Ludger Hicking-Göbels möchte einen Abschnitt des originalen Leinpfades freilegen
Historisches Pflaster
Am Leinpfad in Werden soll eine „Ansichtsfläche“ angelegt werden aus altem Kopfsteinpflaster. Die Genehmigungen dazu sind weitgehend eingeholt. Doch der 1. Stellvertretende Bezirksbürgermeister Ludger Hicking-Göbels sagt: „So einen Fake brauchen wir eigentlich gar nicht. Wir haben doch das originale Pflaster.“
Um 1780 erfolgte die Schiffbarmachung der Ruhr, da ein Transport der in den Ruhrzechen geförderten Kohle auf dem Wasserweg deutlich preisgünstiger war. Der sogenannte „Leinpfad“ diente als Weg für die Arbeitspferde, die Transportboote stromaufwärts „treideln". Das Zugseil war mit der Mastspitze dieser „Ruhraaken“ verbunden. Ruhrabwärts und beladen trieben die Kähne mit Strömung und Wind. Die Werdener Papiermühlenschleuse war 1778 unter Abt Johannes Hellersberg erbaut worden. Im Jahr 1834 wurde sie am anderen Ufer durch eine neue Schleuse ersetzt, die bis 1950 betrieben und 1987 unter Denkmalschutz gestellt wurde.
Punktabzug
Die Bezirksvertretung hatte im Januar 2018 die Asphaltierung des Bodendenkmals in Höhe der Papiermühlenschleuse gerügt. Die Lokalpolitiker konnten das Vorgehen der Behörden absolut nicht nachvollziehen. Der an dieser Stelle stark genutzte Ruhrtalradweg wurde bei der Zertifizierung durch den ADFC stets mit vier Sternen ausgezeichnet. Ein radtouristisch sehr wichtiger Qualitätsstandard. Doch zwei Essener Abschnitte des Radweges wurden mit Punktabzügen bestraft. Gravierende Mängel seien die Kopfsteinpflaster im Bereich des Holteyer Hafens und der Papiermühlenschleuse. Mit dem Fahrrad kaum zu befahren und daher als „Schiebestrecken“ heruntergestuft.
Daraufhin wurde das historische Pflaster des Leinpfades vor den Blicken verborgen. Zwar weist noch eine Hinweistafel darauf hin, doch das Bodendenkmal selbst ist unter dickem Geoflies und einer Asphaltschicht verschwunden. Die Obere Denkmalbehörde hatte dafür eine Erlaubnis erteilt, die BV war aber gelinde gesagt entsetzt. Also bracht Grün und Gruga einen Lösungsvorschlag vor: Man könne neben dem Leinpfad authentisches Pflastermaterial aus der Baumaßnahme Kampmannbrücke verlegen, sozusagen zur Ansicht.
Kasperletheater
Ludger Hicking-Göbels hat nichts dagegen. Es müsse aber deutlich gemacht werden, dass es sich hier nur um „Fake“ handele: „Eine Art Kasperletheater. Uns wird etwas vorgemacht.“ Zumindest ergänzend schlägt der Werdener daher vor, das originale Kopfsteinpflaster an anderer Stelle sichtbar zu machen. Im weiteren Verlauf hinter der Gaststätte „Zwölf Apostel“ liegt etwas unterhalb des Radweges der alte historische Leinpfad, allerdings komplett zugewachsen: „Diesen Bereich könnte man aufarbeiten und für Fußgänger zugänglich machen. An dieser Stelle hätte man dann ein Bodendenkmal, das im Gegensatz zu der Pflasterung an der alten Schleuse wirklich das Originalpflaster zeigt, und der Radweg wäre nicht beeinträchtigt.“
Ein Zugewinn
Der Grüne möchte die gut 100 Meter lange Strecke im historischen Zustand für Spaziergänger öffnen. Sein Gedanke: „Auf diese Art und Weise könnten wir diesen Aspekt der industriellen Revolution des Ruhrgebietes erlebbar machen.“ Den Aufwand hält Hicking-Göbels für überschaubar und stochert vorsichtig mit der Spitze seines Regenschirms im Boden: „Hier findet sich das Pflaster schon in etwa 12 bis 15 Zentimetern Tiefe.“ Diese Wegstrecke könne man durch gepflasterte Anschlüsse mit dem höher gelegenen asphaltierten Weg verbinden. Sorgen um Beschädigungen macht er sich nicht: „Das Pflaster hat bis zu eine Tonne schwere Kaltblüter mit eisenbeschlagenen Hufen ausgehalten.“ Der Bezirkspolitiker ist auch Mitglied im Werdener Heimat- und Bürgerverein: „Ein mit Augen und Füßen erlebbarer Treidelpfad wäre ein wirklicher Zugewinn für Werden.“
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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