Was macht eigentlich Atlantiksegler Martin Daldrup? Corona-Einschränkungen auch in der Karibik
Zwischen Urlaub und Hochspannung: "Wann und ob es zurück nach Deutschland geht, ist ungewiss."
Erinnern Sie sich? Anfang Janaur startete Hobbysegler Martin Daldrup auf seine Atlantiküberquerung Richtung Virgin Islands. Mitleser seiner Facebook-Posts wissen: Es war eine bis dato verhältnismäßig bequeme Reise - eher ein verlängerter Urlaub. Doch dann breitete sich das Coronavirus über die Welt aus ...
Vor kurzem setzte sich "M Jambos" Liebste aus Hamminkeln in den Flieger, um den Abenteurer in der Karibik zu besuchen und ein paar schöne Woche dort zu verbringen. Doch ziemlich rasch machten die Beiden auf den Inseln erste einschneidende Erfahrungen.
Nachfolgend zitiere ich Passagen aus den jüngsten Posts von Anke und Martin (mit ihrem Einverständnis), die weitenteils selbsterklärend sind. In der Folge aktualisiere ich diesen Beitrag, was jedoch dauern kann, da die Reisenden in der Südsee recht selten Zugriff aufs Internet haben.
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17. März
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"Ich bin in den letzten beiden Tagen von St. Barts nach Martinique gesegelt und habe heute Morgen nach 240 sm gegen 6 Uhr an der Tankstelle in Fort-de-France angelegt, um hier einzuklarieren und Wasser und Diesel aufzunehmen.
Leider wurde gestern ein Dekret erlassen, was den Reiseverkehr stark einschränkt und ab 12 Uhr ist hier alles gesperrt, einschließlich des Autoverkehrs. Restaurants sind geschlossen und die Supermärkte so gut wie leer gekauft.
Anke hat hier die letzten 3 Tage in einer Pension gewohnt und war gestern noch einkaufen.
Heute Morgen um 8 Uhr sollte die Tankstelle aufmachen. Aber sie bleibt geschlossen. Also gibt es weder Diesel noch Wasser und einklarieren geht auch nicht. Zwei Briten kommen mit dem Dinghi vorbei, um ebenfalls einzuklarieren. Da hier nichts geht, wollen sie es im Customs Office am Quai de Paquebots versuchen. Wir tauschen vorher noch Telefonnummern aus. Anke ist mittlerweile unterwegs zu mir mit der Vermieterin Marie und den Einkäufen. Die Briten kommen so gegen 9:00 Uhr wieder vorbei und lassen mich wissen, dass drüben auch alles geschlossen ist. Aber in Le Marin gäbe es noch eine Möglichkeit einzuklarieren.
Dann kommt Anke und wir sehen uns nach 2 1/2 Monaten endlich wieder. Wir hätten uns andere Umstände gewünscht. In Eile verstauen wir alles an Bord und Marie erklärt sich noch bereit mit uns zur Tankstelle zu fahren, wo ich in 6 Reservekanistern 130 l Diesel quetschen kann.
Jetzt haben wir gerade abgelegt und segeln Richtung Le Marin. Ob wir es rechtzeitig schaffen zum Einklarieren, ist fraglich, da der kleine Shop um 14 Uhr schließt. Der Wind ist nicht günstig und Diesel kann ich keinen mehr für eine Fahrt verschenken, denn wer weiß, wann ich wieder irgendwo tanken kann.
Ob es mit dem Einklarieren klappt, weiß man ja auch nicht. Hier soll wohl für die nächsten 14 Tage das öffentliche Leben auf ein Minimum heruntergefahren werden. Wir bleiben erst einmal unter dem Radar und das AIS empfängt nur noch und das Senden ist ausgeschaltet. Auch das Tracking auf Garmin habe ich ausgeschaltet.
Mich hat es hier schneller eingeholt als gedacht. Gestern noch an herrlichen Stränden und in tollen Beachrestaurants und heute mit dem nötigsten für ein paar Wochen versorgt und illegal in ein Land eingereist.
Aber zum Glück bin ich nicht alleine und Anke ist bei mir. Gemeinsam schaffen wir es. Auch mit Marie hat Anke die Telefonnummern ausgetauscht und sie will uns auch künftig helfen. Not schweißt zusammen. Wie es weiter gehen wird, ist ungewiss. Wann und ob es zurück nach Deutschland geht, ist auch ungewiss. Soweit denken wir im Moment nicht. Wir versuchen erst einmal über die Runden zu kommen. Ich fühle mich so, als hätte der Kampf ums Überleben begonnen. Was gestern noch undenkbar war, ist heute schon Realität.
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18. März
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In Le Marin läuft alles kontrollierter ab! Gestern Abend haben wir den Anker in der Bucht weit draußen vor Le Marin fallen lassen und waren ziemlich fertig. Nach Nudeln mit Tomatensauce fielen wir fast wie tot ins Bett. Mir steckte ja auch noch die zweitägige Einhandfahrt von St. Barts mit Intervallschlafen in den Knochen. Ich hatte schon fast vergessen, wie hart es mit Intervallen von 30 bis 60 min ist.
Heute Morgen rufe ich meine britischen Freunde an, die es gestern tatsächlich noch geschafft haben einzuklarieren. Als sie sagen, dass die Tankstelle heute offen hat, muss ich das Gespräch schnell beenden und wir holen sofort den Anker auf und fahren mit Vollgas Richtung Tankstelle. Irgendwie muss es sich auch in der Bucht rumgesprochen haben, denn auf einmal sind ein paar Boote hinter uns, die ebenfalls in Eile in unserer Richtung fahren. An der Tankstelle sind 3 Boote vor uns und nach 30 min sind wir dran. Neben Diesel nehmen wir noch Wasser auf und ich kann sogar noch 2 zusätzliche Campingaz-Flaschen kaufen. Als wir ablegen, kreist wohl ein Dutzend weiterer Boote vor der Tankstelle.
Wir suchen uns den nächstbesten Ankerplatz und machen das Dinghi klar, mit dem ich zur Capitainerie fahre. Dort angekommen wartet man draußen vor der Tür, die nur einen Spalt geöffnet wird und ich werde gefragt, was ich wollte? ,,Customs Clearance“ sage ich. Der Mann mit dem Mundschutz nickt. Ich atme auf und bin erleichtert.
Man lässt immer nur 2 Personen gleichzeitig hinein und sofort nach Eintreten werden meine Hände desinfiziert. Das Einklarieren ist auch hier wie gewohnt auf den französischen Insel sehr unkompliziert. Auch an dieser Stelle noch einmal ein riesiges Kompliment an unsere französischen Nachbarn.
Der Dame, die mir aus gebührlichem Abstand, das gestempelte Dokument zur Unterschrift reicht, erzähle ich, dass gestern in FdF alles geschlossen war, worauf sie mit einem Ausdruck von Bedauern und Entschuldigen sagt: ,,These are crazy times“. Hier bleibt das Einklarieren erst einmal bis auf weiteres möglich, sagt sie. Es sieht wohl so aus, dass gestern in einigen Teilen von Martinique etwas überreagiert wurde. Grenzen zu schließen, heißt ja nich, Grenzstationen zu schließen ohne irgendwelche Informationen oder zumindest einem Aushang.
Hier in Le Marin geht man mit deutlich mehr Augenmaß vor und alles läuft scheinbar sehr kontrolliert ab. Supermärkte haben wohl auch zeitweise geöffnet, denn hier kommen immer wieder Segler mit ihren Dinghis vorbei, voll beladen mit Wasser und Lebensmitteln.
Hier bleiben wir erst einmal und kommen jetzt so langsam zur Ruhe nach dem Hals-über-Kopf-Abbruch des Männertörns in St. Barts und der gestrigen Aktion mit Proviant- und Dieselbevorratung.
Heinz, Klaus und Wilm haben es auch zurück nach Deutschland geschafft und sind gestern Abend bei ihren Familien angekommen. Glücklicherweise wurde die Entscheidung abzubrechen noch rechtzeitig getroffen. Wir sind in Gedanken auch bei unseren Lieben in Deutschland.
Ich bin froh, dass Anke bei mir ist. Zu zweit ist es einfacher und mit der Aussicht auf ausreichende Versorgung können wir es hier auch ganz gut aushalten. Ankes Rückflug ist für Mitte April geplant. Mal schauen, ob das klappt. Vielleicht kommt sie ja nicht raus und muss länger bleiben. 😀
Was ich dann machen werde, mache ich von der Entwicklung der nächsten 2 Monate abhängig. Spätestens vor der Hurrikansaison muss ich von hier weg. Im Moment tendiere ich tatsächlich zur Rückfahrt nach Deutschland, da
ich in solchen Zeiten gerne Zuhause bei meiner Familie bin und die medizinische Versorgung in Deutschland sehr gut ist. Von Mai bis Juli wäre der Zeitraum für eine solche Fahrt günstig so ähnlich hatte ich es ja auch ursprünglich geplant. Ich denke, bei entsprechender Verproviantierung wäre eine solche Fahrt auch ohne Stopp auf den Azoren mit der Jambo machbar. Aber ich werde erst einmal abwarten.
Besonders bedanken möchten wir beide uns bei euch allen für die lieben und aufmunternden Kommentare. Gerne hätte ich jedem einzelnen geantwortet, was ich bei der überwältigenden Anzahl nicht mehr schaffe.
Vielen Dank euch allen, schön, dass es euch gibt. Bitte bleibt gesund! Schöne Grüße 😀⛵️ 🇲🇶
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(... to be continued ...)
Autor:Dirk Bohlen aus Hamminkeln |
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