Gold-Meister Wilhelm Schulten: „Damals haben wir die Brunnen noch mit der Hand gegraben“
Mit leuchtenden Augen erzählt der Mann, der am 18.12.2015 mit seinem 2 goldenen Meisterbrief ausgezeichnet wird, Wilhelm Schulten aus Brünen, von den Anfängen seiner Arbeit. „Damals wurden die Geschäfte noch per Handschlag abgeschlossen und man arbeitete auf Vertrauensbasis“, so der 1936 geborene Unternehmer.
Die Arbeit erforderte sehr viel körperlichen Einsatz. „Wenn ein Schachtbrunnen angelegt werden musste, so erfolgte der Bodenaushub von Hand. Zuerst wurde ein 1 Meter tiefes Loch gegraben, in das ein Betonrohr mit 1 Meter Durchmesser aufrecht gestellt wurde. Dann kletterte ein Arbeiter in das Rohr und grub weiter aus, damit sich das Rohr nach und nach absenkte. Ein zweiter Arbeiter zog mit einem an einem Flaschenzug befestigten Eimer den Aushub an die Oberfläche. Wenn ein Rohr weit genug nach unten gerutscht war, wurde ein weiteres Rohr darauf gestellt. War der Grundwasserspiegel erreicht, musste bis zum Bauchnabel im Wasser stehend weiter gearbeitet werden, bis der Brunnen tief genug war. „Beim Graben wechselten wir uns alle 2 Stunden ab“ , erzählt der erfahrene Meister.
Das Wasser wurde später mit einer Pumpe aus dem Brunnen gefördert.
„Einmal“, so erinnert sich Wilhelm Schulten, „habe ich mit meinem Vater einen 11 Meter tiefen Brunnen gegraben. Da der Boden aus Lehm bestand, haben wir zuerst ein trichterförmiges Loch angelegt, das natürlich 11 Meter tief sein musste und dann mit einem Flaschenzug die 80 cm langen und 700 Kilo schweren Rohre hinab gelassen.“
Auch die Heizungsabnahmen verliefen damals etwas anders als heute. Wenn der Vater mit dem Schornsteinfegermeister zu einer Abnahme verabredet war, so überzeugte man sich etwa eine halbe Stunde lange von der ordnungsgemäßen Ausführung der Arbeiten. Der Rest des Tages wurde dann gemeinsam in einer Gaststätte bei einem guten Schluck verbracht.
Die erste Meisterprüfung zum Gas- und Wasserinstallateurmeister hat Wilhelm Schulten am 14. März 1962 in Stuttgart abgelegt. Um dorthin zu kommen hatte sein Vater ihm einen VW Käfer mit „Brezelfenster“, der bereits 350.000 km auf dem Buckel hatte, gekauft. Als Meisterarbeit musste er in Stuttgart ein 6-Familienhaus mit nur einem Helfer fertig stellen. So musste er dann auch Rohre, die nicht dem Standardmaß entsprachen, von Hand biegen und schweißen. Die Rohlinge brachte er dann mit nach Brünen, um sie in Gelsenkirchen verzinken zu lassen, damit sie auch den Qualitätsanforderungen eines Meisters entsprachen. So wurde ihm der goldene Meisterbrief für diese Arbeit auch schon am 14. März 2012 verliehen.
Den Meisterbrief als Zentralheizungs- und Lüftungsbauermeister erwarb Wilhelm Schulten am 18. Dezember 1965 in Düsseldorf. Als Meisterstück installierte er zusammen mit einem Helfer ein Haus in Marienthal.
Bereits ein halbes Jahr nachdem er seinen Meisterbrief in Händen hielt, wurde Wilhelm Schulten mit der Abnahme von Gesellenprüfungen beauftragt. Er übte dieses Amt 24 Jahre lang aus.
In den 70er Jahren hat Wilhelm Schulten den Betrieb von seinem Vater mit 3 Gesellen und 2 Lehrlingen übernommen. Nach ca. 25 Jahren wurde der Betrieb an seinen Sohn Jürgen übergeben. Das in der dritten Generation geführte Unternehmen hat mittlerweile 32 Mitarbeiter.
Wilhelm Schulten ist seit über 50 Jahren glücklich mit seiner Frau Margret verheiratet. Er hat sein Büro in die obere Etage des Betriebsgebäudes verlegt und denkt gerne an die alten Zeiten, als die Arbeit zwar härter, der bürokratische Aufwand aber viel, viel geringer war.
Autor:Peter Siebertz aus Wesel |
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