Wie funktionieren Corona-Schnellteststellen?
Über die Möglichkeiten, "der Allgemeinheit (...) hoffentlich ein Stück Normalität zurückzugeben"

Sophie Nickel (links) und Sonja Wiemers arbeiten ihre Aufgaben sorgsam und verantwortungsbewusst ab.
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  • Sophie Nickel (links) und Sonja Wiemers arbeiten ihre Aufgaben sorgsam und verantwortungsbewusst ab.
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In den vergangenen Wochen schossen sie wie Pilze aus dem Boden: die Corona-Schnellteststellen. In Geschäften, Apotheken, in den Fußgängerzonen der Innenstädte, auf Parkplätzen und an anderen öffentlichen Orten. 

Sonja Wiemers betreibt drei Teststellen zwischen Voerde und Hamminkeln. Im Interview gibt uns die Weselerin Einblicke in die Abläufe hinter der Wattestäbchen-Probe im Drive-In.
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Interview

dibo: Seit wann und wo genau befinden sich Ihre Teststellen?
Wiemers: Den Corona Test Drive gibt es mittlerweile an drei Standorten. In Friedrichsfeld (Eröffnung 24.11.2021), Hugo-Müller-Straße 2g; in Drevenack (Eröffnung 14.12.2021), Hunsdorfer Weg 27 und in Brünen (Eröffnung 12.01.2022), Bergstraße 39 (an der Reithalle).

dibo: Wie kamen Sie auf die Idee für das Angebot?
Wiemers: Die Idee kam bei einem gemeinsamen Abendessen mit einem Freund aus Münster, der dort selbst seit längerer Zeit ein Testzentrum betreibt. Wir haben uns unterhalten, dass das Testen eine Möglichkeit ist, um die Infektionen frühzeitig zu entdecken und so die Verbreitung zu verhindern. Da wir alle ja eigentlich nur die Normalität zurück möchten, habe ich die Chance gesehen, durch die Testzentren meinen Beitrag zu leisten, die Eindämmung der Pandemie zu unterstützen.

dibo: Welche Ausstattung ist nötig, um eine Teststelle zu eröffnen?
Wiemers: Neben einer medizinischen Schulung benötigt man das vollständige Equipment. Der Teststellenbetreiber muss selbstständige die zugelassenen Tests aber auch sämtliches Schutzmaterial für die Mitarbeiter besorgen. Meiner Meinung nach, eine relativ anspruchsvolle Aufgabe, da es sehr viele dubiose Anbieter gibt, die einen täglich mit, häufig unseriösen, Angeboten überschütten.
Zudem benötigt man eine gewisse Hard- und Software, um die elektronische Übermittlung der Ergebnisse zu ermöglichen. Da es auch hier viele Anbieter gibt, verläuft die Terminbuchung bzw. Anmeldung bei den einzelnen Testzentren sehr unterschiedlich.  Außerdem einen Platz oder Raum, wo alles stattfinden kann. Und natürlich ein großes Team an Mitarbeitern.

dibo: Haben ihre Teammitglieder eine medizinische Ausbildung?
Wiemers: Unser Team besteht aus ganz individuellen Mitgliedern. Es sind sowohl examinierte Pflegekräfte und auch Medizinstudenten dabei. Einige Mitglieder kommen aus der Gastronomie oder aus ganz anderen Bereichen. Eine mehrjährige medizinische Ausbildung ist also nicht bei allen gegeben. Allerdings werden alle unsere Mitarbeiter vor ihrem Einsatz im Testzentrum individuell von einer Lehrkraft für den Rettungsdienst geschult. Also jemand, der seit Jahren schon für die Ausbildung von Rettungssanitätern verantwortlich ist. Aufgrund der langjährigen Erfahrung unseres Ausbilders bleiben keine Fragen offen. Unser Ausbilder ist für das gesamte Team jederzeit erreichbar und informiert uns auch permanent über neue Regelung.

dibo: Werden die Terminangebote gut wahrgenommen?
Wiemers: Die Anmeldungen schwanken sehr, je nach momentan geltender Regelung. In Brünen läuft es tatsächlich sehr schleppend. Momentan sind wir bei deutlich unter 50 Testungen pro Tag. Die genauen Gründe dafür sind mir leider nicht bekannt. Allerdings hat es auch in den anderen Testzentren ein paar Wochen gedauert, bis mehr als 50 Testungen am Tag gebucht wurden. Allerdings ist in Brünen wohl eine besonders hohe Impfquote in der Bevölkerung, so dass wohl nur wenige hier den Test wirklich brauchen. Allerdings sollten sich auch die Bürger immer bewusst sein, dass ein Test dazu dienen soll, die Infektion, die ja gerade bei vollständiger Impfung häufig fast symptomfrei verläuft, zu erkennen und die Ansteckung so zu unterbinden. Daher sind bei uns auch alle willkommen, die den Test nicht unbedingt aus rechtlichen Gründen benötigen, sondern die einfach mehr Sicherheit für sich und ihr Umfeld möchten.

dibo: Gibt es Unsicherheiten bei den Besuchern Ihrer Teststellen?
Wiemers: Einige Besucher glauben tatsächlich noch, dass der Bürgertest bezahlt werden muss oder dass nur ein Test pro Woche erlaubt ist. Das ist falsch. Der Test bei uns ist immer kostenlos. Der Test ist 24 Stunden gültig. Man darf das Angebot so häufig nutzen, wie man es für nötig hält. Sicherlich ist ein verantwortungsvoller Umgang ratsam. Allerdings können die Bürger bei uns gerne täglich den Service kostenlos in Anspruch nehmen. Das wird gerade für Bürger mit häufig wechselnden oder einer Vielzahl von täglichen Kontakten empfohlen.

dibo: Bitte erklären Sie den Lauf der Dinge, nachdem Ihre Mitarbeiter/innen vor Ort eine Probe genommen haben!
Wiemers: Nachdem das Stäbchen in Mund bzw. Nase war, wird es in ein Röhrchen mit Flüssigkeit gesteckt. Diese Flüssigkeit wird dann auf die Testkassette getropft und eine Stoppuhr aktiviert. Wie viel Flüssigkeit und wie viele Minuten ist immer abhängig von den jeweils genutzten Tests. Also verläuft unser Test quasi genau so wie der Selbsttest, den viele Bürger auch von zuhause kennen. Nach dem die Zeit abgelaufen ist, wird der Test ausgewertet. Danach erfolgt die Zusendung der Testbescheinigung an den Bürger. Sollte ein Test positiv sein, so informieren wir den Bürger zusätzlich telefonisch und geben ihm ein paar Tipps mit an die Hand, wie der weitere Ablauf ist. Diese Telefonate haben sich als sehr sinnvoll erwiesen, da einige Bürger mit dem Erhalt des positiven Ergebnisses doch etwas überfordert sind. So erfahren Sie direkt, was als nächstes zu tun ist und wie sie sich verhalten sollten.

dibo: Wickeln Sie bloß ab oder stehen Sie auch in irgendeiner rechtlichen Verantwortung?
Wiemers: Das Testzentrum ist quasi der verlängerte Arm des Gesundheitsamtes. Das Gesundheitsamt erteilt eine Beauftragung, die Test durchzuführen. Allerdings sind wir dafür verantwortlich, dass die Testungen auch regelkonform ablaufen. Die Ergebnisse müssen dem Gesundheitsamt täglich übermittelt werden. Es dürfen nur spezielle Tests genutzt werden und auch sonst, ist das Testzentrum für sein Handeln vollkommen selbst verantwortlich. Es war zum Beispiel gar nicht so einfach, überhaupt eine Versicherung zu finden, die die Durchführung der Testungen versichert. Zudem sind wir ja auch für die korrekte Übermittlung der Ergebnisse und damit auch, für die Entscheidung über die Notwendigkeit einer PCR-Testung verantwortlich.

dibo: Landläufig kursiert die Meinung, man könne mit einer Teststelle viel Geld verdienen. Was sagen Sie dazu?
Wiemers: Wenn man keine Investitionen hätte, einem die Materialien gestellt werden würden und die Mitarbeiter alle ehrenamtlich tätig wären, würde man sicher viel Geld verdienen. Das ist bei uns jedoch nicht der Fall. Mieten für die genutzten Grundstück und die Wohnmobile. Zudem das Risiko, da ich ja erst mal einen gewissen Bestand an Schutzkleidung und Tests kaufen muss und die passende Software benötige, um überhaupt anfangen zu können. Da ist man schnell im fünfstelligen Bereich, bevor der erste Test stattgefunden hat. In Brünen bleibt mir zumindest die Grundstücksmiete aufgrund der freundlichen Unterstützung der Stadt Hamminkeln erspart.
Zu Beginn der Pandemie wurde dreimal so viel pro Testdurchführung erstattet. Zudem werden auch meine Mitarbeiter fair entlohnt und verdienen deutlich mehr als den Mindestlohn. Das ist auch nicht überall der Fall.
Meine Intention mit der Umsetzung des „Projekts“ CORONA Test Drive war und ist übrigens tatsächlich nicht das „Geld verdienen“. Jeder Mensch hat ethische Grundsätze. Ich habe die Möglichkeit gehabt, die Eindämmung der Pandemie zu fördern und so der Allgemeinheit und jedem einzelnen Bürger hoffentlich ein Stück Normalität zurückzugeben. Hätte ich die Testzentren nicht eröffnet, hätte ich gegen meine eigene Ethik gehandelt.

dibo: Wollen Sie weitere Teststellen eröffnen?
Wiemers: Momentan sind keine weiteren Teststellen in Planung. Allerdings ist meine Planung sehr flexibel. Sollte sich der Bedarf wieder erhöhen oder es gibt vielleicht noch Städte oder Orte, die einen Engpass haben, kann das Konzept jederzeit kurzfristig umgesetzt werden. Eins habe ich in den letzten Monaten gelernt: „Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ Also entscheide ich täglich neu, wie es weiter geht.

Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

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