Werdener Still-Leben

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„Habt ihr noch einen Pavillon im Keller? Schaut mal nach oben…“ Unglaublich! Herrlichstes Wetter am Samstag, auch am Montag wird die Sonne wieder strahlen. Doch am Sonntag, dem Tag des 1. Werdener Still-Lebens, da weint der Himmel. Worüber? Frank Hahn weiß es nicht. Der Wirt der Domstuben hat gemeinsam mit Tobias Honacker ein gigantisches Programm bewältigt, bis die schöne Idee, ein wenig vom Spirit des Festivals „Ruhr.2010“ ins Heute zu retten, auf Füßen steht. Dann ist der Tag endlich gekommen und es gießt wie aus Eimern. Die unzähligen Institutionen, Freundesgruppen, Einzelpersonen, die einen oder gar mehrere Tische ergattert haben, packen den Regenschutz ein. Eine erste Überraschung: Die 2,20 Meter langen Tische sind nicht – wie bei der A40-Sause 2010 – hintereinander, sondern in mehreren Reihen nebeneinander aufgestellt, fast könnte man meinen, sich in einem Biergarten, sagen wir mal in den Münchener Isarauen, zu befinden. Um 11 Uhr beginnt die Veranstaltung, Bezirksbürgermeister Dr. Michael Bonmann bekommt von der fürsorglichen Gattin die Regenjacke gereicht, blickt grimmig nach oben: „Letzte Woche noch so heiß und nun das. Womit haben wir das verdient?“ Egal, wir Werdener – und auch unsere Gäste – haben uns vorgenommen, heute ein fröhliches Fest des Miteinanders zu feiern. Also entert der Bürgermeister des Essener Südens die Bühne und eröffnet als Schirmherr das 1. Stillleben: „Ich finde es toll, das Sie trotz des Wetters gekommen sind. Vor zwei Jahren kam die Idee auf. In Werden gab es zuletzt ja häufiger unangenehme Still-Leben, Staus durch die unzähligen Baustellen. Doch heute sehe ich kreative Klasse verschiedener Vereine und Privatpersonen. Alles dies am neugestalteten Werdener Ufer, welches ein neues Kleinod werden wird. Hier habe ich eine Bitte, sorgen Sie für soziale Kontrolle, haben Sie ein Auge auf diese Fläche – damit wir alle noch lange was von ihr haben!“
Es füllt sich zusehend, sobald die Menschen ihre Scheu abgelegt haben, die frisch eingesäte Rasenfläche zu betreten. Ratsherr Hanslothar Kranz ist Pate des Events und begrüßt besonders die beiden Macher Hahn und Honacker: „Vielen Dank für eure Mühe!“ Tobias Honacker ist schon wieder unterwegs, ein Wasserschlauch leckt, muss ersetzt werden. Erst kommt Wasser von oben und jetzt auch noch von unten? Auch Kranz ist irritiert, dass der Himmel nicht mitspielen möchte: „Warum muss es heute regnen? Egal, von den paar Tropfen lassen wir uns nicht beirren. Das Fest, es soll beginnen!“ Noch im letzten Jahr mussten die Organisatoren feststellen: Zu viele Hindernisse! Kanal- und andere Baustellen verzögerten die Abläufe, machten eine Austragung 2011 unmöglich. Auch jetzt wurde die Fläche, die Teil des Programms „Wege zum Wasser“ ist, erst auf den letzten Drücker freigegeben. Ein erster Rundgang fördert Erstaunliches zu Tage. Bei den „Alptraumtänzern“, einer fröhlichen Gruppe von Tanzwütigen, knallen schon kurz nach elf die Sektkorken, spricht man sich Mut zu. Schon deshalb, weil es gleich auf die Bühne geht, Disco-Fox demonstrieren. Mitmachen ist angesagt! Vorher ist jedoch das Tambourkorps Ruhrperle an der Reihe. Dietmar Hellmann legt seinen Tambourstab zur Seite, die Decke ist zu niedrig, geht auch so. Jetzt ist das Stillleben in vollem Gange, fast alle Plätze sind besetzt. Vieles gibt es zu entdecken, unzählige Bekannte kreuzen den Weg, ein freundliches Wort hier, ein kurzer Schnack dort, so schnell kommt man nicht voran. Warum auch, soll man sich lieber einlassen auf die vielen Menschen, die sich, ihr Hobby, ihren Verein, ihre soziale Aufgabe präsentieren. Der Gartenbauverein, kunstwerden, die AWO, Seite an Seite im friedlichen Miteinander. Hier fantasievoll verkleidete mittelalterliche Gestalten, dort die oulen Wiever, die Kaffeeklatsch „wie früher“ machen, mit geradezu antiker Kaffeekanne und leckerem Kuchen. Ein paar Meter weiter stellt Thomas Thomitzek seine großformatigen Fotografien aus, hält seit rund 20 Jahren das Ruhrgebiet mit der Linse fest. Besonders die Bilder des A40-Still-Lebens und der SchachtZeichen mit ihren gelben Ballons rufen nette Erinnerungen wach. Auf der Bühne wiegt eine hawaiianische Tanzgruppe die Hüften, beim Werdener Turnerbund kann man das Glücksrad drehen, fröhlich-bunte Postkarten zugunsten der neuen Tartanbahn im Löwental erwerben. Nebenan wird das „Netz der Oekume“ geknüpft, ein wichtiges Werdener Thema, dort ein veritabler Teppich. Die Werdener Feldlerchen lassen ihre Stimmen erklingen, auch bei der „Hörsturz Skiffle Companie“ geht die Post ab, stilecht mit Waschbrett. Die DJK GW Werden fordert die Geschickten zum „Speedstacking“ heraus, die noch recht junge Karnevalsgesellschaft „Gesichts11“ beeindruckt mit einheitlichen weiß-roten Outfit. Natürlich darf auch das leibliche Wohl nicht vernachlässigt werden, selbst die sonntäglichen Brehmkicker sind rübergekommen und laben sich nach einem anstrengenden Fußballmatch an kühlem Gerstensaft. Wenn nur der vermaledeite Regen nicht wäre…Immer wieder reißen die Wolken auf, schließen sich aber genauso schnell wieder und begießen diese freudige Ereignis ausgiebig. Das Werdener Blasorchester spielt auf, tapfer marschieren die Herren der Werdener Sangesfreunde mit ihren Schirmen zum Anleger, besteigen das bereit liegende Piratenschiff „White Pearl“ der Weißen Flotte. Das Schiff positioniert sich vis-à-vis des Ufers, ist jetzt die zweite Bühne des Stilllebens. Der Förderverein Wildgatter stellt seine Arbeit vor, Heinz-Josef Bresser hat Infos der Kulturgemeinde Werden/Heidhausen und des Heimat- und Bürgerverein parat, die Freunde des Gartenhauses Dingerkus weisen gerne auf dieses weitere Werdener Kleinod hin.
Hanslothar Kranz, ein Mann mit Gespür für das, was die Leute wollen, spricht aus, was viele denken: „Vielleicht ist dies der gelungene Auftakt einer Traditionsveranstaltung. Weiter machen!“
Auch Frank Hahn muss sich jedoch erst einmal von den Strapazen der Organisation erholen, scheint aber nicht abgeneigt, auch im nächsten Jahr so ein Kulturfest an der Ruhrpromenade aufzuziehen: „Dann aber bitte ohne Regen!“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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