„Dem Gelächter nach!“ Angelika Kolle bastelt im Paul Hannig Heim

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Besuch im Paul-Hannig-Heim in Heidhausen, vis-à-vis von St. Kamillus. Michaela Strenzke ist hier „Chef“, führt durchs Haus und muss schmunzeln: „Jetzt rechts lang und dann immer dem Gelächter nach!“

Der Kreativraum in der Wohngruppe „Werden“ ist die Heimat der wohl lustigsten Bastelgruppe, die man sich vorstellen. Die alten Finger wollen nicht mehr so? Die Senioren dämmern vor sich hin? Ha! Von wegen!
Die Rollatoren parken in der Ecke, die Scherze fliegen nur so hin und her, selbst eindeutig Zweideutiges kommt auf den Tisch. Der Flachs blüht, gestern war nämlich Plätzchenteig-Kneten angesagt, es zerbrachen die Eier, ein paar Schalen flutschten in den Teig. Der einzige Herr der Runde - „aber sag‘ nicht Hahn im Korb. Ich bin kein Hahn, höchstens der Korb!“ - kontrollierte kurz und meinte nur maliziös: „Meine Eier sind noch ganz!“
Heute kleben sie ausgestanzte Pappfiguren aufeinander, Schneemänner, Nikoläuse, Engel. Immer ein bisschen kleiner werdend, so ergibt sich ein erstaunlicher, dreidimensionaler Effekt. Auf festen Karton geklebt, noch ein paar Applikationen dazu, fertig sind wunderschöne Weihnachtskarten.
Gerade fertig geworden sind die neunzig Serviettenringe, die für die Weihnachtsfeier gebraucht werden. Ansprechende Ketten, Armbänder, Schlüsselanhänger, Mobiles für die Bettlägrigen, hier sind schon viele schöne Dinge entstanden. Es ist einfach befriedigend, wenn man selbst hergestelltes in Händen hält, was nebenbei bemerkt, auch richtig was her macht. Oft werden die „Produkte“ verschenkt, auch beim jährlichen Sommerfest verkauft, so trägt sich die Gruppe ganz von allein.
Wie lange wird hier schon gebastelt, getratscht, gescherzt? „Ach du meine Güte, im Juli werden es schon zehn Jahre. Kinder, wie die Zeit vergeht!“
2005 lugte Angelika Kolle beim Sommerfest herein, stellte ganz unschuldig die Frage, ob vielleicht Interesse an einem Kursangebot mit kreativem Basteln bestehe? Es herrschte Interesse, und zwar reges!
Im Laufe der Zeit hat sich natürlich die Besetzung der Gruppe verändert, so ist nun mal der Lauf der Zeit. Doch die aktuellen Bastelfreunde, irgendwo zwischen 73 und 91 Jahre alt, wirken nun wirklich nicht so, als würden sie bald aufstecken.

Lebensfreude

So viel Lebensfreude, unverhohlenen „Spass inne Backen“ und durchblitzenden Esprit würde man überall, nur nicht im Altenheim vermuten. Der engagierten Heimleiterin Michaela Strenzke ist bewusst, dass für viele Außenstehende so ein Heim „Endstation“ bedeutet: „Mich hat sogar einmal jemand gefragt, um wie viel Uhr die Insassen ‚weggeschlossen‘ werden. Was hat der bloß gedacht - dass das hier ein Knast ist?“
Sie schüttelt den Kopf: „Hier gilt es wohl, Vorurteile aufzubrechen und zu zeigen, dass es bei uns echt schön ist.“
Und auch lustig! „Frau Kolle, der Schneemann hat keinen Stiel“ flötet die Dame. Voller augenzwinkernder Unschuld und mit gespieltem Ernst. „Die veräppeln mich hier, wo sie nur können“, spielt Angelika Kolle die Beleidigte, „oft schmeißen sie Perlen auf den Boden, nur um mich zu ärgern!“

Mit den Hufen scharren

Die ehrenamtlich Engagierte weiß genau, wie wichtig ihr Bastelkurs für die Senioren ist: „Wenn ich komme, scharren meine Leute schon mit den Hufen! Ins Gespräch kommen, die Finger bewegen, kreativ sein.
Stets gilt es, den richtigen Anspruch zu finden. Zu leicht darf es nicht sein, dann wären die älteren Herrschaften zu Recht beleidigt.
Zu schwer? Gibt es nicht! Ich freue mich immer, wenn sie so erstaunlich selbstständig arbeiten, anfangs kleine Schwierigkeiten haben, die aber überwinden und dann noch zufriedener sind!“ „Ja“, wirft die Teilnehmerin ohne falschen Stolz ein, „was wir machen, machen wir gut!“
Das Paul-Hannig-Heim ist wie ein kleines Dorf. Mit hauseigener Wäscherei, Schneiderei, Friseur und Fußpflege, kleinen und großen Gemeinschaftsräumen und eine Cafeteria. Ein schöner Garten.
Überall wuseln helfende Hände umher, stets ansprechbereit, man sieht erstaunlich viel Lächeln.

Abwechslung

Ausflüge mit dem hauseigenen Bus, Feste und Veranstaltungen, Gedächtnistraining, Gesellschaftsspiele, „Kochen und Backen“, „Vertellekes“, Nähstunde, „Was gibt´s Neues“, Bingo, Gymnastik, Ratespiele, Gottesdienst, Erzählkreis, selbst ein „Herrenstammtisch“ darf nicht fehlen.
Über so viel Abwechslung, die fit hält, sind die Senioren dankbar: „Wir machen hier Sport, wir singen, lachen und tanzen.“
„Und lügen“ wirft der 91-jährige Hahn im Korb ein, mit so einem ganz feinen Lächeln…

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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