Glasfaser - Leserbrief aus Brünen:

Aktuell ist die Nachfragenbündelung der Deutsche Glasfaser AG voll im Gang und die Zahlen von bisher erreichten 12 Prozent gegenüber der notwendigen 40 Prozent aller möglichen Hausanschlüsse sprechen aktuell nicht für eine erfolgreiche Ausführung bis zum 23. Mai 2016. Das macht mich sehr nachdenklich.
Als Brüner Bürger, Nutzer und Anwender der Informationstechnologie im weltweiten Netz (www) möchte ich daher aus meinen 35 Jahren Berufserfahrung mit IT als Quereinsteiger und der telefonischer Erreichbarkeit erzählen.
1981 startete ich die berufliche Nutzung von Computern. Dieser stand im klimatisierten Kellerraum, wog gute 300 kg und kostete über 300.000 Deutsche Mark! Ich durfte diesen Computer mit weiteren 10 Kollegen teilen und wenn ich hochkomplexe Rechenergebnisse benötigte, arbeitete ich in der Nacht damit die Kollegen tagsüber keinen Kaffeerausch bekamen. An Datenaustausch per Telefonleitung zu anderen Computern an anderen Standorten war für den Mittelstand noch nicht zu denken. Ich telefonierte noch mit Wählscheibe, später mit Tastentelefon. In den 80er kamen die ersten mobilen Autotelefone zum Einsatz, das Gerät wog 15 kg und kostete 15.000 Deutsche Mark, dreimal so viel wie ein VW Käfer! Bei diesen Kosten konnten sich nur Spezialisten diese Technologie leisten, im privaten Haushalt war das absolut undenkbar und es glaubte auch keiner wirklich an die Möglichkeiten im privaten Einsatz.

Heute 2016 wiegt mein Notebook ca. 2 kg und das Smartphone ca. 120 Gramm, alle Geräte sind mind. 10.000 Mal so schnell in der Verarbeitung von Daten und die Gerätepreise sind für das Massengeschäft in den Privathaushalten geeignet. Ich kann diese Hilfsmittel in der Arbeit und im Privaten überall stationär und mobil einsetzen, in Städten wie München, Stuttgart, Frankfurt etc. habe ich im Büro schon fast 10 Jahre eine Datenanbindung per Glasfaser zur Verfügung, die Privathaushalte folgten kurze Zeit später.
Wenn ich das mit dem Auto fahren vergleiche, dann fühlt sich das an wie auf der Autobahn mit 4 Spuren und man ist selbst mit 500 km/h auf der virtuellen 11ten Spur unterwegs. Jedes Gerät mit Steuerungstechnik ob Waschmaschine, Mikrowelle, Kühlschrank, Heizung, Licht etc. wird zukünftig per Funk oder im Datennetz kommunizieren. Viele Geräte werden dann über eine Steuer-APP geregelt, über Funk oder auch Festnetz, selbst der Stromverbrauch wird zeit- und ferngesteuert erfolgen.
Wir in Brünen mit dem vorhandenen Kupferkabel sind da ganz weit hinten in der Nahrungskette der Datennetz-Nutzer und bleiben es, wenn der Mehrwert dieses Glasfaserprojektes der DG für Brünen nicht gesehen wird. Wer etwa denkt, die wenigen Daten welche er als Surfer im Netz für die nächste Urlaubsbuchung oder für Entertainment benötigt ginge auch in 5 Jahren noch ausreichend schnell, der wird sich sehr täuschen. Keiner ist alleine im Netz und je mehr Nutzer und Anwendungsmöglichkeiten im Netz bereitgestellt werden, je mehr Datenaustausch erfolgt im Netz und alle Erhebungen zeigen, die Datenmenge im Netz Verdoppelt sich alle 2 Jahre. Aus der Quelle www.kalender-uhrzeit.de kann man nachlesen, Top 1 der Wartezeit ist das Warten am PC – wir warten jährlich bis zu 153 Stunden um Programme zu laden oder bis die Daten transferiert wurden – das entspricht einem Arbeitsmonat, der ist einfach futsch. Die deutschen Nutzer reagieren dabei oft mit physischen Aggressionen und zerstören oftmals mutwillig ihr technisches Gerät ist auch eine Erkenntnis.

Als der Kupferdraht zur Kommunikation in die Erde oder von Mast zu Mast gelegt wurde, war der Zweck der Kabel die telefonische Verbindungen zwischen Menschen per Wählscheiben- und später per Tastentelefon zu ermöglichen – für die Datenübertragung war das Kupferkabel ursprünglich nicht vorgesehen. Die Privathaushalte mit Kupfer werden auf Dauer das Angebot des Netzes nur zum Teil genießen können – die Glasfasertechnologie wird selbst bei 2 Tbit/s und mehr nicht schlapp machen – es fehlen nur die erforderlichen Endgeräte in der Verteilung der Daten und die werden kommen, schneller wie die Kupferkabel nach aktueller Lage aus den Haushalten abgebaut werden können.

Ich stelle mir mal vor, die ganzen Handwerker im Dorf, meist sehr kleine Betriebe ohne Sekretariat, gingen tatsächlich in die Zukunft und kommunizieren terminieren nur noch per Handwerker-APP, diese Handwerker sind für Brüner als Kunde nicht mehr erreichbar. Durch das bisschen Kupfer wird die Kontaktaufnahme nicht mehr funktionieren – fahren Sie dann tatsächlich dem Handwerker zum Arbeitsplatz hinterher um eine Termin oder Angebot zu erfragen? Es ist alles eine Frage im Verhältnis Kosten zum Nutzen!
Ach ja, ich vergaß noch – zukünftig werden alle Programme/Anwendungen und auch Filme nur noch als Mietnutzung im Netz zur Verfügung gestellt. Ein Programm zu kaufen oder in Lizenzkauf zu nutzen macht keinen Sinn mehr und die Geschäftsmodelle der Anbieter ändern sich drastisch in diese Richtung. Die Funktionen der Programme für berufliche als auch für private Lern- und Lehrzwecke ändern sich so schnell, so oft möchte ich als Privatmensch kein Programm kaufen müssen.
Liebe Hausbesitzer, Mieter, Bürger in Brünen, wenn ihr, warum auch immer, für Euch selbst feststellt es wird keine Änderung benötigt, dann schaut mal über den berühmten Tellerrand und denkt nicht ganz so egoistisch. Bitte denkt an eure Kinder, Enkel oder auch nur Nachbesitzer. Wenn ihr Heute mitmacht werden sie es Euch danken – wenn nicht, werdet ihr bestimmt nachträglich verflucht!
Ich fluche aktuell, weil ich nicht im Projektraum liege und damit nur erschwert teilnehmen kann bzw. über meine kommunikative Zukunft in Brünen nachdenken muss.

Grüße aus Brünen – Peter Mochow

Autor:

Peter Mochow aus Hamminkeln

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