Arche-Typen

Foto: helga7, guedo, bolliger hanspeter, joujou / Bearbeitung: Joujou  / pixelio.de
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Teil 1 der Betrachtung
„Von tierischen Menschen und menschlichen Tieren“

Niemand weiß genau, wer damals die Idee hatte. Aber nun trafen sie sich schon seit Jahren einmal im Monat. Ihr Treffpunkt, die „Arche“, war in dieser Zeit zu einem tierischen Szenelokal geworden. Nein, sie bildeten sich gewiß nicht ein, „hohe Tiere“ zu sein, auch nicht bessere, aber doch ganz besondere Tiere. Denn gerade die Tatsache, daß sich die besondersten aller Tiere, die Menschen, schon lang ihre Namen zu eigen gemacht hatten, hatte ihr Selbstwertgefühl um einiges gesteigert.

Wenn es noch einmal eine Sintflut geben sollte – und wer könnte das mit Sicherheit ausschließen? – dann würde sich bestimmt irgendein Neo-Noah finden, der ihnen den nötigen Platz auf einem sintfluttauglichen Arche-Neutyp anbieten könnte. Und diese Arche wäre dann gewiß auch größer und komfortabler ausgestattet als die biblische. Nun gut, einige der damaligen Tierarten hatten ja in der langen Zwischenzeit das Zeitliche gesegnet und damit die Artenvielfalt – wenn auch unmerklich – reduziert. Aber es waren auch ganz spezielle Arten hinzugekommen. Solche, die der nächstnach- bzw. nachnächstsintflutlichen Zeit unbedingt erhalten bleiben sollten. Wie sie selbst zum Beispiel. Von ihnen möchte ich hier erzählen.

Begeben wir uns doch mal in die besagte „Arche“, wie sie ihren Treff beziehungsreich genannt haben. An der Theke bestellen sich gerade zwei trinkfreudige gefiederte Gesellen flüssigen Nachschub, der Schluckspecht noch ’n Bier, die Schnapsdrossel noch ’n Kurzen. Meistens verlassen sie sich darauf, daß der Wasserhahn sie später nach Hause fährt. Wenn’s dem mal nicht gutgeht – er leidet gelegentlich an Verstopfung –, dann bietet sich immer noch der Drahtesel an, oder – wenn man viel Zeit hat – die Autoschlange.

Der Mitteltisch ist bekannt für seinen Star-Rummel. Hier zeigen sich gerne Fernsehstar, Filmstar und Popstar sehr auffällig, unterhalten sich angeregt, lachen und scherzen mit dem gutgelaunten Spaßvogel. Leider geht’s oft nicht ganz ohne Dreckspatz und Schmutzfink. Und schon manchmal haben hier eine Rampensau oder ein Glücksschwein einen Backfisch oder ein Betthäschen abgeschleppt. Die Zeitungsente macht derweil fleißig Notizen, um die Presse mit Informationen zu versorgen.

In der rechten hinteren, der dunklen Ecke werden anscheinend dubiose Geschäfte gemacht. Der Baulöwe redet beschwörend auf einen seltsamen Lackaffen ein. Direkt neben ihm, das muß der Kredithai sein. Aber am Nebentisch lauern schon der Unglücksrabe und der Pleitegeier, das sieht nicht gut aus! In der „Bürokratenecke“ links gibt es eine „kleine Dienstbesprechung“ zwischen einem Amtsschimmel und einem Papiertiger. Daneben harrt schon aufgeregt der Reißwolf; für ihn ist bisher noch immer etwas abgefallen. Ganz abseits in der Leseecke sieht man friedlich nebeneinander Bücherwurm, Buchfink und Leseratte, während der Ratefuchs Kreuzworträtsel löst.

Ein Ohrwurm kriecht aus den Lautsprecherboxen; und beim Blues sieht man den Klammeraffen engumschlungen tanzen. Daß sich an der Theke gerade wieder mal Streithammel und Frechdachs so heftig beschimpfen, daß der Angsthase schon vorsichtshalber in Deckung geht, dafür kann das Unschuldslamm nun wirklich nichts. Andere haben schon allein mit ihrem inneren Schweinehund genug Ärger. Immerhin sorgt eine PC-Maus dafür, daß es wenigstens mit der political correctness stimmt.

Meistens gibt’s auch einen kleinen Imbiß. Fleischwolf, Käseigel und Rosinenstuten haben sich mal wieder etwas einfallen lassen. Heute haben sie mit dem “Hot dog“ sogar internationale Verstärkung bekommen. Der Knallfrosch gibt das akustische Signal zur Eröffnung, das Versuchskaninchen darf wie immer zuerst kosten. Apropos „kosten“: Damit das alles nicht zuviel kostet, hat man den Sparfuchs mit dem Einkauf betraut.

Immer wieder gibt es neue Mitglieder in diesem Club. Für das Treffen im baldigen Wonnemonat hat sich ein gewisser Maibock angekündigt; auch die Wäschespinne und die Luftschlange wollen sich demnächst einmal blicken lassen und ihren Einstand feiern.

Weitere Kandidaten, so hieß es, haben inzwischen ihre Aufnahme in diesen illustren Kreis beantragt: Turbiene und Kabiene, Brombär und Himbär, Landtagswal und Kommunalwal, und außerdem das Kartoffelpüreh. Da aber der dringende Verdacht besteht, hier gehe es nicht mit recht(schreiblich)en Dingen zu, soll darüber demnächst eine Arche-Spezialkommission befinden; den Vorsitz dabei hat natürlich der Orthografisch.

Zu großzügig will man die Aufnahmebedingungen schließlich auch nicht handhaben, denn sonst stehen bald die Waldameise, der Radler, der Saal, der Ehering und der Eidotter auf der Matte.

Leichter haben es hingegen solche Kandidaten, die von Lesern der seriösen und besonders tierfreundlichen Lokalkompass-Plattform empfohlen werden. Vorschläge werden deshalb gerne entgegengenommen.

Bildquelle:
helga7, guedo, bolliger hanspeter, joujou / Bearbeitung: Joujou / pixelio.de

Autor:

Theo Grunden aus Hamminkeln

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