Wo ist sie hin - unsere Menschlichkeit?
In diesem Tagen beschäftigt mich die absolute Ignoranz von unseren Mitmenschen wieder besonders.
Wie können Menschen es vor sich und ihrer Familie, ihren Kindern verantworten, in einschlägigen Situationen weg zu schauen, keine Hilfe zu leisten oder sogar noch zu filmen und die Inhalte online zu stellen?
Wenn wir uns alle einmal klar machen, was wir uns von unseren Mitmenschen wünschen, so sollte es doch für uns auch ein leichtes sein, genau das auch unseren Mitmenschen zukommen zu lassen!
Respekt und Aufmerksamkeit - ein kleiner Anruf kann Leben retten, das kostet tatsächlich auch nur ganz wenig unserer Zeit. Weniger, als die hoffentlich im Anschluss an unterlassener Hilfeleistung kommenden Zweifel an der eigenen Ignoranz!
Anbei zwei kürzlich geschehene Begebenheiten hierzu.
Ende der letzten Woche rief mich meine Tierschutzkollegin an.
Sie berichtetet davon, dass sie einen Tierschutzeinsatz in Wesel hatte.
Das Ordnungsamt habe sie angerufen und um Hilfe gebeten. Ob sie helfen könne, drei Katzen in schlechtem Zustand aus einer leeren Wohnung zu holen. Die Besitzerin sei seit Wochen im Krankenhaus und es gäbe schon tote Tiere.
Mit der Polizei fuhr meine Kollegin mit ihrer Verstärkung zur Wohnung.
Im Erdgeschoss roch es bereits übel nach unkastriertem Kater und Kot, aber nicht nach Verwesung.
In der zweiten Etage war der Gestank unerträglich.
Eine Katze lief meiner Kollegin mit Öffnung der Wohnungstüre sofort entgegen und konnte sicher in der Box untergebracht werden.
Ein weiteres Tier wankte an ihr vorbei, versuchte zu rennen, konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten, voller Panik, voller Angst. (Das Tierchen biss zu, meine Kollegin hat ihm einen kurzen Krankenhausaufenthalt zu verdanken.)
Da von drei Tieren die Rede war, begann nun die Suche nach dem dritten.
Was die Kolleginnen dann aber im Wohnzimmer vorfanden, ist einfach nur noch grausamer.
Es lag viel blutiges Fell auf dem Boden. Zwei Kittenschwänze, kleine Kiefer, Knochen und Zähnchen komplettierten den grausamen Fund.
Die Kitten sind von den erwachsenen Tieren im Kampf ums nackte Überleben aufgefressen worden.
Es sollten drei Kitten gewesen sein, was aber nicht mehr herauszufinden war.
Die Toilette war komplett ausgetrunken, kein Wasser mehr irgendwo vorhanden, keine Krümelchen Fressen mehr zu finden.
Als ich die Geschichte hörte, wurde ich sehr, sehr traurig, wie sicherlich jede Person, die diese liest. So etwas wollen wir einfach nicht hören, lesen oder wissen!
Ob sich das die Nachbarn in dem Mehrfamilienhaus auch gedacht haben?
Die direkte Nachbarin hat, nachdem sie drei Wochen lang die Post für die besagte Frau im Krankenhaus gesammelt hatte, das Ordnungsamt informiert.
Die Tiere müssten im Kampf um ihr Leben geschrien, gebettelt, haben - ein Todeskampf, der sich lange hin zieht, der nicht lautlos von statten geht, ganz im Gegenteil!
Die Nachbarin konnte von ihrem Balkon direkt in das Wohnzimmer gucken, in dem die Überreste der Kitten gefunden wurden.
Die kleine Tochter der Nachbarin erkundigte sich bei meiner Kollegin nach den Babykatzen.
Es war also bekannt.
Was ist mit den anderen Nachbarn? Was ist mit den Gestank? Was ist mit den hilflosen Schreien der Tiere im Kampf ums Überleben?
Kann es sein, dass die Besitzerin der Tiere niemandem erzählt hat, dass diese alleine in ihrer Wohnung sind, ohne Futter ohne Wasser ohne jegliche Zuwendung?
Die überlebenden Tiere sind im Weseler Tierheim gut untergebracht, werden super versorgt und gepflegt und würden sich sicher freuen, wenn sie ein tolles Heim auf Lebenszeit bekommen.
Ich selber habe eine Woche zuvor einen heftigen Unfall gehabt - mit 100 km/h auf einer vielbefahrenen Landstraße.
Es war deutlich zu sehen, dass ich einen Unfall hatte, ich stand gestikulierend, weinend und schockiert am Straßenrand, habe nach dem armen Tier geschaut, welches mir vor das Auto gerannt ist und glücklicher Weise sofort tot war.
Mein schlimmster Alptraum!
Und die Autos sind einfach so an mir vorbei gefahren.
Ein Rollerfahrer hat später angehalten und sich erkundigt, ob er mir helfen könne.
Im längeren Gespräch stellte sich heraus, dass er ein Krankenwagenfahrer war.
Danke an dieser Stelle noch einmal an diesen Menschen, der mich hoffen lässt, dass doch nicht der Großteil der Menschen so ignorant, bzw. nur mit sich selber beschäftigt ist, wie es augenscheinlich oft rüber kommt.
Als Reaktion auf meine Erzählung erzählte mir eine Bekannte, dass ein Freund von ihr aufgrund einer schlimmen Verletzung blutend durch eine Kleinstadt im Kreis Wesel gelaufen sei. Vier Personen kamen ihm entgegen, keine einzige habe ihn angesprochen.
Wir sollten alle wieder lernen mit offenen Augen durch das Leben zu gehen und andere so zu behandeln, wie wir es uns für uns und unsere Familien wünschen.
Autor:Stefanie Werner aus Hamminkeln |
12 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.