Plarent Kazani freut sich auf seine Aufgabe als Kulturbeauftragter des Bezirkes IX
Kultur wird Renaissance erleben

Plarent Kazani freut sich auf seine Aufgabe als Kulturbeauftragter des Bezirkes IX.
Foto: privat
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In einer kleinen Serie stellt der Stadtspiegel seinen Lesern die Beauftragten der Bezirksvertretung IX vor. Der Violinist Plarent Kazani kümmert sich um das kulturelle Leben im Essener Süden und hilft durch die Mühlen der Verwaltung.

Plarent Kazani wurde 1968 in der albanischen Hauptstadt Tirana geboren. Schon früh begann er mit Geigenunterricht. Doch die kommunistischen Diktatoren verfolgten die Familie seiner Mutter aus politischen Gründen, sodass ihm der Weg ins Musikstudium verwehrt war. Nach dem Abitur nahm er also privaten Unterricht, doch der Druck wurde immer größer. Nach zwei Jahren Militärdienst nahm Plarent Kazani sein Schicksal in die Hand und floh Anfang 1991. Nach sechs Monaten in Österreich ging er illegal über die Grenze: „Ich wollte nach Deutschland, um dort zu studieren. Ein Großonkel war deutscher Staatsangehöriger und lebte in Kaiserslautern.“

Eine Bauchentscheidung

Als Asylbewerber nahm der junge Albaner jede Arbeit an: bei McDonald’s, in einer Pizzeria, bei einem Wachdienst. Er lernte die deutsche Sprache und erlebte 1994 den entscheidenden Moment: „Der Polizeipräsident von Kaiserslautern hat mich aufgeklärt, dass ich zwei Möglichkeiten hätte. Weiterhin es als Asylbewerber zu versuchen. Jedoch mit schlechten Chancen, denn in Albanien war endlich die Wende gekommen. Oder aber zurück nach Tirana zu fliegen und dann ganz normal nach Deutschland einzureisen mit einem Studentenvisum.“ Mit einem versiegelten Brief für die Deutsche Botschaft in der Tasche. Für Plarent Kazani eine schwere, letztlich eine Bauchentscheidung. Er vertraute dem Mann: „Ich habe nicht einmal meine kleine Wohnung gekündigt.“ Der Polizeipräsident hielt Wort und der junge Musiker konnte sich über diesen Weg in Mainz zum Studium am Peter Cornelius Konservatorium und an der Johannes Gutenberg Universität einschreiben. Vier Jahre später hatte Plarent Kazani sein Orchesterdiplom als Geiger in der Tasche. Er bekam Engagements am Staatstheater Heidelberg und bei der Philharmonia Hungarica in Marl.

Doch dann betrieb die Regierung Schröder eine Auflösung des Orchesters und Plarent Kazani stand wie viele Leidensgenossen auf der Straße: „Es ist sehr schwierig, eine Stelle zu bekommen als Musiker.“ Also schloss er eine zweijährige kaufmännische Ausbildung ab: „2002 hatte ich dann das Glück, beim Regionalverband Ruhr in Essen zu landen. Da bin ich heute noch tätig, betreue den Kulturkalender und den Sitzungsdienst des Ruhrparlaments.“ Erst wohnte Kazani noch im Sauerland und pendelte: „Vor sechs Jahren sind wir nach Essen gezogen, weil Kinder kamen.“ Das Ruhrgebiet nahm ihn mit offenen Armen auf: „Im Sauerland war man freundlich, aber distanziert. Weltoffen ist anders. In Essen gehört man sofort dazu, das finde ich großartig. Hier spielt es keine Rolle, wo du herkommst.“

In Essen fand er schnell auch den passenden christdemokratischen Ortsverband: „Mitglied der CDU bin ich seit 1998. Für mich als einem in der Diktatur aufgewachsenen Menschen war Helmut Kohl ein Idol. Der Fall der Mauer, das hat mir imponiert.“ Und durch den RVR hatte sich eine Freundschaft zu Hanslothar Kranz entwickelt: „Da kam für mich nur der Ortsverband Werden in Frage. Natürlich auch durch die Folkwang-Universität der Künste.“ Die CDU sei seine politische Heimat, denn man müsse sich einbringen: „Es fallen doch keine Politiker vom Himmel. In Deutschland hat jeder die Chance, sich zu engagieren.“

Wichtige Aufgabe

So ist für ihn seine neue Position als Kulturbeauftragten des Bezirkes IX eine ideale Möglichkeit, dieses Engagement zu leben: „Ich bin sehr glücklich über diese Aufgabe und auch stolz darüber, dass ich einstimmig gewählt wurde.“ Eine wichtige Aufgabe, gerade in heutiger Zeit: „Keine andere Branche ist härter betroffen durch Corona als die der Künstler. Die Einnahmen durch Auftritte fallen komplett weg. Da möchte die Bezirksvertretung helfen, auch wenn es nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Wir möchten Projekte unterstützen nicht nur einzelner Künstler, sondern auch der Vereine. Es ist einmalig in der Welt, dass man sich in Deutschland in kleinen Orchestern oder Chören engagiert. Das Kultur- und Vereinsleben ist ein wesentlicher Bestandteil unseres sozialen Miteinanders. Das fällt aber alles weg zurzeit.“

Er stehe gerade erst am Anfang: „Ich sehe mich als ein Vermittler, als ein kleiner Kulturmanager. Ich möchte in diesen schwierigen Zeiten so viel wie möglich helfen. Den Weg ebnen zu möglichen Fördertöpfen. Die Entscheidungen treffe aber nicht ich, sondern die BV. Von der Bezirksbürgermeisterin Gabriele Kipphardt bekomme ich starke Unterstützung.“ Ein Problem gibt es zurzeit aber doch: „Wir wären froh, wenn wir unsere Gelder auch ausschöpfen könnten. Aber es passiert nicht viel zurzeit. Die Künstler versuchen, sich über Wasser zu halten. Einige weichen aufs Internet aus, auf Formate wie youtube-Kanäle.“ Er habe zwar innig gehofft, ab Sommer so etwas wie Normalität zu erleben: „Doch so schnell wird das nicht kommen. Das haben wir nicht in der Hand.“ Auch seine Engagements als Musiker sind betroffen: „Mit dem Collegium instrumentale Bochum wollten wir in auftreten in der Leipziger Thomaskirche. Aber es gibt keine Proben, keine Konzerte.“

Kulturprogrammkonferenz

Die konkreten Projekte der Förderung bezirklicher Kultur werden durch die mit Bezirksvertretern besetzte Kulturprogrammkonferenz empfohlen und von der BV IX beschlossen. Als Zuschuss werden maximal 25 Prozent der Gesamtkosten gewährt, die Höchstsumme pro Veranstaltung beträgt 500 Euro. Die Förderung für Veranstaltungsreihen beläuft sich auf maximal 800 Euro im Kalenderjahr. Am Dienstag, 6. April, tagt die Kulturprogrammkonferenz in digitaler Form. Anträge auf Förderung müssen bis zum 26. März beim Kulturamt Essen eingegangen sein. Nähere Informationen und entsprechende Downloads sind unter www.kulturamt.essen zu erhalten. Das Amt prüft die Anträge und gibt sie an Kazani weiter. Doch nichts ist verloren, wenn der Termin jetzt zu knapp wird, denn es wird eine weitere Konferenz im August geben.

Plarent Kazani hilft bei Fragen und der Stellung von Anträgen, ist unter kazani@rvr.ruhr oder 0176-24075050 zu erreichen: „Ich kenne die Mühlen der Verwaltung und kann Künstlern da durch helfen. Wenden Sie sich an mich. Keine Scheu.“ Der Mann ist Optimist: „Die Zeit nach Corona wird kommen früher oder später. Dann wird Kultur eine Renaissance erleben. Darauf freuen wir uns doch alle.“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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