Sachliche Diskussion und ein wenig Polemik
Moderation Grüne Harfe
Moderator Michael Happe verlor ein wenig seinen sonst so souveränen Gesprächsfaden und auch die beiden Lager zeigten sich unversöhnlich. Während Johannes P. Bergmann, Leiter der Grundstücksentwicklung von Thyssen-Krupp Real Estate, immer unverhohlener auf eine Beendigung der Moderationsphase und auf Einleitung eines Bauplanungsverfahrens drängt, bleibt die Bürgerinitiative hart. Ludger Hicking: „Ich verstehe, dass sie da werben, aber wir wollen gar nicht erst beim Bebauungsplan ankommen.“ Christoph Fleischer sah gar die Möglichkeit, dass der Rat das Thema mindestens fünf Jahre lang ruhen lasse. Als Bergmann dann betont gelassen bestehende Meinungsunterschiede konstatierte, platzte Bezirksvertreter Dr. Frank Roeser der Kragen: „Sie wollen unsere Heimat verschachern!“ Doch die Veranstaltung war insgesamt wie schon ihre Vorläufer von wohltuend zivilisierter Diskussion geprägt und konnte bis auf diesen polemischen Ausbruch immer auf der sachlichen Ebene bleiben. Sabine Hertel von der Uni Duisburg-Essen referierte über die Auswirkungen der verkehrsbedingten Luftschadstoffe in der höchst belasteten Brückstraße. Besonders die feinsten Partikel der Luft sind die Schlimmsten, kriechen überall in den Körper und machen die Menschen krank. Nach langen Zahlenkolonnen über Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen bis zur „kardiopulmonalen Mortalität“ stand fest: Schadstoffe aus Autos wie Ruß und Stickstoffdioxid können die Lebenserwartung erheblich senken. Andererseits wirken sich Maßnahmen, die die Schadstoffbelastung der Luft senken, sofort und nachhaltig positiv auf die Gesundheit aus. Direkt an einer so stark belasteten Straße sollte sich keiner lange aufhalten, schon gar nicht Kranke und Kinder. Dass aber gerade die Brückstraße Schulweg für unzählige Gymnasiasten ist, stimmte keinen der Anwesenden froh. Hier bekam Ludger Hicking von der Bürgerinitiative Szenenapplaus, als er ausrief: „Die Stadt sieht untätig zu, wie die Leute in der Brückstraße krank gemacht werden!“ Das stimme so nicht, relativierte Moderator Happe, im Moment liefen die Verhandlungen, ob das gesamte Ruhrgebiet, also auch Werden, zu einer großen Umweltzone ausgebaut werde. Da müssten besonders für die EVAG-Busse ganz neue Antriebe und nicht nur Schadstofffilter her, die zum Beispiel Kohlenmonoxyd nicht ausfiltern. Doch ob die errechneten 800 Autos mehr am Tag den Verkehr in Werden endgültig zum Stillstand bringen oder eher nur ein weiterer Tropfen im Blech-Meer sind, konnte nicht geklärt werden.
Quellen oder keine Quellen?
Wohl eher eine Definitionsfrage scheinen die Benennungen der beiden Wasserläufe zu sein, die von der grünen Harfe ausgehen. Zwar werde Grundwasser aus dem Boden gedrückt und trete dann in Bodensenkungen zu Tage, laufe einerseits Richtung Klemenspöttchen und andererseits ins „Küppers Büschken“, zum Rückhaltebecken an der Mintropstraße, die jüngste Überschwemmung an der Steinbeck zeigte schon, dass es auch temporär gewaltige Wassermassen werden können. Doch es sei halt „nur“ Regenwasser, keine Quelle aus tiefen Erdschichten.
Dr. Wolfgang Beckröge vom Regionalverband Ruhr referierte über die klimatischen Auswirkungen der möglichen Bebauung in Bezug auf Belüftung und Energiehaushalt und hielt fest, dass keine nennenswerte Auswirkungen auf den Werdener Stadtkern zu erwarten seien. Doch der Grad der Versiegelung und was die Teilnehmer darunter verstanden, trug zur Unruhe bei.
Spätestens hier verlor Dr. Best die Geduld: „Wir dürfen hier keine Sprachverwirrung begehen. Besiedelung ist etwas ganz anderes als Versiegelung, das muss man auseinander halten!“ Offen tat er zutage, der Unmut der Stadtplaner über die Laien, die hier Zahlen bunt durcheinander mixten. Dr. Beckröge hatte sich für das Heidhauser Stadtrandklima lockere Bebauung gewünscht, so um die 30 Prozent Versiegelung seien verträglich. Behutsame und maßvolle Verdichtung sei möglich, kein neues Haus solle über zwölf Meter hoch sein. Nun begann das muntere Rechnen, jeder ging wohl im Geiste seine Wohngegend durch. Michael Happe verließ seine unparteiische Funktion und wollte vorrechnen, wie viel nur übrig bliebe von den 8,5 Hektar Grüne Harfe unter diesen Bedingungen: „Da würde dann auf 1000 Quadratmetern eine Villa stehen, das ist doch wohl nicht geplant!“
Der nächste Termin steht fest: Am Donnerstag, den 17. März wird ab 19 Uhr über die Methoden und Ergebnisse des Gutachtens zum Bedarf an Ein- und Zweifamilienhäusern geredet, die Bürgerinitiative zweifelt nämlich die Gültigkeit dieser Zahlen an. Gutachter Martin Schauerte von Evonik Wohnen wird hier ebenso wie ein von Bürgern und Politikern eingeforderter zweiter Experte Rede und Antwort stehen. Bezirksvertreter Patrick Widmaier machte den Dissens klar: „Warum soll Herr Schauerte hier Fragen beantworten, die wir gar nicht gestellt haben?“
Auch kann dann Stadtplanungsamt die Ergebnisse der jüngsten Verkehrszählung vorlegen, die am Heidhauser Platz, Am Schwarzen und in der Brückstraße getätigt wurde.
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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