Udo Lattek: In so einer Situation muss man ganz ruhig bleiben!

Jede Woche am Sonntag sieht man ihn im Fernsehen auf »Sport 1«. Doch wer ist der Mann wirklich, den jüngere Zuschauer nur durch seine bissigen Kommentare kennen!

Ein Versprechen hat Udo Lattek in seinem Leben nicht halten können. Er hatte einmal gemeint: »Ich habe meiner Tochter Nadja gesagt: ›Wenn du alt genug bist, um in der Zeitung zu lesen, was für ein Riesenarschloch dein Vater ist, dann höre ich auf.‹« Das war, kurz bevor er auf Schalke als Trainer anheuerte und Nadja ihren zehnten Geburtstag feierte. Damals fabulierte Charly Neumann gewohnt euphorisch: »Ich sehe am Himmel einen UEFA-Cup-Platz!« Doch schon im Winter stieg Udo Lattek bereits wieder aus und aus Europa wurde es erst Jahre später etwas für Schalke.

Lattek, der im September 1991 auf die Frage, wer der beste Trainer sei, bescheiden antwortete: »Der Lattek, als er noch Trainer war«, kehrte im Jahre 2001 zu einer weiteren früheren Station im Revier zurück. Borussia Dortmund stand fünf Spieltage vor dem Ende der Saison kurz vor dem Abgrund, als Präsident Gerd Niebaum die irre Idee hatte, Udo Lattek noch einmal auf den Posten des Cheftrainers zu befördern. Doch bevor er Dortmund retten konnte, musste man sich erst einmal in Geldsachen einig werden.

Stolz erzählte Lattek später, es wäre am Ende nicht die kolportierte eine Million gewesen, die Dortmund für fünf Spiele zahlte, sondern derer zwei. Und zusätzlich sollte es einen neuen Mercedes 500 geben, da Lattek gesehen hatte, dass Gerd Niebaum solch ein schönes wie seltenes Auto bereits fuhr. »Du Hund«, soll der Präsident bei dieser Forderung gerufen, aber schließlich doch eingeschlagen haben. Und Udo Lattek selbst sagte Jahre später: »Ich habe das Geld immer genommen. Ich wollte schließlich niemandem wehtun.«

Über die Sitzung vor dem entscheidenden Spiel beim VfB Stuttgart hat Matthias Sammer einmal aus dem Nähkästchen geplaudert. Lattek beschwor die Mannschaft damals mit diesen Worten: »Ich erzähl euch jetzt mal eine Geschichte. Ihr sitzt zu Hause, ganz gemütlich im Wohnzimmer, habt die Beine hoch gelegt und guckt gemeinsam mit eurer Frau einen schönen Film im Fernsehen. Glas Rotwein dabei. Und plötzlich hört ihr es krachen und schwarz vermummte Einbrecher stehen bei euch im Haus. ›Mensch, was macht ihr da?‹, fragte Udo Lattek den ›Kokser‹ und brachialen Manndecker Jürgen Kohler. Insgeheim rechnete er natürlich damit, dass der sich erregt, aufspringt und lautstark tönt: ›Trainer, ganz klar. Die musst du umhauen!‹ Doch Kohler lehnte sich entspannt zurück und sagte: ›Trainer, in so einer Situation muss man ganz ruhig bleiben!‹

Und Udo Lattek, der alte Fuchs, hielt nur für einen Moment inne und meinte dann: ›Ganz genau. Ganz ruhig bleibt man. Und so müsst ihr heute spielen. Mit viel Ruhe und Augenmaß, dann haut das schon hin!‹« Anschließend ging Lattek rechtzeitig zum Studium seiner Tochter Nadja endgültig in den Ruhestand.

Autor:

Ben Redelings aus Bochum

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