Der König kommt!
Allerdings nur der Erlkönig.
In zum Teil respektlos variierten
winter- und weihnachtlichen
Gewändern kommt er daher.
[Verzeih' er's mir, der Herr Goethe.]
Silberzier
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Der Christbaumschmücker! Er will noch geschwind
zum Großmarkt, und das bei diesem Scheißwetter,
er braucht noch dringend ’ne Kiste Lametta.
Ansprüche
Wer reitet so spät durch Nacht und Regen -
mit Flüchen ob dieser Art Weihnachtssegen?
Ein Vater ist’s, der fürs verwöhnete Kind
noch immer die richt’gen Geschenke nicht find’t.
Weih(nachts)wasser
Wer reitet so spät durch Nacht und Gewitter?
Es ist der Küster; er braucht noch ’n Liter
geweihten Wassers, das Becken ist leer.
Wo kriegt man das Zeug vor der Messe noch her?
Spendenaufruf
Wer reitet so spät noch durch Nordrhein-Westfalen
und kann für sein Pferd nicht das Heu mehr bezahlen?
Erbarmen, LKler, so gebet dem Mann
ein Scherflein, daß Trockengras kaufen er kann!
Überstunden
Wer reitet denn da noch am Heiligen Abend
der eine Galopp, der andere trabend?
Sieht ganz nach St. Martin und Nikolaus aus.
Ja, haben die beiden denn echt kein Zuhaus’? 1
Rosenrösser
Wer reitet so spät mit dem Pferdegespann?
So schaut doch, es ist ja der Weihnachtsmann!
Der Rösser hat er von den vier’n nur noch drei;
es scheint, daß ein Pferd grad’ entsprungen ihm sei. 2
Anmerkung:
Darüber wurd’ einst mal ein Lied komponieret,
das sämtliche Liedweihnachtsbücher nun zieret.
Ein Ros’ (!) sei entsprungen, so lautet's darin.
(Wobei bei der Schreibung ich unsicher bin.)
Persönliches (1)
Wer reitet so spät noch durch Nacht und Schnee?
Bin ich es gar selbst, den ich reiten dort seh’?
Moment, an der Sache da ist etwas faul:
Ich hatt’ doch noch niemals zum Reiten ’nen Gaul!
Persönliches (2)
Wer writet so spät noch so seltsam’ Gedichte
zur Weihnachtszeit, wohl zwischen Tanne und Fichte?
Ja, das bin ich selber, dies sei mir gewährt,
zum Writen braucht man ja auch schließlich kein Pferd.
ANMERKUNGEN
1: Über das Zuhause des St. Martin ist leider nichts Genaues bekannt, über das des Nikolaus allerdings um so mehr: Das ist das Haus vom Nikolaus!
2: Vom „Entsprungenheitszustand“ des Rosses kann man sich doppelt überzeugen, und zwar einmal mittels dieses graphischen Aufdrucks und einmal mittels dieses musikalischen Ausdrucks.
Und hier, als weihnachtsunabhängige Bildungszusatzmaßnahme, noch zweimal der unverfälschte Originaltext des Erlkönigs von Johann Wolfgang von Goethe; jeweils verschieden eingebettet:
a) in eine Trickanimation
b) in einen Gesangsclip der „Jungen Dichter und Denker“ (reinhörenswert!)
Bildquelle: Hans / pixelio.de
Autor:Theo Grunden aus Hamminkeln |
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