Dieses Haus ist besetzt!
Der 6. Bundeskongress der Christlichen Arbeiterjugend fand in Werden statt
Horst Roos ist ein Mann der ersten Stunde. Seit 1947 bringt seine CAJ in Deutschland die Situation der Arbeiterjugend zur Sprache. Und Roos immer mittendrin. Erst als Bundesgeschäftsführer, jetzt als großer „Sänger vor dem Herrn!“
Die Plakate lassen stutzen: „Dieses Haus ist besetzt!“ prangt es vor dem neuen Jugendheim an der Brückstraße. Chaoten? Hausbesetzer?
Keine Angst, es sind friedliche Menschen, die im Rahmen einer 24-Stunden-Aktion fünf Soziale Räume in Essen-Werden „besetzten“. Dort diskutierten sie über die Lebensbereiche Arbeit, Bildung, Menschliches Miteinander, Lebenssinn und Sozialschutz.
Beim „Lebenssinn“ war Horst Roos zu finden, hatte ein Liederbuch dabei, eine Gitarre fand sich auch, so sang der Senior inbrünstig mit den zum Teil sechzig Jahre jüngeren Teilnehmern: „Das Hitlerreich war bankrott, da entstand der CAJ!“ Roos ist ein steter Quell von Geschichten rund um 65 Jahre Christlicher Arbeiterjugend. Die CAJler fühlten sich nach dem Krieg als „Bauleute einer besseren Welt“, nahmen ihr Auftrag sehr ernst. Ein Beispiel: Früher wurde eine Zeitung des CAJ verkauft, ein kranker Mitstreiter bat damals, ihm doch Exemplare ins Krankenhaus zu bringen, damit Alle im Krankensaal die CAJ-Neuigkeiten lesen könnten. Am nächsten Tag stand Roos an der Pforte, doch der Freund war bereits tot. Die Gesichter der jungen Leute sind ein wenig blass, als Roos sinniert: „Das war damals halt so!“
Das war damals halt so
120 Delegierte aus dem ganzen Bundesgebiet trafen sich in Werden, um sich gemäß der CAJ-Methode „Sehen-Urteilen-Handeln“ über ihre konkreten Lebensrealitäten auszutauschen. Die jungen Christen formulierten ihre Visionen und stellten Forderungen an Politik, Kirche und Gesellschaft auf. Die Bundesvorsitzende der Christlichen Arbeiterjugend, Sarah Prenger, hatte den Bundeskongress eröffnet: „Wir sind nicht die Zukunft, sondern die Gegenwart. Daher fordern wir hier und jetzt - her mit dem ganzen Leben!“
Während des Diskurses zeigte sich deutlich, dass insbesondere der stetig steigende Druck in der Schule und am Arbeitsplatz, dem viele junge Menschen ausgesetzt sind, eine wichtige Rolle spielt: „Wegen G8 habe ich mich für die Realschule entschieden!“, berichtete die 17-jährige Laura und forderte bessere Rahmenbedingen bei der schulischen Ausbildung.
Ein weiteres Schwerpunktthema war die Zunahme von prekären Beschäftigungsverhältnissen, die keine sichere Lebensplanung mehr zulassen. Hier müsse der Gesetzgeber aktiv werden, so die einhellige Meinung der Delegierten.
Am Samstag hatten die Delegierten die Möglichkeit, im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Kirche und Wirtschaft zu diskutieren. Neben Sarah Prenger nahmen auch die stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann, Maria Fischer vom Bund Katholischer Unternehmer und der ehemalige Weihbischof von Essen, Franz Grave, teil.
Engagiert wurde über die Ergebnisse und Forderungen der Delegierten gestritten. So setzte sich Sylvia Löhrmann für eine sehr viel differenzierte Verteilung von Mitteln in der Bildung ein: „Schulen mit einem hohen Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund brauchen viel mehr Ressourcen, als Schulen, an denen die Kinder über gute Kenntnisse der Deutschen Sprache verfügen.“
Und Weihbischof em. Franz Grave beklagte: „Ich finde es unerträglich, dass junge Menschen in unserer Gesellschaft abgehängt werden, weil sie die Schule nicht schaffen.“ Maria Fischer wies darauf hin, dass sich junge Menschen engagieren und ihr Leben in die Hand nehmen müssen. Die Bundesvorsitzende Sarah Prenger gab allerdings zu bedenken, dass gerade prekäre Beschäftigungsverhältnisse es jungen Menschen nicht leicht machen, ihr Leben selber zu gestalten. Am Sonntagmorgen endete der Bundeskongress mit dem „Marsch für ein ganzes Leben“ von der Jugendherberge bis zur Luciuskirche und einem Gottesdienst.
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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