Brüllende Löwen und ein Revierderby

Am Wochenende steht es wieder an: Das große Revierderby zwischen dem S04 und Borussia Dortmund in der Arena Auf Schalke. Ein guter Moment, um ein wenig in die Vergangenheit zu blicken und sich einer Geschichte zu erinnern, die heute eine der Legenden der Bundesliga ist.

Über den zweifachen Biss des braven Schäferhundes Rex in den Allerwertesten des Schalkers Friedel Rausch braucht man nicht mehr viele Worte zu verlieren. Die schmerzhaften Minuten des 6. September 1969, als im Stadion »Rote Erde« beim Revierderby Borussia Dortmund gegen den FC Schalke 04 hunderte von Zuschauern den Platz stürmten und von maulkorbbefreiten Hunden zurückgedrängt werden sollten, sind in das kollektive Gedächtnis der Bundesliga eingegangen.

Auch die herrlich-spektakuläre Idee des Schalke-Präsidenten Oskar Siebert, beim Rückspiel vier echte Raubkatzen aus dem Löwenpark Westerholt zu holen und diese auf Höhe der Mittellinie an der Leine von vier Ordnern patrouillieren zu lassen, ist legendär und weithin bekannt.

Doch dass Friedel Rausch noch Wochen nach dem Abklingen der Wundschmerzen weitaus größere Probleme mit sich herumtrug, behielt er lange Zeit lieber für sich. Denn die Neckereien der Gegenspieler nervten ihn in den folgenden Monaten nicht nur, nein, sie waren dem eitlen Sonnyboy auch ein wenig peinlich. Der smarte Friedel Rausch war auf dem Fußballplatz urplötzlich zum Gespött der Leute geworden: »Es war die Hölle. Fast in jedem Spiel kam mein Gegenspieler an und machte ‚wuff-wuff’. Ich war fortan die Lachnummer der Liga.«

Auch seine Schalker Mannschaftskollegen trieben mit Rausch ihren Schabernack. So fragten sie in den Tagen nach dem Vorfall den armen Kumpel scheinheilig: »Friedel, überleg doch mal, der Hund hätte dich vorne rum gebissen...?« Ganz der alte Macho antwortete Rausch geistig bereits wieder voll auf der Höhe cool und gelassen: »Dann hätte der Köter seine Zähne verloren...«

Ein Wort an dieser Stelle noch über den erwähnten Löwenpark im idyllischen Gelsenkirchen-Buer. Der schillernde Graf von Westerholt hatte bei einem Besuch der Trabrennbahn die Schnapsidee entwickelt, mitten in Gelsenkirchen einen Freizeitpark mit einer vier Kilometer langen Autosafaritour zu errichten. Über 150 Tiere in freier Wildbahn konnten so von den staunenden Menschen im Ruhrgebiet bewundert und fotografiert werden. Nachdem es gleich bei der Eröffnung zu einer spektakulären Panne gekommen war, als ein WDR-Team mit dem Auto im Park stecken geblieben und einfach ausgestiegen war, blieb es in den Folgejahren zumeist ruhig. Auch wenn nicht alle Bewohner des Reviers von der Einrichtung dieses Parks überzeugt waren, wie diese kleine Anekdote – vom Grafen selbst erzählt – zeigt: »Eine Frau aus Dorsten schrieb mir, ich möchte doch keine Löwen hier aussetzen. Sollten in einem künftigen Krieg einmal Bomben fallen, würden die Löwen frei herum und sicher bis nach Dorsten laufen. Ich antwortete ihr: ‚Erfahrungsgemäß wechseln Löwen nie den Standort. Sie werden schon nach wenigen Tagen echte Bueraner sein.’«

Mal schauen, auf welcher Seite am Wochenende die Löwen mit dem kräftigeren Biss sein werden. Was allerdings weder die Schalker noch die Schwarz-Gelben fürchten müssen: Eine kalte Hunde-Schnauze an ihrem Allerwertesten. Denn die vierbeinigen Freunde sind seit den neunziger Jahren aus den Stadien der Bundesliga verbannt worden.

Autor:

Ben Redelings aus Bochum

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