Als Hanslothar Kranz 1975 erstmals zum Bezirksvorsteher gewählt wurde
In bester Erinnerung
Bitter kalt war es an diesem 3. Juni 1975. Die mittlere Tagestemperatur wurde mit sechs Grad angegeben. Dazu kamen noch kräftige Regengüsse. Doch Hanslothar Kranz hat den Tag in bester Erinnerung.
Vor 45 Jahren fand im Kettwiger Rathaus nämlich die erste Sitzung der Bezirksvertretung IX statt. Zum Bezirk gehören die Stadtteile Bredeney, Fischlaken, Heidhausen, Kettwig, Schuir und Werden. Inzwischen wohnen hier 51.545 Menschen. Der Vorsitzende und damit gleichzeitig Repräsentant des Stadtbezirks hieß damals Bezirksvorsteher. Später wurde das Amt in das des Bezirksbürgermeisters umbenannt.
Konstituierende Sitzung
Hanslothar Kranz erinnert sich: Zahlreiche Zuschauer nahmen an der ersten Sitzung teil, einer sogar mit Fernglas, um alles ganz genau sehen zu können. Auf der konstituierenden Sitzung wurde der damals 40-jährige Kranz vom Altersvorsitzenden Willi Heckel in sein Amt eingeführt. Über diesen „Alterspräsidenten“ wurde doch ein wenig geschmunzelt: der Kettwiger SPD-Mann war zu diesem Zeitpunkt mit seinen gerade einmal 50 Jahren wirklich der Älteste im Bunde. Kranz war mit satten 93 Prozent Zustimmung gewählt worden, allerdings waren drei der 17 Stimmzettel ungültig gemacht worden. Zum Stellvertreter wählte die BV den Bredeneyer Sozialdemokraten Will Rehm. Hanslothar Kranz war von 1963 an Vorsitzender des Werdener Bürgerausschusses gewesen, dort hatte ihn der spätere OB Horst Katzor ins Amt eingeführt. Apropos späterer OB: Fraktionsführer der CDU in dieser ersten BV IX war kein Geringerer als der damals 31-jährige Wolfgang Reiniger, der später zehn Jahre lang Oberbürgermeister der Stadt Essen war. Auch Paul Hoffacker saß damals in der Bezirksvertretung. Ein Jahr später zog Hoffacker als Abgeordneter in den Deutschen Bundestag ein. Der aktuelle Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer war auch fünf Jahre lang Mitglied der Bezirksvertretung IX.
Glänzende Augen
Bürgermeisterin Berta Möller-Dostali gab in ihrer Begrüßungsrede der Hoffnung Ausdruck, dass die BV IX die fruchtbare Arbeit der Bürgerausschüsse mit dem Rat fortsetzen werde. Noch heute bekommt Hanslothar Kranz glänzende Augen. Dass nämlich ausgerechnet diese Sozialdemokratin sprach an seinem großen Tag, freute den Christdemokraten Kranz ganz besonders. Immer hielt er große Stücke auf diese beliebte Kommunalpolitikerin, die sich engagiert und zielstrebig für die Interessen hilfsbedürftiger Randgruppen der Gesellschaft einsetzte. Kranz war damals selbst Ratsmitglied und in dieser Position ein Unikum. Alle anderen Bezirksvorsteher wurden nämlich von der SPD gestellt, und die ließ aufgrund eines Parteitagsbeschlusses keine Doppelmandate zu. In seiner Antrittsrede bat Hanslothar Kranz den Rat, die Bezirksvertretungen über einen breiten Raum von Rechten verfügen zu lassen. Die neue Verwaltungsstelle sei so auszustatten, dass die Bürger ihre Anliegen „vor Ort“ erledigen könnten. Eins war Kranz besonders wichtig: „Der Stadtteil Kettwig darf nicht bloß als Verlängerung der Meisenburg- und Ruhrtalstraße angesehen werden.“ Da war die Eingemeindung erst ein halbes Jahr her und Kettwig „nur noch“ ein Essener Stadtteil. Sogar Verfassungsklage war gegen die Eingemeindung eingelegt worden. Bredeney und Schuir gehörten seit 1915 zu Essen, Werden, Heidhausen und Fischlaken waren 1929 unter Protesten eingemeindet worden.
Übrigens: Nur wenige Tage nach der Wahl lud Carmen Thomas ein zur Diskussion. Ihr „Hallo Ü-Wagen“ stand in Kettwig neben der Marktkirche und die beliebte Radioreporterin diskutierte mit Heimatverein, Fachleuten und Bürgern über Denkmalschutz für die Altstadt. Lang ist's her.
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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