Ein rieses Urlaubsthema

Wenn uns in der an sich „bildungsferneren“ Ferien-, Urlaubs- und Sommerlochzeit der Begriff „Bildung“ begegnet, dann vielleicht eher im Zusammenhang mit negativ besetzten Bildungsarten wie Staubildung oder Wolkenbildung. Um so mehr möchte ich hier auf einen interessanten Fall der „reisebürokratischen Wortbildung“ aufmerksam machen, auf den ich im vorletzten Sommer in mehreren Reisebüros und -agenturen stieß.

Es geht um den im Bild festgehaltenen „Animierimperativsatz“.

„Was ist daran besonders?“ werden nun vielleicht einige der von Urlaubsgelüsten und/oder deutschen Sprachkenntnissen weniger berührten Zeitgenoss(inn)en fragen. Nun, verwerflich ist daran – trotz des Urlaubs-Wurfs – sicherlich nichts. Wenn Sie verstehen, was ich meine. Oder besser: Wenn Sie verstehen, was die Schöpfer dieses Slogans meinen. Aber interessant! Immerhin werden wir hier Zeugen der Geburt eines neuen Adjektivs (auch Eigenschafts- oder Wiewort genannt), nämlich des Wortes ries, wie es dann wohl in seiner ungebeugten Form hieße.

Das Verbriesen, ja das gibt’s schon lange, wenn es auch hauptsächlich in Süddeutschland und Österreich gebraucht wird. Es bezeichnet die Tätigkeit des Auf-einer-Riese-zu-Tal-Beförderns (wobei das SubstantivRiese eine Holzrutsche bezeichnet). Weiter nördlich taucht es höchstens mal als buchstabendrehergenerierte Variante von reisen auf (die sich ja – gerade in der Alltagshektik eines überfrequentierten Reisebüros – schon mal ergeben kann).

Aber gibt es einen riesen Wurf, einen riesen Fehler, einen riesen Hunger, einen riesen Artikel ...? Also ein Adjektivries? Erwartet uns vielleicht noch ein rieser Lottogewinn, eine riese Weltreise, ein rieses Grundstück mit einer riesen Villa? Nun, man sollte es ja nicht gleich übertreiben. Bleiben wir doch mit beiden Beinen im Leben, aber fragen können wir ja mal: Ist der Riesenslalom etwa ein rieser Slalom? Die Riesenschlange eine riese Schlange? Das Riesenrad ein rieses Rad?

Oder handelt es sich am Ende hier bei allem nur um eine der üblichen ries(ig)en Dummheiten? Wie und was auch immer, ich habe das Fundstück einfach einmal als Anstoß genommen, über weitere neue Adjektive dieser Art nachzudenken – und dazu die folgenden Vierzeiler gereimt:

Hätt' einen Wunsch ich frei, wie gern'
benutzt' als Adjektiv ich stern.
Des Nachts würd' aus dem Haus ich gehen
und in den sternen Himmel sehen.

Erfände man das Wiewort ras
(das leider ich noch niemals las):
zum Gartencenter würd' ich laufen
und einen rasen Mäher kaufen.

Und gäb' es wies als neues Wort,
so säng' in meinem Heimatort
ich gerne mal zur Morgenstunde
das Lied vom schönsten wiesen Grunde.

Wär' morg als Adjektiv vorhanden:
für Dichter in den Deutschsprechlanden
sich die Gelegenheit dann böte,
zu schreiben von der morgen Röte.

Wie wär's, wenn mal dem ganzen Volk
gestattet wär' das Wiewort wolk?
Es zählte dann nicht mehr als Patzer,
schrieb jemand was vom wolken Kratzer.

Das bien, es käm' mir sehr zupasse,
weil wenn zu einer guten Tasse
Kaffee ich mir Leck'res gönnte,
'nen bienen Stich ich essen könnte.

Wo grade ich darüber schreib':
Sogar das kleine Wörtchen scheib
könnt' man als Adjektiv erleben,
würd' scheiben Kleister man verkleben.

Mir hülf' das Wörtchen neb im Leben,
nicht Hauptrollen nur anzustreben.
Ich freute mich – wie dereinst Bolle –
auch schon bei einer neben Rolle.

Zum Glück gibt es schon lang' das rege,
weshalb ich mir grad' überlege,
mit meinem Knirps jetzt loszulaufen,
um einen regen Schirm zu kaufen.

Auch tief, das gibt es schon sehr lange,
und deshalb ist mir auch nicht bange,
wenn's mich mal treibt – bei wirrem Sinn –
zur tiefen Psychologin hin.