Das legendäre BVB-Netradio: Das geht doch auf keine grüne Kuhhaut mehr!
Da möchte Manni Breuckmann tatsächlich keinen Spaß verstehen. In seinem Buch »50 legendäre Szenen des deutschen Fußballs« beschreibt die WDR-Legende in schonungsloser Offenheit Norbert Dickels durchaus spektakuläre und umstrittene Aktivitäten für das BVB-Netradio: »Wer das Ausmaß geistiger Dörbie-Verwirrung in seiner kompletten Bandbreite beobachten will, dem sei übrigens beim nächsten Ruhrpott-Gipfel das Internetradio des BVB empfohlen. Die dort agierenden Slapstick-Figuren Nobby Dickel und Boris Rupert sind direkt dem Kuckucksnest entsprungen, nach dem Spiel moderieren sie Gerüchten zufolge die abendliche Quiz-Show in der geschlossenen Abteilung.« Klare Worte, für eine, sagen wir es mal so, Geschmackssache!
Doch was ist das überhaupt, dieses sagenumwobene Net-Radio, von dem alle Welt redet und bei dem sich die Geister offensichtlich diametral scheiden? Ruhm und Ehre hat das Internet-Radio des BVB vor allem seinen zwei Reportern Boris Rupert und dem »Held von Berlin«, Norbert Dickel, zu verdanken. Ihre emotionalen Kommentierungen des Spielgeschehens sind nie objektiv, häufig ketzerisch und nicht selten auch böse, aber für Fußballfans mit einem Hang zur ironischen Brechung vor allem auch immer äußerst lustig.
Als Schalke 2007 mal wieder auf den letzten Metern sich selbst die Meisterschaft versaute, saß Boris Rupert im Westfalenstadion und stöhnte voll Entzücken in sein Mikrofon: »Metzelder jetzt auf links, komm, mit links kann er eigentlich nicht so gut flanken. Mit rechts jetzt, Metzelder zieht ab. Aber abgewehrt von Bordon. Noch mal! Tor, Toooor, Tooooorrr, Tor, Tor, Tor – Ebi Smolarek. 2:0 für Borussia Dortmund. Ist das denn zu fassen? 2:0. 2:0 für Borussia Dortmund gegen den FC Schalke 04, gegen den kommenden Vizemeister in der Saison 2, 6, 2, 7. 2:0 für Borussia Dortmund. Und da gibt es noch einmal Gelb für Smolarek. Da gibt es Gelb wegen übertriebenem Torjubels. Aber wirklich drauf geschissen!«
Der ehemalige Spieler des BVB, Stadionsprecher und Borusse vom Scheitel bis zur Sohle, Norbert Dickel, wollte da am 8. Februar 2009 in der Münchener Arena offensichtlich seinem temperamentvollen Kollegen in nichts nachstehen. Seine Kommentierung eines späten Bayern-Tores hievte ihn auf die Titelseiten der Boulevard-Presse. Vollkommen zu Recht. »Van Bommel, der geht vorbei, hat Glück, haut den Ball vor den Kasten. Und jetzt kommt Klose und – schießt das 2:1«, erklärte der BVB-Netradio-Reporter Norbert Dickel den Hergang des Führungstreffers der Bayern in der 88. Spielminute noch recht sachlich, um bereits einen Satz später – wie aus dem Nichts – komplett aus der Haut zu fahren: »Was für ein...dieser scheiß Bauern(Bayern)-Dussel. Man, man, man«.
Legendär. Doch in die Radiogeschichte eingegangen ist wiederum eine andere Passage seines Mitstreiters Boris Rupert. Wochenlang wurde sie in den Rundfunkstationen landauf, landab rauf und runter gespielt: »Lars Ricken treibt den Ball über die Mittellinie, halblinke Position. Christoph Metzelder ist mitgelaufen, der steht jetzt siebzehn Meter vor dem Tor, spielt auf Ewerthon – und DER STEHT NICHT IM ABSEITS! Du blinder Linienrichter! Du Blindmann! Verdammt noch mal! Das geht doch auf keine grüne Kuhhaut mehr, was dieser Erpel, Greipel oder wie der auch immer heißt, sich dahinten zusammenpfeift!«
Das ist Entertainment auf allerhöchstem Niveau. Doch um eine Lanze für Manni Breuckmanns Meinung zu brechen: Das einzige Problem bei dieser unterhaltsamen Beschäftigung der Herren Dickel und Rupert mit ihrem BVB und seinen Gegnern ist, dass beide es tatsächlich ernst meinen. Jedes einzelne Wort. Und da kann der Spaß verständlicherweise schon einmal aufhören – und das nicht nur bei Manni Breuckmann...
Autor:Ben Redelings aus Bochum |
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