Der offene Bücherschrank Werden zaubert ein wenig Lesefreude in graue Pandemiezeiten
Entdecken, lesen, tauschen

Hanne Möhring und Herbert Schermuly freuen sich, dass der Werdener Bücherschrank jetzt endlich steht. 
Foto: Henschke
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  • Hanne Möhring und Herbert Schermuly freuen sich, dass der Werdener Bücherschrank jetzt endlich steht.
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Goethe passt immer: „Die guten Leutchen wissen nicht, was es einem an Zeit und Mühe kostet, um lesen zu lernen. Ich habe achtzig Jahre dafür gebraucht und kann auch jetzt nicht sagen, dass ich am Ziel wäre.“ Ein gutes Buch kann Herz und Hirn nähren.

Die Ortspolitik sieht es als Auftrag, das Lesen zu fördern und das Kulturangebot zu erhalten. So kam die Idee auf, im Bezirk sogenannte offene Bücherschränke der Stadtbibliothek aufzustellen. Sie bieten ein öffentliches und niederschwelliges Angebot, Chancengleichheit und Nachhaltigkeit. Ein Bücherschrank dient dazu, Bücher kostenlos, anonym und ohne jegliche Formalitäten zum Tausch oder zur Mitnahme anzubieten. Das Angebot soll als Ergänzung zum bestehenden Angebot der Stadtteilbibliothek und Buchhandlungen gesehen und ein neuer Ort der Begegnung werden. Paten betreuen den Bücherschrank, kontrollieren die „Grenzen des guten Geschmacks“ und entfernen notfalls Anstößiges. Gleiches gilt für alte, schlecht erhaltene Bücher. Schließlich soll man hier keine zerfledderten Exemplare vorfinden. Die Bezirksvertretung IX hatte sich entschieden, selbst einen Bücherschrank für Kettwig zu finanzieren. Da merkte Bezirksvertreter Herbert Schermuly auf: „Das wäre doch auch was für Werden.“ Das ist gut zwei Jahre und unzählige Anträge, Diskussionen, Rückschläge und neue Verhandlungen her.

Diskussionen um den Standort

Nun wurde der Werdener Bücherschrank aufgestellt. Etwas überraschend und auch schwierig in jetziger Zeit, sagt Schermuly: „Erst war es eine unendliche Geschichte. Dann ging plötzlich alles ganz schnell.“ Dabei schien die Situation in Werden zuletzt völlig verfahren. Vier Standorte waren zunächst im Rennen: Hufergasse, Rathausvorplatz, Grafenstraße und Heckstraße. Schnell kristallisierte sich heraus, dass es in der Gasse Haus Fuhr seitlich vom Geschäft „Engel Werden“ ideal wäre. Die Verantwortlichen der Stadt konnten mit dem Standort gut leben. Doch plötzlich stellte sich die beauftragte Firma quer und lehnte den geplanten Standort aus brandschutztechnischen Gründen ab. Die BV musste sich also Gedanken über einen alternativen Standort machen und guckte sich den Rathausvorplatz aus. Doch das scheiterte, wie Herbert Schermuly berichtet: „Dort hatte das Amt für Straßen und Verkehr bereits eine andere Erlaubnis erteilt.“ Also einen dritten Standort aussuchen und das Ganze weiter heraus zögern? Nein, denn glücklicherweise stimmte die Firma doch noch zu, da im Zuge des Prüfverfahrens der Sondernutzungserlaubnis auch die Feuerwehr zugestimmt hatte.

Der Bezirksbürgermeister hilft

Doch wie nun den so lange schon herbei gesehnten Bücherschrank „eröffnen“? Corona erzwingt besondere Maßnahmen. Die Bücher waren bei der Stadtteilbibliothek eingelagert, doch die hat derzeit geschlossen. Der Bezirksbürgermeister springt ein. Benjamin Brenk hat den Schlüssel zum Rathaus und hilft dann auch gleich mit, die Literatur an ihren neuen Platz zu schleppen. Heike Jütting und Hanne Möhring von den Bücherfreunden Werden sortieren den Bücherschrank ein und strahlen: „Wenn sich die Lage wieder normalisiert hat, werden wir die Eröffnung nachholen mit einem kleinen Fest.“ Auch ist zukünftig geplant, den Bücherschrank mit kleinen Aktionen, Lesungen und Feiern zu „bespielen“.

Eine Bank zum Lesen

Selbst der Hausmeister des benachbarten Hauses und Stadtteilpfleger Buch schauen kurz vorbei. Die beiden werden ein Auge auf den Bücherschrank haben. Der soll später noch eine Bank dazu gestellt bekommen. Da könnte dann irgendwann auch Herbert Schermuly in der Sonne sitzen. In der Hand dann möglichst Spannendes: „Ich lese gerne Krimis.“ Nun warten Margret Atwood, Donna Leon, Thomas Harris und viele andere Autoren darauf, von lesewütigen Werdenern entdeckt zu werden. Der Schrank ist kaum freigegeben, da kommen auch die ersten Interessierte näher und finden das für sie Richtige. Benjamin Brenk wird hier auch regelmäßig nach neuer Lektüre stöbern. Der Bezirksbürgermeister mag übrigens Werke von Ildefonso Falcones und Carlos Ruiz Zafón.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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