Anwohner verzweifeln

An der Leanderbank wird gebaut – mit Konsequenzen für die Anwohner

Sie sind wütend! Das von ihnen nicht gewollte Bauprojekt der Allbau AG am Scheppener Weg beeinträchtigt das bisher friedliche Leben Fischlakener Bürger erheblich.
Es sind fünf Mehrfamilienhäuser geplant, zweigeschossig mit einem Sattelgeschoss und je zehn Wohneinheiten. Darunter soll eine Tiefgarage mit 77 Stellplätzen entstehen. Nach Ansicht vieler Bürger wurden ihre Sorgen kaum oder nur unzureichend berücksichtigt. Schon im August 2010 nannte Patrick Widmaier (CDU) das Vorhaben einen „Hammer“, der nicht dem Umgebungscharakter entspräche. Widmaier bedauerte, dass rechtlich keine Handhabe bestünde, die Maßnahme in der geplanten Form zu verhindern. Nun wird gebaut, natürlich bringt eine Baustelle Lärm und Dreck mit sich, doch Anwohner monieren, dass die Grenzen des Erträglichen überschritten werden.
„Wir verlieren langsam den Glauben an die Politik, weil wir uns alleine gelassen fühlen!“ So schrieb die Familie Bäcker in einem Brief an die Bezirksvertretung. Die Arbeiter der Firma Grenzland Bau seien von 6 Uhr morgens bis weit nach 18 Uhr aktiv, auch am Samstag. Um die ganze Baustelle mit den aktuellen Nachrichten und Musik zu versorgen, dröhne das Radio laut, auch während der Mittagszeit. Wenn man freundlich frage, ob es auch leiser geht, gäbe es drei Möglichkeiten: Der Bauarbeiter verstehe einen nicht, man würde beschimpft oder ohne Antwort stehen gelassen. Kleine Kinder, die Mittagsschlaf halten, oder Leute, die zu Hause arbeiten, seien trotz geschlossener Fenster dem Dauerlärm ausgesetzt. An Regentagen wären die Straßen voll von Dreck und Schlamm, bei sonnigem Wetter würde eine Staubwolke hochgewirbelt:
„Womit wir hier zurzeit leben, interessiert keinen Menschen mehr. Das ist eine Situation, die unzumutbar ist! Doch wir Bürger werden im Stich gelassen, weder die Bauaufsicht der Stadt Essen hat auf ein Schreiben reagiert, noch die Polizei hat es für nötig gehalten, samstags um 17.30 Uhr den Krach zu unterbinden. Hoffnung, eine Antwort der Grenzland Bau zu bekommen, haben wir nicht. Wir haben nichts dagegen, dass Wohnraum für junge Familien geschaffen wird, auch wenn es hier in Fischlaken/Heidhausen und Werden zu wenig Kita Plätze für die neuen Mitbürger gibt. Aber die Lebensqualität wird mehr und mehr zu Lasten der Betroffenen vernachlässigt und keinen kümmert es. So macht das hier keinen Spaß mehr!“

Die Verantwortlichen der Allbau haben sich die aktuelle Situation angesehen und die bauftragte Firma Grenzland Bau angewiesen, sofort Verbesserungen durchzuführen. Pressesprecher Dieter Remy hielt fest, dass einige der Anschuldigungen „so nicht stimmen“. „Zuerst haben wir immer darauf hingewiesen, dass es während der Bauzeit zu Beeinträchtigungen kommen kann, die es natürlich seitens Allbau und unseres Bauträgers Grenzland-Bau zu minimieren gilt. Wir haben jedes an uns gerichtete Schreiben oder Telefonat ernst genommen und auch beantwortet. Leider hören wir von einigen Vorwürfen im Leserbrief zum ersten Mal. Es entspricht in keinster Weise der Wahrheit, dass die Baustelle täglich von 6 Uhr morgens bis weit nach 18 Uhr aktiv ist. Die Handwerker kommen teilweise früher, frühstücken gemeinsam, fangen aber nicht vor 7 Uhr an und arbeiten die wenigsten Tage länger als 18 Uhr. Grundsätzlich enden nach Aussage von Grenzland-Bau die Arbeiten am Samstag um 14 Uhr, obwohl eine Tätigkeit bis 20 Uhr möglich wäre. In absoluten Einzelfällen hat eine Firma vielleicht einmal länger als 18 Uhr gearbeitet, da sie mit ihren Arbeiten nicht pünktlich fertig geworden ist.
Dass auf der Baustelle sehr laut Radio gehört wird, haben weder Kollegen noch ich bei unseren Besuchen auf der Baustelle feststellen können. Allerdings berichtete Grenzland-Bau, dass eine Firma, die nur alle 4-6 Wochen vor Ort ist, das Radio lauter aufdreht. Wir werden diese Beschallung aus einem einzigen Radio abstellen lassen. Grenzland-Bau wird für eine optimale Kommunikation sorgen. Da einige von ihnen kein Deutsch sprechen, sollen alle bosnischen oder slowenischen Handwerker Anfragen von Anwohnern an die Vorarbeiter weiter tragen. Falls Anwohner beschimpft wurden, haben die verantwortlichen Handwerker mit massiven Konsequenzen zu rechnen. Die Zugangsstraßen werden wir nun fast täglich reinigen. Die Baufläche ist sehr klein, so dass nicht sofort jeder LKW auf die Baustelle kann. Grenzland-Bau wird aber dafür sorgen, dass die Straßen immer frei sind. Wir haben natürlich jederzeit ein offenes Ohr für die Betroffenen und sind uns sicher, dass trotz aller Begleiterscheinungen, die solch ein Bauprojekt grundsätzlich mit sich bringt, neue Freundschaften für die Familien in der Nachbarschaft entstehen werden.“

Die ersten Politiker haben geantwortet, das Thema dürfte bei der nächsten Sitzung der Bezirksvertretung im Kettwiger Rathaus am 29. März auf der Tagesordnung stehen.

Dr. Frank Roeser (EBB):
„Dieser Brief macht mich sehr betroffen, zumal die Familie Bäcker nicht die einzige ist, die sich in unserem Bezirk scheinbar nicht mehr so wohl fühlt. Man gewinnt immer mehr den Eindruck, die ausschließlich wirtschaftlichen Interessen einiger Konzerne stehen über dem Wohl der Bevölkerung, obwohl unsere Verfassung (Artikel 14 Abs. 2 GG) sehr deutlich vorschreibt, dass "Eigentum zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll". Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme wird vor Ort völlig ignoriert. Ähnliches droht bei der "Grünen Harfe". Wenn dann auch noch in rücksichtloser Art und Weise ein höchst fragwürdiges Bauvorhaben verwirklicht wird, weder Bauaufsicht noch Polizei den offensichtlich berechtigten Beschwerden nachgehen und junge Familien im "Stich lassen" dann möchte ich als Bezirksvertreter schon wissen, weshalb hier trotz mehrfacher, fast schon flehentlicher Bitten nicht eingeschritten wurde.
Es fällt zwar überhaupt nicht in meine Zuständigkeit, aber ich möchte an die Behörden den Appell richten, künftig auf dringliche Bürger-Notrufe möglichst zeitnah zu reagieren. Ich darf nebenbei daran erinnern, dass die Behörden zu "bürgerfreundlichem Verhalten" verpflichtet sind. Das sollte doch nach wie vor eine absolute Selbstverständlichkeit sein. Ich werde mich gerne dafür einsetzen, die Problematik "Großbaustelle Leanderbank" bei der kommenden BV-Sitzung zu thematisieren.“

Gerald Janke (Die Linke):
„Ich werde meinen Bezirksvertreterkollegen Herrn Dr. Roeser bei seiner Initiative unterstützen und mir noch vor der nächsten BV-Sitzung ein Bild machen. Falls Sie jedoch auf eine Sofortlösung hoffen, so können wir Bezirkspolitiker das Ihnen nicht „par ordre de Mufti“ anbieten. Auch wir müssen demokratische Spielregeln einhalten und sind nicht allmächtig. Das wird Sie sicherlich nicht befriedigen, dass ist mir schon klar, dennoch bitte ich um Verständnis und etwas Geduld.
Ich empfinde es als eine demokratische Errungenschaft von Bürgerrechten, dass man auf unseren Bezirksvertreterversammlungen den Politikern auf den Zahn fühlen und seine Anliegen im Tagesordnungspunkt Bürgerviertelfragestunde vorbringen kann. Ich wünschte mir sehr, dass die Familie Bäcker die Gelegenheit auf der nächsten BV nutzt und lade sie recht herzlich als Gast zu unserer öffentlichen Sitzung ein, um Bezirkspolitik hautnah zu erleben.“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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