Hilfe, er hat ein Buch geschrieben! Reinhard Wolffs vermeintliche Memoiren erscheinen am 15. Juli
Zwakkelmanns Geschichten über einen Reifeprozess
Musiker hatten's nicht leichter als andere Unternehmer, nachdem dieses miese Wuhan-Virus unsere Welt verseucht hatte. Aber sie waren nicht ganz so einsam wie der Rest der Menschheit, denn sie konnten ihre Lieder virtuell in den Cyberorbit senden. Und viele taten das auch.
Doch nicht Reinhard Wolff. Der Punkpapa, vielen besser bekannt als Zwakkelmann, nutzte seine Zwangspause als Leiter des Jugendhauses Anholt, um ein Buch zu schreiben. Der Name der literarischen Machwerks: "Shitsingle - Anekdoten eines Vollidioten" (Hirnkost-Verlag). Der Wahldingdener lässt sich auf knapp 250 Seiten über seine Lebenserfahrungen aus: Jugend, Ausblidung, Musikerleben und prägende Begegnungen - das alles hat Reinhard Wolff mit schonungsloser Härte niedergeschrieben.
Natürlich mit der frappierenden Mischung aus Offenheit und scheinbarer Naivität, die man aus zahlreichen seiner Lieder kennt (immerhin schon 16 produzierte CDs).
Warum schreibt man ein Buch über sich selber? Und warum hat es einen Titel, der erstens nicht (mehr) zutrifft und einen zweitens ziemlich angreifbar macht? Zwakkelmann wäre nicht mehr der alte Schlaffke, wüsste er auf solche gewöhnlichen Fragen keine spannenden Antworten.
Lest doch mal! ...
Interview
dibo: Wie begrüßt man deiner Meinung nach einen coronageschädigten Hobbykünstler, den man zwei Jahre lang nicht gesehen hat?
Zwakkelmann: Nimm doch mal die Maske ab! Ach so, Tschuldigung, is` ja dein Kopf. Kannst Du überhaupt noch dein Instrument führen?
dibo: Bist Du mit Fünfundfünfzig nicht zu jung für Memoiren?
Zwakkelmann: Es sind keine Memoiren. Shitsingle ist lediglich zu 66,66 Prozent autobiografisch.
dibo: „Shitsingle“, ist das musikalisch oder gesellschaftstechnisch interpretierbar?
Zwakkelmann: Beides. Ich werf einfach mal ein paar Schnipsel in den Raum: Haufen, Hit, Vinyl, Singledasein. Irgendwo dazwischen spielt sich Shitsingle ab.
dibo: Aber „Anekdoten“ eines Vollidioten“ meinst Du nicht ernst , oder?
Zwakkelmann: Ich denke, nur ganz wenige Menschen verhalten sich so trottelig wie ich und ihnen passieren so häufig solche dummen Dinge. Okay, es ist natürlich ein wenig augenzwinkernd gemeint.
dibo: Wo liegt bei einem Zwakkelmann der Unterschied zwischen Alltäglichkeit und Peinlichkeit?
Zwakkelmann: Peinlichkeiten geschehen oft während Alltäglichkeiten. Wenn etwas im Alltag nur leicht abweicht, oder aus dem Ruder läuft, kann das schnell peinlich und zugleich lustig sein. So was finde ich spannend. Ich muss gerade an Loriot denken.
dibo: Es kann doch nicht sein, dass dich die „Schließmuskel“-Zeit immer noch beschäftigt …
Zwakkelmann: Warum nicht? Schließmuskel hat mich 20 Jahre begleitet und war ein wichtiger Teil meines Lebens. Shitsingle beinhaltet aber vornehmlich Zwakkelmann-Schlaffke-Stoffel-Stories.
dibo: Wie sind’se denn nun so – ich meine Campino, die Ärzte und Helge Schneider?
Zwakkelmann: Da müsstest Du mein Buch lesen. Nee, ich kann das nur oberflächlich einschätzen, weil ich sie nur flüchtig kennenlernte. Sie kamen aber durchaus sympathisch daher. Bis auf einen, der war damals noch jung, hörte aber bereits auf Urlaub.
dibo: Und was hatte der Tod dir zu sagen, als Du ihn für dein Buch interviewt hast?
Zwakkelmann: Er sagte u.a.: „Ich kann jederzeit bei Dir und den Menschen in Deiner unmittelbaren Umgebung anklopfen und Euch niederstrecken.“ Im Buch passiert dies als Jugendlicher und als Erwachsener. Beide Geschichten sind autobiografisch.
dibo: Wie lange hat der Produktionsprozess gedauert und was war dabei das Schwierigste für Dich?
Zwakkelmann: Der gesamte Prozess dauerte knapp 18 Jahre. Einige Geschichten begann ich bereits 2003 zu schreiben, als ich Zwakkelmann ins Leben rief. Ich hab die Stories aber im Laufe der Zeit häufig überarbeitet und dann erstmal liegen und reifen lassen. So wie einen guten Wein. Dazwischen gab es lange Schreibpausen, weil ich Musik und Job den Vortritt ließ. Erst in den vergangenen Jahren wurde es ernst mit dem Buchprojekt. Schwierig war für mich, generell ein Ende zu finden. Sowohl, was die Geschichten betrifft, als auch die Formulierungen.
dibo: Du bist ja gar kein Single mehr. Ist das Buch so gut, dass deine Lektorin dich unbedingt heiraten wollte?
Zwakkelmann: Mit Lektorinnen würde ich nie was beginnen, weil die bekanntlich spinnen. Nein, Quatsch, nur Spaß. Bin tatsächlich kein Single mehr. Aber meine noch nicht ergraute Angetraute ist weder Lektorin noch Rektorin.
Inhaltsteaser ...
„Shitsingle“ erzählt von Schlaffke, dem Einzelgänger und Punk-Musiker, der in der niederrheinischen Provinz hängen geblieben ist. Er nutzt den Corona-Lockdown dazu, einige sinnfreie Dinge zu erledigen, sich sein Heimatdorf anzuschauen und vor allem zurückzublicken. Es geht um Alltäglichkeiten, Alkoholexzesse, Peinlichkeiten, Pleiten, Panikattacken, Punk, eine Handwerksausbildung, Auftritte mit seinen Bands Schließmuskel und Zwakkelmann, Aufeinandertreffen mit Campino, den Ärzten, Helge Schneider sowie normal Sterblichen, den Tod, gescheiterte Liebesbeziehungen und das Single-Leben an sich.
Autor:Dirk Bohlen aus Hamminkeln |
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