Zwischen Peru, ein paar Brandys und vollen Hosen: Flugangst

Neulich in München sollte ich einem Gast eine Widmung ins Buch schreiben - keine ganz gewöhnliche, wie sich schnell herausstellte: »Bitte mach was gegen meine Flugangst!« Das tat ich natürlich gerne, sprach noch ein paar beruhigende Worte und war froh, als ich am nächsten Morgen - da sollte die Maschine starten - nichts von irgendwelchen Unglücken im Radio hörte. Doch dann kam mir ein Gedanke: Wie machen das eigentlich die Herren Ballartisten? Ich recherchierte und entdeckte: Das scheint tatsächlich nicht immer eine ganz so einfache Sache zu sein!

Flugangst ist für Fußballprofis nämlich in der Regel ein Faustschlagargument gegen eine erfolgreiche Karriere. Eines der prominentesten Beispiele ist der ehemalige Arsenal-Star Dennis Bergkamp gewesen. Jede Begegnung außerhalb der Insel oder der Niederlande wurde zum Horrortrip für ihn. »Die Aussicht, dass du wieder fliegen musst – das ist es. Und wenn man dann direkt nach einem Auswärtsspiel mit dem Flugzeug nach Hause muss, kann man sich vorstellen, wie so ein Spiel läuft«, erklärte Bergkamp einmal sein persönliches Desaster.

Auch heute gibt es Profis, die die Freiheit hoch über den Wolken nicht besonders schätzen. Herthas Patrick Ebert gibt offen zu: »Ich habe totale Flugangst. Wenn ich länger als eine Stunde in einer Maschine sitze, scheiße ich mir in die Hosen.«

Und als der HSV-Spieler Paolo Guerrero wegen seiner Aviophobie in Peru festsaß, schickte man extra einen Betreuer aus Hamburg los, um zu erkunden, auf welchen Wegen man den Kicker ansonsten zurück in die Hansestadt bringen könne.

Paul Gascoigne hingegen hat eine erstaunlich schnelle Wandlung durchgemacht – wenigstens was seine Flugangst betrifft. Als er im Alter von 19 Jahren für ein U21-Turnier in Frankreich zum ersten Mal in den Flieger stieg, ging es ihm alles andere als gut, wie er in seiner Autobiografie »Gazza« erzählt: »Ich hatte die Hosen voll, war mir sicher, das Flugzeug würde abstürzen und ich müsste sterben. Ich kippte ein paar Brandys, um mir Mut anzutrinken, hatte aber trotzdem ein mulmiges Gefühl. Der Teamarzt musste mich an die Hand nehmen und an Bord bringen, ich ließ ihn fast den ganzen Flug über nicht mehr los, weil ich vor Angst wie ein kleiner Junge zitterte.«

Nur drei Jahre später ist Gascoigne von seiner mittelschweren Flugangst-Attacke bereits wieder geheilt. Vielmehr: Das Flugzeug ist für ihn zu einem Spielparadies geworden. Als die Mannschaft während der WM 1990 für das Achtelfinal-Spiel gegen Belgien nach Bologna umziehen muss, nimmt man den Flieger. Um sich ein wenig abzulenken, bittet Gascoigne den Piloten, ihm das Cockpit zu zeigen und wie man fliegt: »Er erklärte mir, welche Schalter man umlegt, um das Flugzeug steigen, sinken oder abdrehen zu lassen. Natürlich sollte ich selbst keinen anrühren, aber ich zog blitzartig am erstbesten, nur um zu sehen, wie stark das Flugzeug reagierte – sofort setzte es zum Sturzflug an.«

Chris Woods, der gerade aufgestanden war, wurde mit voller Wucht in seinen Sitz zurückgeworfen. Er drohte seinem Mitspieler postwendend eine Tracht Prügel an. Und Gascoigne hatte hoch über den Wolken seinen Spaß. Von Flugangst keine Spur mehr.

Autor:

Ben Redelings aus Bochum

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