DRK Gladbeck vom Krisenmanagement zur Vorsorge
Von Krisenmanagement zur Vorsorge: 20 Jahre nach dem Tsunami - Internationale Hilfe auf Augenhöhe
Die Bilder des Tsunamis im Indischen Ozean an Weihnachten 2004 gingen um die ganze Welt. Die Katastrophe forderte über 230.000 Menschenleben, hinterließ Zerstörungen ungekannten Ausmaßes und verursachte so unermessliches Leid für eine ganze Region. Humanitäre Hilfsorganisationen standen vor enormen Herausforderungen, denen sie nur schwer gerecht werden konnten. Anlässlich des 20. Jahrestages des Tsunamis sagt Christof Johnen, Leiter der Internationalen Zusammenarbeit beim Deutschen Roten Kreuz (DRK): „Die Ansätze zur internationalen Zusammenarbeit haben sich auch aufgrund der Erfahrungen von damals maßgeblich verändert. Die Bedeutung starker lokaler Akteure wurde deutlich. Unser weltweites Netzwerk aus Schwestergesellschaften mit lokaler Expertise und Zugang zu auch entlegensten Gemeinden ermöglicht es uns, gezielt lokale Expertise aufzubauen und Resilienz auf verschiedenen Ebenen zu fördern. Auch im Bereich der Katastrophenvorsorge haben wir deutliche Fortschritte gemacht. Wir werden Naturgefahren wie einen nächsten Tsunami nicht verhindern können, sind aber besser auf ihn vorbereitet.“
Der Auslöser des Tsunamis 2004 war ein Mega-Seebeben am 26.12. vor der Küste Sumatras, Indonesien. Die bis zu 30 Meter hohen Wellen erreichten eine Geschwindigkeit von bis zu 600 km/h und trafen die teilweise dicht bevölkerten Küsten Südostasiens sowie Ostafrikas unvorbereitet. Über 40 nationale Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften waren weltweit in den 14 betroffenen Ländern im Einsatz. Das DRK führte insgesamt 42 Hilfsflüge durch, um Nahrungsmittel, Wasser, medizinische Versorgung und Notunterkünfte bereitzustellen und entsendete ausgebildetes Personal.
Die verheerendste Naturkatastrophe dieses Jahrhunderts beeinflusste die humanitäre Hilfe nachhaltig, indem sie Defizite in Koordination, Vorbereitung auf Katastrophen sowie die systemische Einbindung lokaler Akteure aufzeigte. Sie machte deutlich, wie dringend flächendeckende, partizipative Katastrophenvorsorge ist und unterstrich die Notwendigkeit vorausschauender und zukunftsfähiger Lösungen. Johnen war kurz nach der Katastrophe vor Ort. 20 Jahre nach den Flutwellen blickt er auf die Entwicklungen in der humanitären Hilfe: „Langwierige und sich zum Teil überlappende Krisen sind der neue Normalfall und stellen vermehrt komplexe Herausforderungen dar, auf die in der humanitären Arbeit reagiert werden muss. Wichtig bleibt deshalb ein verstärkter Fokus auf präventive und vorsorgende Maßnahmen, so lokal wie möglich. Die nach dem Tsunami eingerichteten modernen technologischen Frühwarnsysteme sowie flut- und erdbebenresistente Bautechniken veränderten die humanitäre Hilfe von reaktivem Krisenmanagement hin zu effektiver Katastrophenvorsorge.”
Zugleich entwickelte das DRK die humanitäre Hilfe zu unterstützender Zusammenarbeit auf Augenhöhe weiter. Die Selbstorganisation der Betroffenen und Kapazitäten der Nationalen Rotkreuz- und Rothalbmond Gesellschaften werden gestärkt, um so ihre eigene aber auch Widerstandsfähigkeit der Gemeinden selbst zu erhöhen und das Fundament für lokale Soforthilfe unmittelbar nach einer Katastrophe zu schaffen. Johnen erklärt: „Die erste Reaktion und Hilfe nach einer Katastrophe erfolgt immer durch die lokalen Strukturen, durch nachbarschaftliche Solidarität und bestehende Organisationen wie unsere Schwestergesellschaften. Wir müssen ihre Arbeitsweise und ihr Umfeld besser verstehen, um diese passgenau und zielgerichtet zu unterstützen. Gute und partizipative Bedarfsanalysen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit bilden hierfür die Basis.“ Das Ziel ist es, in einer Welt der zunehmenden sich überlagernden und gegenseitig beeinflussenden Krisen und Extremwetterereignissen Folgen, wie nach dem Tsunami 2004 nicht erneut entstehen zu lassen, sondern ihre Tragweite bereits im Vorfeld abzumildern.
Autor:Wilhelm Walter aus Gladbeck |
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