Worte grenzen aus – Ein Betroffener erzählt aus seiner Sicht.

2Bilder

Wozu es führt wenn gesunde Menschen sich abfällig über Menschen mit körperlichen und/oder geistigen Beeinträchtigungen (den sogenannten „Behinderten“) abfällig äußern.

Der Grund:
In den letzten Tagen kommt es Berichten zu Folge verstärkt zu verbalen Entgleisungen von Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, in Bezug auf Menschen mit körperlicher/geistiger Beeinträchtigung. Als betroffener Mensch macht mich dies wirklich traurig zu sehen, wie vermeintlich „Gesunde“ Menschen sich über „Kranke“ Menschen teils unbedacht äußern.

Über 9% der Bundesbürger haben eine schwere Beeinträchtigung – dies entspricht nahe die Summe der Einwohner Niedersachsens.

Nach Angaben des Bundesstatistikamts lebten Ende 2013 insgesamt 7,5 Millionen Bundesbürger mit schweren Beeinträchtigungen in der Bundesrepublik Deutschland. Gemessen an der Zahl der Gesamtbevölkerung (80,781 Mio.*) macht dies einen prozentualen Anteil aller Menschen von über 9% aus. Um diese Zahl einmal deutlicher machen zu können: Wenn man die Bevölkerung Niedersachsens evakuieren würde und stattdessen dort alle Menschen mit körperlicher/geistiger Beeinträchtigung dort ansiedeln würde, beliefe sich die Differenz der Einwohnerzahl dieses Bundesland auf lediglich -279.000.

Ausgrenzung beginnt durch unbedachte Worte

Es ist von größter Dringlichkeit, die Menschen aufzuklären, darüber was unbedachte Aussagen anrichten können. Denn Worte und Gesten können teils härter sein, als jeder Schuss aus einer Waffe und jeder Stich mit einer Machete. Unbedachte Worte und Gesten können einen nicht nur extrem seelisch verletzen – sie können einen ausgrenzen und das Gefühl von Wertlosigkeit vermitteln. Oftmals richten sie großen Schaden an – die bis hin zum Selbstmord führen können.

Hinter jeder Person der insgesamt 7,5 Mio. Menschen verbirgt sich ein individuelles Schicksal, welches gehört werden sollte: Denn die Gründe für eine Anerkennung der körperlich/geistigen Beeinträchtigungen sind vielfältig:
Es kann wirklich jeden treffen: Sportlich aktive Menschen genauso wie passivsportlichen Menschen. Workaholics genauso wie Arbeitssuchende. In den meisten Fällen ist es ein einzelner Moment, der einen bis Dato völlig gesunden Menschen zu einem Menschen mit Beeinträchtigung werden lässt: Etwa ein nicht vollständig genesener Herzinfarkt durch permanenten Stress oder auch die Folgen eines Unfalls im Straßenverkehr oder Alltag können Auslöser sein, die dazu führen, dass man seinen Körper/Geist nicht mehr unter Kontrolle hat.

Die Folgen im Alltag sind verheerend: Nahezu jeder dieser Menschen erlebt einen tagtäglichen Kampf um Anerkennung seines Schicksals: Sei es um ihre Anliegen durchzusetzen oder in der Bevölkerung um nicht ausgegrenzt zu werden. Ausgrenzung beginnt meist harmlos: Etwa beim Gang durch die Fußgängerzone mit einem unbedachten Hinterherschauen eines Menschen dem – etwa durch einen Verkehrsunfall- ein Bein amputiert werden musste. Denn auch wenn man sich noch so sehr unbeobachtet fühlt: Eines vereint viele dieser Menschen mit körperlichen Gebrächen: Eine äußerst sensible Feinfühligkeit. Ein weiteres Beispiel für Ausgrenzung im Alltag: Neben den Menschen die aufgrund eines gesundheitlichen Leidens zum Personenkreis der Schwerbehinderten und denen gleichgestellten zählen, gibt es auch jene Menschen die aufgrund des Alters unter Beeinträchtigungen leiden. So ist es ausgrenzend und schmerzvoll für Menschen mit Gehhilfen (sogenannten Rollatoren) wenn Ihnen gesagt wird, sie mögen sich doch mal beeilen.

Chance nutzen und Rechte der Beeinträchtigten stärken:

Artikel 1 des Grundgesetzes schützt die Würde eines jeden einzelnen Menschen und unterscheidet hierbei nicht zwischen Menschen mit und solchen ohne Beeinträchtigungen. Die Gesellschaft hingegen vollzieht diese Unterscheidung oftmals unbewusst – teils durch unbedachte Worte. Es ist falsch einen Menschen als „Behindert“ zu beschimpfen, während Menschen mit echten „Behinderungen“ nicht vollständig als ein Part der Gesellschaft begriffen werden.

Es ist genauso falsch, auf Menschen mit „Behinderungen“ herab zu schauen, da es auch – wie vorab erwähnt- wirklich jeden treffen kann. Keiner der betroffenen Menschen erwartet, dass man Ihnen sein Bedauern bekundet. Nein viel mehr hoffen diese Menschen darauf, normal behandelt zu werden – und das man ihre Schwächen als einen Teil des Individuums akzeptiert. Außerdem wünschen sich die meisten Betroffenen, dass man an Ihnen auch die Stärken schätzt. Denn zu viele dieser Menschen hören oft im Alltag, was sie nicht können und wo ihre Fehler sind. Vielmehr sollte es aber so sein, dass diesen Menschen auch Stärken zuerkannt werden – die jeder Mensch innehat: So sind etwa Menschen die aufgrund des Alters über körperliche Gebrechen verfügen, aufgrund ihrer Lebenserfahrung gute Zuhörer und Ratgeber.

Auch ein Mensch mit körperlicher Beeinträchtigung verfügt über Stärken die der Allgemeinheit nützlich sind: Ein Mann der im Rollstuhl sitzt, kann etwa dennoch ein super PC-Experte sein oder andere Stärken besitzen. Auch Menschen deren einzelne Sinne geschwächt sind (Hören, Sehen etc.) besitzen ihre Vorzüge, da die funktionierenden Sinne bei Ihnen oftmals schärfer sind, als bei Menschen ohne Beeinträchtigung.

In der Gesellschaft muss daher ein Wandel vollzogen werden. Statt einer teils unbewussten Ausgrenzung, müssen diese Menschen mit Beeinträchtigungen jeglicher Art stärker Integriert werden.

Denn nur ein Blinder Mensch kann Experte sein, wenn es darum geht, den Alltag im Straßenverkehr für seine Gleichgesinnten sicherer zu machen. Nur ein Mensch im Rollstuhl kann die wirklichen Hindernisse auf Bürgersteigen und in öffentlichen Einrichtungen erkennen und Tipps zur Beseitigung dieser Hindernisse geben. Nur ein Senior mit Gehhilfe kann auf unüberwindbare Stufen, zu Hohe Bordsteinkannten und schlechte Fußgängerübergänge (etwa aus Kopfsteinpflaster) aufmerksam machen.

Nahezu Jeden steht ein GdB von 30% zu

Die gewählte Formulierung „vermeintlich gesunde Menschen“ sollte keineswegs diskriminierend sein. Aus Unterhaltungen mit Gesundheitsexperten weiß ich, dass nahezu jedem Menschen auf Antrag ein GdB von 30% zuerkannt werden würde, da nach Aussagen der Experten, Niemand zu wirklich 100% gesund ist. GdB steht hierbei als Abkürzung von "Grad der Behinderung".

Autor:

Daniel Schröder aus Hamminkeln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.