und von der EU geförderter Versuch, Landwirtschaft und Wasserschutz in Einklang zu bringen. Bei Landregen besuchte Landrat Ingo Brohl das Feld in Hamminkeln. „Wir brauchen neue Ideen, um die Landwirtschaft nach vorne zu bringen. Dafür muss man auch mal in die Vergangenheit schauen“, meint Brohl.
Mit Vergangenheit ist vor allem die Anbaumethode gemeint. Fruchtfolge lautet das Schlüsselwort. Im Gegensatz zu Einfelderwirtschaft oder Monokultur werden während der Vegetationsperiode unterschiedliche Nutzpflanzenarten kultiviert. Die Getreidesorten der der Modellregion "korn B" haben sich als guter Griff herausgestellt. Das bestätigen die Projektpartner aus Wissenschaft, Landwirtschaft, Politik und Handwerk.
Bessere Ernte
Wegen des feuchten Frühlingswetters rechnet Landwirt Walter Buchmann mit einer deutlich besseren Ernte als im letzten Jahr. "Der größte Teil des Getreides hat Wind und Regen Stand gehalten, ein Teil der Chevalliergerste hat sich jedoch dem Wetter gebeugt. „Die noch mangelnde Standfestigkeit wird in weiteren Versuchen durch Wachstumsregelungsvorgehen angepasst.“, so Buchmann. Sein Kollege Christian Dorsemagen arbeitet sehr engagiert daran, die Lücken in der Wertschöpfung zu schließen. Sein Ziel ist es, das am Niederrhein erzeugte Getreide hier auch weiter zu verarbeiten. „Je mehr in der Region selbstgemacht werden kann, desto besser“.
Verarbeitung in der Region
Die Genehmigungsverfahren gestalten sich allerdings schwierig, da etwa eine kleine Mälzerei die selben Bedingungen erfüllen muss, die für Braukonzerne gelten. In diesem Punkt darf Dorsemagen auf die Unterstützung des Landrats bauen. Die auf Forschung und Lehre in den Agrarwissenschaften spezialisiert Hochschule Geisenheim setzt sich für den Bau einer Mühle ein. Klaus Theobald von der Landwirtschaftskammer NRW sieht eines der Hauptziele darin, Sommergetreide gezielt in wassersensiblen Gebieten anzubauen. Die Fruchtfolgeerweiterung mit den neuen Sorten gelangen weniger Nitrate ins Grundwasser.
Brot und Bier
Von den ersten Mälzversuchen mit den alten Getreidesorten waren die Brauer Walter Hüsges und Wilhelm Kloppert noch nicht überzeugt. Für eine Großproduktion war es noch nicht geeignet. Mit den Erfahrungen und Erkenntnissen aus den Experimenten der Uni Geisenheim wird nun an einem besser geeigneten Malz gearbeitet. „Der Fokus liegt jetzt auf dem Winterbier. Wir greifen nochmal an“, so Walter Hüsges. Agrarwissenschaftler Joshua Vogel bestätigt, dass sich das Getreide alles in allem gut zu Malz veredeln lässt. Die Bäcker Stefan Steeg und Matthias Winkelmann schwärmen von den Backeigenschaften und beabsichtigen in Zukunft nur noch regionalen Dinkel aus dem Projekt einzusetzen. „Der Preis wird dann höher, aber es ist ja auch ein besonderes Produkt“, so Winkelmann.
Beitrag zum Grundwasserschutz
„Am Ende muss es gelingen, dem Verbraucher deutlich zu machen, dass er ein besonderes Produkt aus der Region bekommt und dabei auch einen Beitrag zum Wasserschutz leistet“, sagt Thomas Michaelis, Projektleiter bei der Stadt Hamminkeln. „Der Anbau von Sommergetreide muss unter dem Strich eine wirtschaftliche Alternative zur „normalen Fruchtfolge“ darstellen und damit der Landwirtschaft aber auch den weiterverarbeitenden Branchen Alleinstellungsmerkmale schaffen, die auch betriebswirtschaftlich Spaß machen.“ Brot und Bier stellen sich bei der nächsten Grünen Woche und Berlin der kritischen Beurteilung eines internationalen Publikums.
Autor:Lokalkompass Wesel aus Wesel |
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