Familienlotsen helfen durch unsichere Zeiten
Auch wenn wir nicht gerade im maritimen Bereich leben, so kennt man doch auch hier den Begriff des Lotsen. In der Seefahrt ist er derjenige, der die Führer von Schiffen sicher durch Untiefen, vorbei an Schifffahrtshindernissen und mehr geleitet. Eine ähnliche Tätigkeit verrichten auch die Familienlotsen in Gelsenkirchen, denn sie kommen an Bord, wenn das Fahrwasser schwierig wird, und verlassen das Schiff wieder, wenn sich die Situation beruhigt hat. Der Stadtspiegel besuchte Familie Thesing in Buer, die mit Elke Hindersmann ihren „Lotsen“ gefunden hat.
Von Silke Sobotta
GE. Familienlotsen gibt es bereits in vielen Städten, sie werden aber meist als „Paten“ bezeichnet. Das wollte der Sozialdienst katholischer Frauen und Männer (SkFM) vor zwei Jahren nicht, als er das Projekt in Gelsenkirchen aus der Taufe hob. Weil die Familienlotsen anders als Paten im üblichen Sinne die Familien nach einem Jahr wieder verlassen sollten, wenn sich die unruhigen und unsicheren Zeiten wieder eingependelt haben.
Ende 2010 wurden neue Familienlotsen in Gelsenkirchen „ausgebildet“. „Die Familienlotsen werden an fünf Tagen geschult und auf ihre Aufgaben vorbereitet. Während ihres Einsatzes erhalten sie eine intensive Begleitung durch pädagogische Fachkräfte des SkFM. Außerdem finden regelmäßige Treffen statt, die sowohl dem Austausch als auch der fachlichen Weiterbildung der Ehrenamtlichen dienen“, schildert Beatrix Steinrötter vom SkFM.
Derzeit gibt es 24 Familienlotsen, die über das ganze Stadtgebiet verteilt leben und somit auch möglichst wohnortnah bei Familien eingesetzt werden können. Das Angebot ist natürlich kostenlos.
Die Lotsen sind zwischen 40 und 70 Jahre alt und meist weiblich. „Wir hatten auch einen Mann dazwischen, aber der ist leider umgezogen“, erläutert Beatrix Steinrötter die hohe Frauenquote. Woher die Lotsen kommen? Ganz einfach: „Es sind Menschen, die auf der Suche nach dem geeigneten Ehrenamt sind“, lautet die Antwort von Steinrötter.
So wurde auch Elke Hindersmann „rekrutiert“. „Ich habe bei der Ehrenamtsagentur, die seinerzeit noch eine Filiale in Buer hatte, ein Plakat gesehen, mit dem Familienlotsen gesucht wurden. Ich habe mich daraufhin bei der Ehrenamtsagentur vorgestellt und wurde an den Sozialdienst katholischer Frauen und Männer vermittelt“, schildert die in Teilzeit berufstätige Mutter von zwei Töchtern.
Anika Thesing wurde auf das Angebot des SkFM im „Café Pause“ in der St. Ludgerus-Gemeinde aufmerksam. Im Mai ist Elke Hindersmann nun schon ein Jahr als Familienlotsin bei der Familie im Einsatz, und Anika Thesing und ihre Kinder Naveen Elias (4 Jahre), Leam Lennardt (3) und Evangeline Denise (18 Monate) möchten sie nicht mehr missen.
„Einmal in der Woche ist Lotsin-Tag. Dann planen wir gemeinsam einen Ausflug mit den Kindern oder Elke nimmt die beiden Jungen mit zu sich, damit ich mich ein wenig intensiver mit Evangeline beschäftigen kann“, erzählt Anika Thesing. „Meine Kinder liegen altersmäßig relativ eng beieinander und so hat man nicht immer genug Zeit, um sich mit jedem der drei gleich intensiv zu beschäftigen. Wenn ich mit den Jungen spiele, mischt sich die Kleine dazwischen, und das stört dann mitunter. Andererseits möchte Evangeline nicht mehr in den Kinderwagen, und so wird das Abholen der Jungen von der Kindertagesstätte schon zu einem richtigen Ausflug, weil die kleinen Beine ja nicht so schnell sind“, lacht die dreifache Mutter, die jedem ihrer Kinder gerecht werden möchte.
Manchmal gehen die beiden Jungen auch mit der Familienlotsin nach Hause, die nur zwei Straßen entfernt wohnt. „Dann freuen sich meine Töchter, die 15 und 18 Jahre alt sind, immer, weil ich was ‚Kleines‘ mit nach Hause bringe“, freut sich Elke Hindersmann, die sich in ihrer Rolle als Lotsin sehr wohl fühlt. Darum muss es auch nicht sein, dass sie „ihre“ Familie im Mai verlässt, weil dann das geplante Jahr um ist. „Wenn die Situation gegeben ist, dass die Hilfe länger benötigt wird, kann der Lotse auch länger als das angedachte Jahr in einer Familie bleiben“, erklärt Steinrötter.
Und wenn persönliche Beziehungen entstanden sind, kann diese Freundschaft auch über die Lotsen-Tätigkeit Bestand haben. Vielleicht wird die engagierte Bueranerin ja noch Lotsin einer weiteren Familie? Wer weiß.
In den zwei Jahren, die es die Familienlotsen in Gelsenkirchen gibt, wurden bisher 28 Familien betreut. Davon waren ein Drittel Familien mit Migrationshintergrund. Denn auch wenn der Träger des Projektes der Sozialdienst katholischer Frauen und Männer ist, gibt es hier keine Einschränkungen. Dafür ist auch Elke Hindersmann ein Beweis, denn die Bueranerin ist evangelisch.
Es können noch Familien betreut werden
Familienlotsen kommen in der Regel in Familien direkt nach der Geburt eines Kindes, mit Kindern unter drei Jahren oder in Familien, die wenig Hilfe durch ihr Familienumfeld bekommen können. Interessierte Familien erfahren mehr beim SkFM in der Hochstraße 47 oder unter Tel. 16587743 bei Beatrix Steinrötter oder Kirsten Kremer.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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