Der 39. Schuss saß

Kaiser Hans-Joachim I. und seine Gemahlin Monika I. winken fröhlich.
Foto: Bangert
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Rauschendes Dorffest des zehnjährigen Bürgerschützenvereins „Gut Schuss“ in Fischlaken

Drei Tage lang wurde im ältesten Dorf des Ruhrgebietes auf dem Schulhof an der Fischlaker Straße ein rauschendes Dorf- und Schützenfest gefeiert.

Zunächst sind Totenehrung und Kranzniederlegung traditionell der Auftakt in Fischlaken. Hanslothar Kranz ist Ehrenmitglied im BSV Gut Schuss, gedachte als Ehrenschirmherr des Festes der Toten, auch der Verstorbenen des Vereins: „Unsere Toten gehören zu den Unsichtbaren, aber nicht zu den Abwesenden.“ Der CDU-Mann spannte den Bogen über Parteigrenzen hinweg, würdigte den auf dem Bergfriedhof begrabenen Franz Voutta. Der Sozialdemokrat musste seinen Widerstand gegen den Faschismus mit dem Leben bezahlen. Franz Voutta wurde im Gefängnis misshandelt und erlag am 17. Juli 1936 seinen Verletzungen.

Dreikaiserpodium

Das mit Spannung erwartete Königsschießen war eigentlich gar keins, denn auf dem Podium waren weit und breit nur Kaiser zu sehen. Moderator Hans-Jürgen Naboreit hatte genau hingeschaut: „Deutschland hatte 1888 sein Dreikaiserjahr. Das waren damals drei Kaiser hintereinander. Doch wir hier in Fischlaken bieten drei Kaiser nebeneinander!“ Der scheidende Kaiser Hans-Dieter Gilbert trat zum Ehrenschuss an, Adjutant Naboreit mahnte den Freund: „Aber ganz vorsichtig, dass der Vogel nicht sofort runterfällt.“ Dieser Kelch ging an Gilbert vorbei, seine Amtszeit musste nicht unfreiwillig verlängert werden. Auf den Adler zielten abwechselnd Thorsten Gerigk und Hans-Joachim Powilleit. Zuvor beim Trophäenschießen hatten bereits Gerigk die Krone und Powilleit das Zepter erringen können, zwei Konkurrenten auf Augenhöhe also. Die Spannung stieg, die Schüsse wurden spontan-lustig umrahmt von den Bergstädter Musikanten. Nach 26 Minuten und dem 39. Schuss stand der neue Schützenkaiser fest. Hans-Joachim I. stutzte kurz, riss dann jubelnd die Fäuste hoch, genehmigte sich einen herzhaften Schluck aus dem Siegerpokal. Der nun schon vierte „Abschuss“ seiner Karriere. Zur Mitregentin wählte Powilleit selbstredend seine Ehefrau Monika, erste Amtshandlung war eine Lokalrunde für die Anwesenden. Das Glück war vollkommen, da Tochter Sandra sich bereits zur Schützendame geschossen hatte. Allerdings erwies sich dieser Vogel als zäh, gab erst beim 89. Schuss auf.
Abends fand im Festzelt die Krönung statt, zunächst bekamen langjährige Schützen einen Sonderapplaus: Udo Korten wurde für 50 Jahre und Gisela Kleinschmidt für 25 Jahre Mitgliedschaft im Schützenbund geehrt. Die Gratulationscour der vielen auswärtigen Kaiser und Königspaare wollte kaum enden, auch viele Vertreter der Politik machten den Schützen ihre Aufwartung. Dann wurde im Zelt mit der Band Fuego, dem Duo Kölsche Katti und Schunkelpitter sowie mit Schlagerkönigin Silke Kunert die Stimmung zum Siedepunkt gebracht. Auch draußen steppte der Bär: Das Dorffest ist nämlich immer auch ein willkommener Anlass, alte Freunde, Nachbarn, Klassen- und Sportkameraden wiederzusehen. Im Hof war der Stand von Angelika Kolle wieder umlagert: Schmuck, Windlichter, Schals, Dekoratives. Kolle ist inzwischen BSV-Mitglied geworden: „Ich wollte mich damit bedanken beim Verein.“ Auch kommt ein Teil des Erlöses traditionell einem guten Zweck zugute: „Das Geld wird für die medizinische Betreuung der in Fischlaken streunenden Katzen verwendet.“

Schreck am Vormittag

Am Sonntag zelebrierte in Christi Himmelfahrt Pater Jörg Gabriel die Heilige Messe, an seiner Seite Pater Arno Geiger. Das BSV-Ehrenmitglied war eigens aus seiner Heimatstadt Freiburg zum Jubiläum angereist, da er doch seine zweite Heimat Fischlaken vermisse. Der Sonntagvormittag brachte einen Jazz-Frühschoppen und eine Siegerehrung. Beim Gemeindefest hatten Kinder Luftballons starten lassen, die fünf weitesten bekamen einen Preis. Pater Geiger überreichte das Siegerpräsent an Robin Schmitt, dessen Ballon 566 Kilometer weit bis nach Brandenburg geflogen war. Apropos geflogen, es folgte eine böse Überraschung: Eine Windböe hob plötzlich das Vorzelt hoch, es segelte auf das Hauptzelt, rutschte dann wieder herunter. Ein Besucher wurde unglücklich von einer Zeltstange getroffen. Dank des beherzten Einsatzes des Roten Kreuzes, der Freiwilligen und der Berufsfeuerwehr konnte der Gefahrenbereich abgesperrt und die Lage gesichert werden. Erst nach drei Stunden war der Schaden behoben. Vereinsvorsitzender Thorsten Gerigk dachte zunächst an die Betroffenen: „Wir wünschen von ganzen Herzen, dass sich der Besucher, der bei dem Unfall verletzt wurde, gut und schnell erholt und seine Familie den Schrecken ebenfalls schnell überwinden kann. Die Ersthilfe nach dem Unfall verlief prompt und umsichtig.“ Gerade der unberechenbare Wind hat den Schützen schon früher Probleme bereitet: „In dem Jahr, in dem der Sturm Ela gewütet hatte, wurde uns bekanntlich von den Behörden sogar untersagt, durch Fischlaken zu marschieren. Wir haben die Risiken erkannt. Unsere Verantwortung als Gastgeber ist uns bewusst und glasklar. Sicherheit geht vor und darauf achten wir auch sehr streng. Daran werden wir auch ohne Verschärfung der Behördenauflagen oder Gesetzesänderungen weiter arbeiten.“ Nach dem Schreck konnte doch marschiert werden, der farbenfrohe Festzug setzte sich angeführt von der Polizei in Bewegung. Am Abend konnte man während des „Großen Zapfenstreichs“ eine Stecknadel fallen hören. Gänsehautatmosphäre pur.

Ein richtiges Dorffest

Der BSV Gut Schuss Fischlaken wurde am 5. November 2007 gegründet, 2009 dann das erste Schützen- und Dorffest gefeiert. Vorsitzender Thorsten Gerigk erinnert sich: „Vor zehn Jahren haben wir uns zusammen getan. Wir wollten als Freunde zusammenbleiben, aber nicht als Vereinsmitglieder. Einen Stammtisch sollte es werden, doch schon schnell gab es Platzprobleme. Einen so großen Tisch gab es nicht in der näheren Umgebung! Als dann die ersten Sportschützen zu uns kamen, haben wir uns doch entschlossen, einen Schützenverein zu gründen. Alles, was wir verbessern wollten, haben wir angepackt. Unser Verständnis ist es, traditionelle Werte zu pflegen und in die Gegenwart zu transportieren. Das hört sich jetzt an wie ein Werbeslogan, ist aber bei uns ein Handlungsgrundsatz. Das Resultat spricht für sich: Plötzlich feiern die Leute wieder ein Schützenfest, das inzwischen ein richtiges Dorffest geworden ist.“ Gerigk zog ein zufriedenes Resümee: „In Fischlaken kennt man sich und wenn es nur vom Sehen ist. Wir freuen uns über Lob, nutzen dies als Motivation und nehmen Kritik an. Wir haben uns gefreut, wie viele Leute das von uns ausgerichtete Dorffest besucht haben und uns auch Schulterklopfer erteilt haben. Vom 27. bis zum 29. Juli 2018 sehen wir uns wieder.“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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