"Looky, looky auf die Füße" Wie I-Dötzchen den Schulweg erleben
Für viele Kinder heißt es am 31. August zum ersten Mal „Die Schule hat begonnen“. Dem Kindergarten entwachsen, müssen sich dann die Erstklässer nicht nur an die neue Schulsituation gewöhnen, sondern vor allem auch an einen neuen Schulweg. Gut, dass bereits zum Ende des Kindergartenjahres Verkehrspolizisten die zukünftigen Schüler und ihre Eltern besucht haben, um beide auf mögliche Gefahrensituationen hinzuweisen.
Für den Werden Kurier haben wir die sechsjährige Greta beim Schulweg üben begeleitet.
„Üben, üben, üben“, lautete eine der wichtigsten Regeln, die der Verkehrspolizist den Eltern bei seinem Kindergartenbesuch mitgegeben hatte, „Kindern kann noch so viel erklärt werden, besser lernen sie durch unmittelbare Erfahrung und durch Ausprobieren.“ Also mache ich mich heute mit Tochter Greta auf den Weg. Direkt nachdem wir aus unserer Haustür treten, ist zunächst einmal unsere Wohnstraße zu überqueren. Schon taucht das erste Problem auf: dicht an dicht parken hier die Autos, leider, und oft auch für Autofahrer eine Sichtbarriere sogar in zweiter Reihe mitten auf der Straße. Stellt sich Greta mit ihrer Größe von einem Meter zwanzig (was für ein Kind ihres Alters schon groß ist) direkt hinter ein geparktes Auto, hat sie keine Chance die Straße einsehen zu können. „Im besten Falle geht man dann mit dem Kind ein Stückchen weiter, bis zur einer freien Stelle“, hieß damals der Ratschlag des Ordnungshüters. Das versuchen wir, aber die Autos sind hier einfach in der Überzahl. Also gilt es Plan B anzuwenden. Ich stelle mich zwischen zwei Autos und erkläre: „Jetzt muss Du erst mal genau gucken und hören, ob keines der Auto weg fährt, dann gehst Du vorsichtig so weit vor, bis die Fahrbahn gefahrlos überschaut werden kann.“ Das macht Greta. Plötzlich bleibt sie abrupt stehen, stapft mit dem Fuß auf und brüllt: „Und stopp! Looky, looky auf die Füße!“ So an der Sichtlinie zu halten, hat sie beim Kindergartentraining von Verkehrspolizist Andreas gelernt. Dann wendet sie ihren Kopf zunächst nach rechts, anschließend nach links. „Viele Kinder können in dem Alter rechts und links noch nicht voneinander unterscheiden, was auch überhaupt kein Problem ist, viel wichtiger als zur richtigen Seite zu gucken, ist es, dass wirklich nach allen Seiten geschaut wird, ob ein Fahrzeug kommt“, lernten die Eltern beim Informationsnachmittag. Das Wort Fahrzeug hatte er damals mit bedacht gewählt, da viele Eltern ihren Kindern raten: „Schau, ob kein Auto kommt!“, was Kinder schon mal wörtlich nehmen und so zu der Meinung gelangen können bei einem Motorrad wäre es völlig okay die Straße zu passieren.
Die Straße ist frei und wir überqueren sie zügig und versuchen dabei den Verkehr im Blick zu behalten. Der kürzeste Weg wäre jetzt für uns direkt die Heidhauser Straße, eine verkehrsreiche Verbindung zwischen Velbert und Werden, zu überqueren. Da es hier aber keine Ampel weit und breit gibt, bleiben wir auf unserer Bürgersteigseite und machen uns auf zur nächsten Lichtanlage. Wir queren, nach dem Halt an der Sichtlinie und dem Links- und Rechtsschauen eine kleine Seitenstraße, bevor Greta zur Ampel stürmt und den Knopf drückt. Bei „grün“ gucken wir, ob wirklich alle Autos gehalten haben, bevor wir die Straße betreten. Als wir auf der Mitte der Straße sind, springt die Anlage auf rot. „Wenn Sie einmal bei grün eine Straße betreten haben, gehen sie niemals zurück, auch wenn die Ampel plötzlich auf rot springt“, klingt mir Verkehrspolizist Andreas noch im Ohr, „ich verspreche ihnen, dass sie, bevor der Verkehr anfährt, in jedem Fall genügend Zeit haben, um auf die andere Seite zu gelangen.“ So gehen wir weiter und erreichen den gegenüber liegenden Bordstein tatsächlich rechtzeitig.
Noch einmal überqueren wir nach stoppen und schauen zwei kleine Seitenstraßen, bevor wir eine verkehrsberuhigende Insel direkt gegenüber der Grundschule an der Jacobsallee erreichen. Ein Auto naht heran, bleibt stehen und möchte uns passieren lassen. Greta hebt wie sie es gelernt hat, den Arm und winkt das Auto energisch durch. Damit befolgt sie einen weiteren Ratschlag des Verkehrserziehers. „Selbst wenn das erste Auto das Kind durchwinkt, gibt es immer wieder Fahrzeuge dahinter, deren Halter keine Lust haben, zu warten. Wenn dann aus der zweiten Reihe plötzlich jemand ausschert und überholend Gas gibt, hat das durchgewunkene Kind wenig Chancen das Auto noch rechtszeitig wahrnehmen zu können. Darum immer lieber durchwinken und halten Sie auch selbst nicht an, um Kinder durchzulassen.“ Der etwas verdatterte Autofahrer passiert die Straße, wir gucken zu allen Seiten und haben Gretas Schule zumindest diesmal sicher erreicht. „Selbst wenn Sie noch so viel üben, eine absolute Garantie dafür, dass nichts passiert, kann niemand geben, aber viele Risiken können durch intensives Training minimiert werden “, lautete beim Elternabend das Resümee des Verkehrserziehers.
Autor:Birgit Hölker-Schüttler aus Essen-Werden |
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