Wie war das eigentlich noch einmal? Die gelben und roten Karten - eine deutsch-englische Koproduktion!

Letzte Woche sorgten die Mannen Xabi Alonso und Sergio Ramos um ihren Real-Madrid-Trainer José Mourinho für Aufsehen, als sie in der guten alten Mach-et-Otze-Manier eine gelb-rote Karte offensichtlich provozierten, um in einer unwichtig gewordenen Partie in der Vorrunde gesperrt zu werden. Ein Modell, das auch schon der Kölner Coach Erich Rutemöller in einer Pokal-Halbfinal-Begegnung des Jahres 1991 erprobte. Da es damals die gelb-rote Variante noch nicht gab, handelte sich sein Schützling Frank Ordenewitz gleich den roten Karton ein, den er in der Bundesliga hätte absitzen können, um im Pokalfinale dabei zu sein. Doch die Sache flog auf und der Plan scheiterte.

Bei all den Karten-Tricks heutzutage kann man sich eines gar nicht mehr richtig vorstellen: Eine Zeit, in der es all das nicht gab. Als sich Rudel bildeten, Spieler sich untereinander in die Haxen traten, der Schiedsrichter aufs Übelste von allen Akteuren beschimpft wurde und trotz allem nichts machen konnte, um zu zeigen, dass er weiterhin Herr der Lage war. Heute zückt der farbig gekleidete Mann grimmig schauend einen bunten Karton und Ruhe ist im Schacht. Früher jedoch war das anders.

Gelbe und rote Karten wurden international tatsächlich erstmals bei der Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko eingesetzt. In der Bundesliga war es Lothar Kobluhn, der den ersten roten Karton am 11. Spieltag der Saison 1970/71 bei einem Spiel seiner Oberhausener auf dem Betzenberg vor die Nase gehalten bekam. Hautnah konnte sich der Rot-Weiße so von einer deutsch-englischen Gemeinschaftsproduktion überzeugen.

Vier Jahre zuvor ist es nämlich der deutsche Schiedsrichter Rudolf Kreitlein gewesen, der nach einer kniffligen Situation am 23.06.1966 auf dem Rasen des Londoner Wembleystadions endgültig die Nase voll hatte und unmittelbar nach Spielschluss den englischen Schiedsrichterbetreuer Ken Aston kontaktierte. Der 1,62 m kleine Schiri hatte kurz zuvor dem 1,96 m langen Argentinier Antonio Rattin verzweifelt versucht, deutlich zu machen, dass er den Platz verlassen müsse. Doch Rattin ignorierte den deutschen Schneidermeister und ging einfach nicht vom Feld. Erst nach acht Minuten verließ der Argentinier fluchend den Platz. Als Kreitlein nach 90 Minuten abpfiff – England hatte mit 1:0 gewonnen –, mussten ihn sieben Bobbys vor den erregten Südamerikanern beschützen. Der Schiri: »Ich hatte Rattin nach einem Foul an Bobby Moore auf Englisch verwarnt: One more and you go. Als er danach eine abfällige Geste zu mir machte, war das Maß voll.«

Aston und Kreitlein waren einer Meinung: Es musste endlich etwas geben, das Zuschauern, Spielern und Offiziellen unmissverständlich zeigte, welche Entscheidungen der Schiedsrichter auf dem Spielfeld getroffen hatte. Etwas mit Signalwirkung. Und wie es der Zufall so wollte, hatte der englische Betreuer am Vorabend geschlagene zwei Stunden für den Heimweg aus dem Stadion benötigt und dabei an manch roter Verkehrsampel gestanden. Kreitlein war sofort begeistert von Astons Vorschlag, Verwarnungen mit gelben und Platzverweise mit roten Karten zu ahnden. Und am Ende wurde es – nach einer über dreijährigen Umsetzungsphase – tatsächlich genauso gemacht. Eine Erfindung, auf die Rudolf Kreitlein bis auf den heutigen Tag sehr stolz ist.

Zurecht. Das Spiel wurde für alle Parteien einfacher – auch wenn es immer wieder einmal ein paar Taschenspieler gibt, die über billige Tricks versuchen, das System zu verarschen. Aber vielleicht werden die auch noch bestraft. Wünschenswert wäre es.

Autor:

Ben Redelings aus Bochum

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