Der NABU möchte Brutstandort der seltenen Vögel erhalten
Den Uhu schützen

Vor zehn Jahren entdeckte Rainer Soest den ersten Uhu im Heidhauser Steinbruch. 
Foto: Soest
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  • Vor zehn Jahren entdeckte Rainer Soest den ersten Uhu im Heidhauser Steinbruch.
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Naturschützer schlagen Alarm. Ihnen ist zu Ohren gekommen, dass an der Laupendahler Landstraße in Heidhausen ein alter Steinbruch zukünftig durch den Deutschen Alpenverein (DAV) als Kletterwand genutzt werden soll. Das würde den ansässigen Uhu vertreiben.

Das Gelände gehört bisher dem Ruhrverband und soll nun verkauft werden. Hier war das Zwischenlager der ehemaligen Kläranlage, die 2005 geschlossen wurde. Der Steinbruch wurde vom Ruhrverband zurückgebaut und die giftigen Schlämme entsorgt. Die Silos zum Trocknen des Klärschlamms wurden abgerissen. Seitdem herrscht Stille im Steinbruch. Nicht ganz, sagt Rainer Soest vom NABU Ruhr: „Wie oft habe ich abends hier gestanden und den Balz-Ruf des Uhus vernommen.“ Vor rund zehn Jahren entdeckte Soest den dämmerungsaktiven Jäger, eine besonders streng geschützte Vogelart: „Ich war überrascht und erfreut.“ Seitdem betreut er mit der AG Eulen den Steinbruch als Naturschutzwächter.

Standorttreue Uhus

Im Namen des NABU Ruhr und der Stadt Essen werden Pflegemaßnahmen vorgenommen. Sie sollen verhindern, dass die steilen Felswände zuwachsen. Uhus bauen nämlich keine Nester, sondern legen ihre Eier in Felsnischen und Höhlen. Im Februar beginnen sie zu brüten, im Oktober beginnt die Herbst-Balz und die Jungvögel werden vertrieben. Nach den Beobachtungen der Naturschützer hat das standorttreue Uhupaar hier jährlich ein bis vier Jungvögel großgezogen, die sich dann in der Umgebung ausbreiten. So schätzt der NABU, dass es in Essen mittlerweile bis zu fünf Brutreviere des Uhus gebe, wobei der Standort in Heidhausen der älteste sei.

Trotz absoluten Betretungsverbotes des eingezäunten Areals werde die Idylle gestört, sagt Soest: „Immer wieder haben wir Wildkletterer erwischt, dabei ist es höchst gefährlich, sich hier aufzuhalten. Steine und Felsbrocken könnten sich lösen.“ Und Dr. Frauke Krüger ergänzt: „Es gibt noch eine andere Gefahr.“ Die 1. Vorsitzende des NABU Ruhr weiß: „Der Uhu ist ein durchaus wehrhaftes Tier. Und in der Brutzeit gestört, wird er sich wehren.“ Uhus kommen mit ihren langen, kräftigen Krallen sogar durch das Stachelkleid eines Igels. Mit einer Größe von bis zu 70 Zentimetern ist der Uhu die größte Eule weltweit, das Weibchen wird deutlich größer und schwerer als das Männchen. In freier Natur können Uhus 25 Jahre alt werden. Nach fast vollständiger Ausrottung durch Verfolgung und Abschuss breitet sich der Uhu durch Wiederansiedlungsprogramme wieder aus in Deutschland, nun auch an der Ruhr. Rainer Soest klingt schon ein wenig stolz: „Wir sprechen hier von dem ersten Essener Uhu-Revier seit 100 Jahren.“

Presse eingeschaltet

Seit 2019 steht das Gelände an der Laupendahler Landstraße zum Verkauf, nun bekam der NABU vom Ruhrverband die Information, dass der Kaufvertrag kurz vor der Unterzeichnung stehe. Sehr verwunderlich findet Frauke Krüger, dass es zuvor keinen Runden Tisch aller Beteiligten gegeben habe. Der NABU hätte sich gewünscht, dass er seine Argumente dort hätte vortragen können. In der Not wandte man sich an den 1. Stellvertretenden Bezirksbürgermeister Ludger Hicking-Göbels (Grüne) und schaltete die Presse ein: „Wir fürchten um den Fortbestand der größten Eulenart Essens. Wir fordern die Verwaltung daher auf, dieses wertvolle Stück Stadtnatur unter Schutz zu stellen, statt es für artenschutzwidrige Freizeitaktivitäten frei zu geben.“

Es gibt Alternativen. In der Region finden sich die Kletterreviere „Isenberg“ und „Bochumer Bruch“. Dort in Wülfrath ist das Gelände während der Uhu-Brut und der Aufzucht der Jungtiere vor Einbruch der Dämmerung zu verlassen. Je nach Brutplatzwahl erfolgt von Februar bis Juli eine Teilsperrung des Steinbruchs. Doch Rainer Soest erklärt: „Das dortige Areal ist auch siebenmal größer als das hiesige. Dort kann der Uhu sich zurückziehen, hier haben wir nur drei Hektar.“ Nachhaltig schützen
Frauke Krüger resümiert: „Wir sehen hier keine Möglichkeit, Artenschutz und Klettern zu kombinieren. Dafür ist das Gelände zu klein.“ Uhus benötigen einen Schutzbereich von mindestens hundert Metern rund um ihre Brutnische, nisten aber von Jahr zu Jahr an verschiedenen Stellen.

Lebensräume erhalten

In einer Stellungnahme an die Untere Naturschutzbehörde bittet der NABU Ruhr die Stadtverwaltung, ihre Position zu überdenken, um den nachhaltigen Schutz des Uhus in Essen sicher zu stellen. Kampflos werde man den Standort nicht aufgeben. Es gelte das Störungsverbot nach Paragraf 44 des Bundesnaturschutzgesetzes. Im Zweifelsfall werde der NABU also eine Klage in Erwägung ziehen.
Auch Bezirkspolitiker Ludger Hicking-Göbels gibt sich kompromisslos: „Die Stadt Essen hat hier eine besondere Verantwortung. Wir haben einen Dringlichkeitsantrag für die BV gestellt und darin die Ausweisung des Geländes als geschützter Landschaftsbestandteil gefordert. Zum Schutz des Uhus muss ein Klettern im Steinbruch ganzjährig ausgeschlossen werden und nicht nur in der eigentlichen Brutzeit. Wir müssen Lebensräume erhalten. Der Steinbruch soll daher von der Stadt angekauft werden.“ Rainer Soest würde diese Lösung freuen: „Der NABU würde natürlich weiterhin die Pflege übernehmen.“ Hicking-Göbels betont, dass die Grünen in der BV IX grundsätzlich die Bemühungen des DAV begrüßen, sich für Naturschutz und Umweltbildung einzusetzen: „Um zu einem dauerhaft tragfähigen Ausgleich zu kommen, erscheinen allerdings Einzelverhandlungen um einzelne Fels-Areale wenig zielführend. Ziel sollte eine Kletterkonzeption für die ganze Stadt Essen sein, besser noch für das gesamte Ruhrgebiet.“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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