Heidhauser Landwirte bitten Bezirkspolitiker auf den Acker
Zwischen Kartoffeln und Salat
Die Heidhauser Landwirte Maria Werner und Thomas Leuchten hatten im Wahlkampf interessierten Besuch aus der Lokalpolitik. Um weiterhin im Gespräch zu bleiben, richteten die beiden am Ackerrand Salat- und Gemüsebeete ein. Drei der Parzellen wurden nun an Parteien übergeben.
Die Landwirte fordern Verständnis und auch mehr Wertschätzung ein für das, was sie leisten. Auch möchten sie die in der Bevölkerung immer noch bestehenden Vorurteile abbauen. Daher engagieren sie sich auch in der Bildungsarbeit. Kinder sollen lernen, wie das funktioniert mit Obst und Gemüse, was eine gesunde, ganzheitliche Ernährung ausmacht. So spendete Leuchten kürzlich das Saatgut fürs Urban Gardening an der Cosmas und Damian-Schule in Frohnhausen. Durch die Pandemie haben Hofläden einen Run zu verzeichnen. Der Bauer vor Ort und seine Produkte aus regionaler Erzeugung haben für viele Mitmenschen wieder an Bedeutung gewonnen. Wobei Maria Werner aber klarstellt, dass eine nur auf Deutschland begrenzte Bewusstseinswende nicht ausreichen wird: „Es hilft nichts, wenn wir hier auf Bullerbü machen und anderswo riesige Flächen gerodet werden.“
Blühstreifen
Im Zuge der Kommunalwahl 2020 hatten die Landwirte des Essener Südens mehrfach die Gelegenheit, mit Kandidaten verschiedener Parteien zu sprechen. In teils heftigen Diskussionen zeigte sich Thomas Leuchten meinungsstark und konnte seine Haltung auch mit Argumenten unterfüttern. Wer ihm zuhört, lernt vieles über Agrarsubventionen, über Rapsfelder oder über Blühstreifen, die Insekten Lebensraum bieten. Für fünf Jahre ist Leuchten verpflichtet, diese Blühstreifen in Ruhe zu lassen. Die Tiere werden es danken. Ja, und das gibt er offen zu, er bekommt auch eine Förderung dafür. Nicht gerade viel, aber immerhin.
Damit die Gesprächsbereitschaft von Seiten der Politik nicht etwa einschläft, luden die engagierten Heidhauser auf ihren Grund an der Straße In der Borbeck ein: „Man sollte sich ruhig mal öfter treffen. Zwischen Salat, Rotkohl, Zucchini und Kartoffeln lässt sich doch leichter über Blühstreifen, Ökolandbau und EU-Subventionen reden.“ Die Idee: Eine Saison lang nehmen die örtlichen Politiker einen eigenen Mini-Acker „unter‘n Pflug“. Drei der angeschriebenen Parteien nahmen den Ball auf und kümmern sich nun um je eine Parzelle. Bevor sie aber Spitzkohl, Zwiebeln, Fenchel, Lauch und vieles mehr von ihrer Einkaufsliste streichen können, ist Feldarbeit angesagt.
Stangenbohnen
Die Grünen versuchen es mit Stangenbohnen, für die als Rankhilfe lange Stäbe aufgestellt wurden. Die Bohnen bevorzugen einen warmen, sonnigen Platz und werden nach der Keimung rasch damit beginnen, sich an den Stützen hochzuwinden. Ludger Hicking-Göbels schmunzelt: „Ist symbolisch. Wir wollen dieses Jahr ja hoch hinaus.“ Fabian Griechen kann ein breites Grinsen nicht verstecken. Die Grünen haben Ambitionen, nicht nur hier auf dem Acker. Bohnen ranken als „Linkswinder“ immer gegen den Uhrzeigersinn nach oben. Könnte das ein politischer Hinweis sein?
Nebenan wird die CDU ihre nach Konrad Adenauer benannte Parzelle bewirtschaften. Ratsherr Yannick Lubisch ist zum umweltpolitischen Sprecher der CDU im Rat ernannt worden und zeigt sich bestens vertraut mit dem benötigten Gartengerät. Die Sozialdemokraten haben ihren Acker traditionsbewusst „Willy“ genannt und mit roten Begonien ein großes S P D in die Erde gepflanzt. Die „Ackerbeauftragten“ Benjamin Brenk und Heinz Schnetger buddeln selbstgezogene Zucchini ein und haben da direkt mal Fachfragen: „Wie weit auseinander sollen wir die setzen? Müssen wir sie jetzt noch angießen?“ Diese erste Frage beantwortet Thomas Leuchten, die zweite die heranziehende Gewitterwolke.
Ackerboden
Maria Werner muss unwillkürlich lächeln, wenn sie die Herren Volksvertreter derart eifrig bei der Arbeit sieht. Die Atmosphäre hier auf dem Heidhauser Acker wirkt bereits positiv, stellen die „Ackerhelden-Azubis“ fest. Demnächst, wenn die Tage länger werden, wenn die Temperaturen steigen, wird man sich wohl öfters auch mal „außerhalb der Geschäftsordnung“ zu einem Plausch treffen. Davor aber müssen die Gemüsebauern in spe noch „an die Schüppe“.
Wer ein kleines Fleckchen guten Ackerboden bewirtschaften, hegen und pflegen, dem Gemüse beim Wachsen zusehen und eine eigene Ernte einbringen möchte, der kann eine Parzelle mieten. In Essen bietet sich die Chance auf dem Oberschuirshof, auf dem Mittelhammshof, am Mechtenberg, auf dem Klosterberghof. Bei Bauer Leuchten kostet die Miete für ein vorbepflanztes Feld von 50 m² in der Saison 200 Euro, für 100 m² sind 350 Euro fällig. Weitere Infos sind unter 0176-23595556 oder unter thomas-leuchten@t-online.de zu erhalten. Es steht ein Container bereit mit Gartenutensilien und davor ein Wassertank. Dazu der nächste Tipp: „Gießen nur so viel wie nötig.“ Ackerboden kann das Wasser nämlich viel besser speichern als normale Gartenerde. Eine reiche Ernte, wohltuende körperliche Betätigung an der frischen Luft und gute Gespräche in netter Atmosphäre sind der Lohn der Mühen.
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.