Virtueller Stammtisch des Werdener Bürger- und Heimatvereins
Anrüchige Themen
Der Werdener Bürger- und Heimatverein lädt jeden letzten Mittwoch im Monat ein zum Stammtisch. Er dient dem zwanglosen und konstruktiven Austausch über aktuelle Themen rund um die Stadtteile Fischlaken, Heidhausen und Werden.
Da nun aber ein wirklicher „Stammtisch“ in einer Kneipe zurzeit nicht möglich ist, wird digital kommuniziert. Freddy Kleinfeldt betont noch einmal, dass dieses informelle Treffen natürlich nicht die Meinung des Vorstandes widerspiegelt. Und doch bekommt man einen guten Eindruck davon, was den Werdenern so alles unter den Nägeln brennt.
Zunächst aber möchte Kleinfeldt an den kürzlich verstorbenen Dietmar Rudert erinnern. Der langjährige Ehrenvorsitzende und Geschäftsstellenleiter des WBHV habe sich der ihm eigenen Hartnäckigkeit und Zielstrebigkeit über Jahrzehnte für Werden, Fischlaken und Heidhausen eingesetzt. Der Heimatverein überlege nun, wie er das unermüdliche Schaffen dieses engagierten Werdeners angemessen würdigen könnte. So etwas Ähnliches wie die Heino-Thiele-Freitreppe herunter zur Ruhr wäre angebracht, da ist man sich einig. Die Geschäftsstelle des Bürger- und Heimatvereins wird nun beim Schriftführer Chris Helmer an der Forstmannstraße 41 angesiedelt, der Vorstand ist unter vorstand@heimatverein-werden.de zu erreichen.
Überall Müll
Nun geht es an den Austausch über all‘ die großen und kleinen Dinge, die den Werdenern auf dem Herzen liegen. Dabei wird ein bisserl durcheinander geredet, auch mal eine Zuwortmeldung übersehen, aber insgesamt klappt es doch erstaunlich gut. Schnell kristallisieren sich zwei Themen heraus, die aktueller denn je, zugleich aber ganz alte „Bekannte“ sind: der Müll und die Notdurft. Ulrich Tonder weiß brühwarm zu berichten, dass am Treidelplatz großes Müllchaos herrsche: „Meine Frau sagte mir soeben, dass überall alles verstreut liege, zum Beispiel jede Menge Pizzakartons. Die Papierkörbe seien aber leer. Grausam.“ Barbara Vlijt kommt direkt vom ehrenamtlichen Müllsammeln und macht ihrem Ärger Luft: „Wir waren wie jeden Mittwoch unterwegs am Ruhrufer. Alleine auf der kurzen Strecke zwischen Brehmbrücke und Ruhrbrücke haben wir drei große Müllsäcke voll bekommen. Die Leute legen ihren Müll zwar schon in Nähe der Container. Aber die vorhandenen Mülleimer sind viel zu klein.“
Freddy Kleinfeldt führt aus, dass der Arbeitskreis Umwelt des WBHV in der Nähe der Brücke größere Behältnisse aufgestellt wissen möchte. Ein immer größeres Problem werde der Verpackungsmüll der Gastronomie. Chris Helmer nimmt den Vorstoß der Initiative Stadtwandel Werden auf, die das Startup „Vytal“ mit Mehrweggeschirr ins Spiel gebracht hatte: „Wir Werdener könnten doch als Paradebeispiel für Müllvermeidung dienen, so gut, wie wir vernetzt sind.“ Die Ansprache der entsprechenden Gastronomen erweise sich aber in Pandemie-Zeiten als schwer bis gar nicht möglich.
Nette Toilette?
Friedhelm Neubauer stößt das zweite große Thema des Abends an. Er habe nun den Oberbürgermeister Thomas Kufen einen offenen Brief geschrieben, denn ein schon seit 30 Jahren schwelender Missstand bekomme immer mehr Dringlichkeit in Werden: „Die Leute werden immer älter und der Tourismus hat zugenommen.“ Es gebe zwar Projekte wie „Nette Toilette“, doch ob die die sanitären Probleme lösen könnten? „Wenn man das anstoßen möchte, muss man über einen finanziellen Ausgleich reden für die teilnehmenden Gaststätten.“ Marc Real weiß, dass in Kettwig etwa acht Betreiber an der Aktion „Nette Toilette“ teilnehmen. Die monatliche Entschädigung betrage 50 Euro. Allerdings hätten zurzeit alle Gastronomen Corona-bedingt ihre WCs geschlossen.
Chris Helmer hält daher einen anderen Vorschlag für sinnvoller: „Warum nicht als temporäre Lösung so einen von Kirmes und Zirkus bekannten Toilettenwagen mieten mit Personal? Die Leute wollen raus in der Pandemie und viele Menschen strömen nach Werden. Wir müssen jetzt reagieren.“ Freddy Kleinfeldt macht sich an eine Bestandsaufnahme zählt auf: „Wir haben eine öffentliche Toilette am Ruhrufer und eine am Markt. Die erste hat zu Öffnungszeiten des Biergartens auf und die andere liegt in Händen des Werberings.“ Bernd Kahmann ergänzt, dass hier die Marktleute einen Anteil leisteten, aber halt nur für eine Öffnung samstags: „Um das zu erweitern, müsste man zur Finanzierung ein Konto anlegen.“
Schlechte Versorgung
Marc Real zieht den Vergleich: „Ich habe nirgends so eine schlechte Versorgung mit öffentlichen WCs erlebt wie hier in der Gegend. In Japan gibt es in jedem Dorf öffentliche, kostenfreie und picobello saubere Toiletten. Dort wird aber auch ganz anders umgegangen mit öffentlichen Eigentum.“ Was Friedhelm Neubauer zur Analyse bringt, hier müssten wohl von Autobahnraststätten bekannte unverwüstbare WC-Anlagen her: „Warum nicht an der Seite des Hallenbades? Da könnten Strom und Wasser her kommen.“ Chris Helmer findet den Vorschlag gut, wirft aber ein: „Welcher Standort ist da sinnvoll? Unten am Wasser, an und auf der Brehminsel, da ist ein Hotspot. Das Ruhrgebiet macht Kurzurlaub bei uns.“ Die Sperrung der Zufahrten zum Baldeneysee sei eine Lösung, die Tagestouristen fern zu halten.
Kein Rechtsanspruch
Die aufkommende Euphorie möchte Marc Real ungern dämpfen, hat er aber nachgeschaut: „Ein vandalensicheres WC auf dem Opernplatz in Hannover hat 103.000 Euro gekostet. Mit dem Bestand zu arbeiten, scheint zielführender zu sein als ein komplett neues Gebäude zu erstellen.“ Man solle auch mal den Status der Toilette im Rathaus prüfen. Da habe es widersprüchliche Angaben gegeben: öffentlich oder nicht? Bernd Kahmann weist noch auf öffentliche Nutzbarkeit der Toilette im großen EDEKA-Markt hin: „Vielleicht könnte man so etwas auch einrichten, wenn in die Alte Post ein Discounter einzieht?“
Real nickt, doch eines könne man sich von der Backe putzen: „Einen Rechtsanspruch auf öffentliche WCs gibt es in NRW nicht. Das hat 2017 das Verwaltungsgericht Münster festgestellt. Es wird also nicht gehen ohne Eigeninitiative.“ Chris Helmer fasst zusammen, dass sich im Prinzip alle einig seien und man dringend einen Arbeitskreis „Toilette“ bilden müsse.
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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