Mit Herzblut und Empathie
Das Engagement von „Werden hilft“ ist weiterhin ungebrochen, doch die Hürden werden höher
Das Zeltdorf am Volkswald ist aufgelöst, das Engagement von „Werden hilft“ aber weiterhin ungebrochen. Vieles verlagerte sich in die ehemalige LVR-Klinik oben auf Heidhausens Höhen. Die einzelnen Gruppen berichteten über ihre mit viel Herzblut und Empathie betriebenen Aktivitäten.
Die Spiele- und Hausaufgabengruppe stellte sich vor: „Die Kinder bestürmen uns!“ Der Nachwuchs möchte Angebote nutzen, drängt in die Räumlichkeiten, die Ehrenamtlichen müssen sich des Ansturms förmlich „erwehren“. Die Gruppen müssen beschränkt werden, mehr als zehn der energiegeladenen Wirbelwinde gleichzeitig sind nicht zu bändigen. Dabei macht es unglaublich viel Spaß, in die Welt der Kinder einzutauchen. Ullrich Indersmitten berichtete nicht ohne Augenzwinkern: „Ich lerne alte Kinderlieder wieder kennen, so etwas wie ‚Meine Nase ist verschwunden‘. Vielleicht machen wir eine zweite Gruppe auf? Bei der Hausaufgabenbetreuung wuseln überall die Allerkleinsten mit herum, es fehlt an Rückzugsräumen.“
Gegebenheiten sind gut
Ähnliches wussten die anderen Ehrenamtlichen zu berichten. Die räumlichen Gegebenheiten sind sehr gut, die Zusammenarbeit mit der Einrichtungsleitung klappt. Die Freiwilligen leisten großartige und unersetzliche Arbeit, sind aber noch viel zu wenige. Die von Theo Giebels geleitete Kunstgruppe besteht schon länger, ist vom Volkswald umgezogen. Auch hier war es zunächst extrem unstrukturiert, doch so langsam können anspruchsvollere werke entstehen. Die Bilder entwickeln sich, demnächst ist eine Ausstellung im Bürgermeisterhaus angedacht.
Die Nähgruppe hat zwei Nähmaschinen, besteht aus rund zehn jesidischen und afrikanischen Frauen, Änderungen werden vorgenommen, aber auch gehäkelt, gestrickt. Was fehlt, ist Material wie etwa Wolle. Es gibt drei Alphabetisierungs- und drei Deutschkurse, einen wunderbaren Kursraum mit guter Ausstattung, einen eigenen Ehrenamtsraum mit Drucker und Kopierer, im Vergleich zum Volkswald also „paradiesische Zustände“.
Winterfest am 17. Dezember
Auch die Sportler um Alfred Höltgen und Uli Tonder machen erste Angebote, eine tolle Spielwiese und ein schöner Gymnastikraum laden ein, doch erst einmal kommen Kinder und Jugendliche, die Eltern halten sich noch sehr zurück. Hans Ertl und seine Fahrradgruppe konnten von ersten Erfolgen, aber auch Schwierigkeiten berichten. Das Frauencafé der Gruppe um Anne Bottek findet nun sowohl in der früheren LVR-Klinik als auch in der Erstaufnahme-Einrichtung statt. Hier informiert ein mehrsprachiger Flyer über Frauenrechte, Aidshilfe, Verhütung.
Am 17. Dezember ist in der LVR-Klinik ein Winterfest geplant, Ernst-Joachim Müller berichtete: „Wir möchten drinnen und draußen feiern, mit Weihnachtsmarkt-Atmosphäre.“ In einem Musikzelt treten internationale Künstler auf, es gibt Wichtelgeschenke für die Kinder, der Weihnachtsmann kommt auch.
„Werden hilft“ hat auch wieder einen Ausflug unternommen, diesmal in den Landschaftspark Duisburg-Nord. Bei schönstem Wetter und bester Laune durchstreifte die große Gruppe von 40 Leuten, geführt von Peter Bruckmann, das ehemalige Industriegelände in Duisburg.
Ein verstörender Fall
„Werden hilft“-Vorsitzende Ulla Lötzer stellte einen höchst verstörenden Fall vor: Der Syrer Ferhad Mohamad wurde erstmals in Berlin registriert, begleitete zwischendurch seine Schwester zu ihrem Ehemann nach Schweden.
Zurück in Deutschland, landete er letztlich am Volkswald, möchte demnächst studieren, hat gerade eine Sprachprüfung bestanden und ist dabei, eine Wohnung zu beziehen. Das Bundesamt ignorierte seine Erstregistrierung in Deutschland, nun soll er nach Schweden abgeschoben werden. Eine Klage um aufschiebende Wirkung wurde vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen abgelehnt. „Werden hilft“ möchte die Ausweisung von Ferhad Mohamad noch verhindern: „Es kann nicht Aufgabe des Bundesamtes sein, Integration zu verhindern. Alle seine Bemühungen wären zerstört, auch für andere Flüchtlinge hätte das eine demotivierende Wirkung.
Ein Bittgesuch von „Werden hilft“ geht an Oberbürgermeister Thomas Kufen, Rechtsanwältin Nizaqete Bislimi wird sich den Fall anschauen, empfiehlt auch, eine Petition an Landtag und Bundestag zu richten: „Laut Dublin-Verfahren muss Ferhad sein Asylverfahren in Deutschland führen. Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtes ist für mich nicht nachvollziehbar.“
Bislimi kam selbst als 14-jähriges Flüchtlingskind nach Deutschland, schaffte das Abitur, gab sich nicht zufrieden mit ihrem schulischen Erfolg, wollte auch noch studieren. Nizaqete Bislimi konnte trotz hoher Hürden Rechtswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum studieren. Nach bestandenem zweitem Juristischen Staatsexamen und der Zulassung als Rechtsanwältin arbeitet sie jetzt genau in der Kanzlei, die damals den Fall ihrer Familie vertrat.
Sprachförderung
Sie berichtete der Versammlung über die Änderungen im Ausländerrecht und gab den anwesenden Flüchtlingen eine klare Botschaft mit auf den Weg: „Man muss ständig daran arbeiten, sich zu integrieren. Ausbildung, Arbeit, Sprache. Nur das ist es, was zählt!“
Genau dies ist die Zielrichtung ein Projektes, welches von Peter Bruckmann vorstellt wurde. Bruckmann und Teilnehmer an Intensiv-Sprachkursen, die aus Spenden gefördert wurden, berichteten über ihre Erfahrungen und Erfolge.
Die Intensiv-Sprachförderung dient der Qualifikation zum Studium, Peter Bruckmann hatte sich bei seiner Studienberatung am Volkswald ein Bild machen können von geeigneten Kandidaten: „Ihre Studienberechtigung ist in einer zentralen Datenbank der Kultusminister festgehalten.“ Am Studienkolleg Bochum werden auch noch nicht anerkannte Asylbewerber angenommen, wenn sie denn eine gute Bleibeperspektive haben. Mit sehr erfreulicher Wirkung: Vier der Teilnehmer konnten ihre schnellen Fortschritte unterstreichen, in dem sie erste Prüfungen mit Bravour bestanden. Die zukünftigen Studenten der Zahnmedizin, Elektrotechnik oder Bauingenieurswesen richteten das Wort in erstaunlich gutem Deutsch an die Versammlung, stellten sich kurz vor, dankten „Werden hilft“ für die Unterstützung. Durch Spenden wurden bisher Fahrkosten und Kursgebühren finanziert, nun sind diese Mittel aber bald erschöpft.
Spenden für diese Sprachförderung können an die Jona Gemeinde überwiesen werden, die dann eine Spendenquittung ausstellt, deshalb sollten auch die Adressen der Spender angegeben sein.
Spendenkonto
Empfänger: Jona Gemeinde
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE68 3702 0500 0004 2801 00
BIC: BFSWDE33XXX
Stichwort: „Sprachförderung Flüchtlinge“
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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