Den Fluss in allem spüren

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In der Ruhe liegt die Kraft. Im Entzerren des vollgepackten Alltags, im Finden der eigenen inneren Ausgeglichenheit. Wem das durch alle den Stress nicht alleine gelingt, der ist richtig bei der Tai Chi Chuan Schule von Werner Broch in der Girardetstraße 2 bis 38. Diese sehe ich mir heute an.

Über den Dächern von Rüttenscheid erwarten die Besucher helle, freundliche Räume.
Bereits seit seinem 28. Lebensjahr hat sich Werner Broch dem authentischen Yang Stil des Tai Chi verschrieben. Seit 1978 macht der staatlich geprüfte Elektrotechniker Tai Chi hauptberuflich. „Ich habe mich immer schon für Energie als Solche interessiert. Also für das, was die Welt zusammenhält“, berichtet der Tai Chi Lehrer.
Werner Broch ist in Shang Hai und London in die Schule des Meister Chu King Hung gegangen, wurde in 2002 zum Meisterschüler ernannt und bildet sich jedes Jahr weiter. Jährliche Prüfungen des Könnens sind dabei Pflicht. Natürlich ist die Schule in Rüttenscheid Mitglied in der ITCCA, der International Tai Chuan Association.
„Es ist einfach beeindruckend , wenn über 20 Menschen dieselben Bewegungen und Abläufe ausführen in den Bergen von China“, so Broch.
Einmal im Jahr ist ein Besuch bei Master Chu Pflicht.
„Mein Leben lang werde ich lernen“, gibt Broch auch unverblümt zu.
Seinen Schülerinnen und Schülern bringt er das Tai Chi des authentischen Yang Stils bei. „Das sind natürliche, leicht zu erlernende Bewegungen“, berichtet der Meisterschüler. Ziel ist es dabei, das innere Gleichgewicht wieder zu finden, sich selber besser wahrzunehmen. „Auch die Körperhaltung wird automatisch verbessert“, berichtet Broch. Dabei soll Dank Tai Chi Chuan das körperliche und seelische Gleichgewicht wieder hergestellt werden.
„Viele Lehrer besuchen zum Beispiel meine Kurse“, berichtet der Meisterschüler. So war Broch auch selber schonmal in einer Schule und hat den Kindern die Bewegungsformen des Tai Chi näher gebracht.
Ganz wichtig: Es sind vollkommen natürliche Bewegungen, die mit dem Gewichtstemmen im Fitnessstudio nichts gemein haben. „Ich will den Muskelaufbau im Fitnessstudio gar nicht verteufeln, das kann man gut zusätzlich zum Tai Chi Chuan machen. Allerdings ist eben das Besondere am Tai Chi, dass man sich ohne große Hilfsmittel schonend bewegen kann und gleichzeitig trotzdem etwas für den Körper tut“, erklärt Broch ruhig.
Was man genau unter den Bewegungsformen versteht und wie diese aussehen, möchte ich als nächstes wissen. „Haben Sie Lust, ein paar Übungen mitzumachen?“, fragt mich Broch unvermittelt.
Klar, habe ich die! So fordert Broch mich auf, mich mitten im Raum breitbeinig zu positionieren und dann leicht in die Knie zu gehen.
„Nein, nein, nicht die Knie durchdrücken, das baut viel zu viel Spannung auf“, erklärt Broch mir. Mir zur Seite steht Meisterschüler Helge Allmer, der seine Tai Chi Schule in Dortmund hat. Ein Glück so kann ich bei ihm abgucken.
Nun kreuzen wir die Arme vor dem Körper, diese werden dann geöffnet währenddessen sich das rechte Bein nach rechts beugt. Zehn Wiederholungen, dann folgt die linke Seite. Dabei ist es im Raum ganz still. Ich konzentriere mich auf die Bewegungen, sie nicht zu verkrampft zu machen und auf die Atmung. Denn Broch erklärt mir, wann genau ich bei der Übung ein- und ausatmen soll.
Schon nach der ersten Übung überkommt mich eine tiefe Gelassenheit, die ich so an mir gar nicht kenne. Denn mein Job ist mitunter ziemlich stressig. Doch jetzt fühlt sich alles leicht an, trotzdem die Übungen auch Konzentration und meine Koordination fordern. Bei geöffnetem Fenster (während der Übungen wird die Sauerstoffaufnahme automatisch erhöht), geht es weiter.
Jetzt will es Broch wissen. Zwei schwerere Übungen folgen auf die erste leichte, doch da mir Broch und Allmer die Übungen detailliert vormachen, habe ich den Dreh schnell raus. Beeindruckt bin ich vor allem von dem gleichzeitigen langen ein- und ausatmen, was ich bewusst wohl das letzte Mal als Kind gemacht habe.
Nach drei Übungen fühle ich mich tiefenentspannt und beschwingt und habe doch fast jeden Muskel im Körper bewegt. Und bin längst überzeugt von der postiven Wirkung der Übungen und Bewegungsabfolgen auf meinen Körper. Die klangvollen Namen der jeweiligen Bewegungen weisen auf die Übung hin wie zum Beispiel: „The Wings moving left and right“ oder zeichnen ein Bild aus der Tierwelt wie „The Butterfly fly in pairs.“
„Die Leute haben verlernt, auf ihren Körper zu hören. Alles muss schnell gehen, jeder ist im Stress. Somit biete ich eine Oase der Ruhe und Entspannung an“, so der Meisterschüler. Dabei ist Tai Chi Chuan sehr gesund. Bei der konstanten Ausführung, wird das gesamte Knochengerüst gestärkt, die Sehnen gestreckt.
Broch erklärt mir: „Das hilft Beschwerden, ausgelöst von Arthrose, Osteoporose und Rückenschmerzen, zu lindern.“ Durch die speziellen Atemübungen wird Stress vermindert und das Immunsystem gestärkt. Somit verbessern sich auch Kreislauf, Herzrhythmus und die Konzentration und Gehirnleistung steigt. „Tai Chi Chuan wirkt vorbeugend bei hohem Blutdruck, Thrombosen, Depressionen, Schlafstörungen und Angstgefühlen“, zählt der Meisterschüler auf.
Und das ohne Nebenwirkungen! Denn die leichten und ruhigen Bewegungen können von jedem ausgeübt werden: ob Kind oder Senior. So gibt es Teilnehmer der Kurse, die über 90 Jahre alt sind!
Im Regelfall wird ein Kurs von vier bis zwanzig Personen besucht. Die Kurse richten sich nach Anfängern und Fortgeschrittenen, es gibt aber auch Kurse, die weiter ins Detail gehen. Sogar Säbel oder Schwert werden später in den Übungen integriert.
Ich für meinen Teil bin begeistert, auch vom durchweg positiven Eindruck, den der Meisterschüler verströmt. Seine innere Ausgeglichenheit und Ruhe sind scheinbar auf mich übergesprungen, ich verlasse beschwingt und völlig gelöst die Tai Chi Schule. Und für mich ist schon jetzt klar: Ich komme wieder!
Fotos: Renate Debus-Gohl

Autor:

Silvia Decker aus Emmerich am Rhein

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