Gut gelaunter Tag der offenen Tür(en) in der Jona WoGe für Menschen mit Handicap
Selbstbestimmt leben in der Gemeinschaft
Die Bewohner warteten schon an der offenen Tür. Ziemlich aufgeregt und voller gespannter Erwartung, wer und was da auf sie zukommen würde.
Mit Stolz präsentierten die zehn Menschen der Jona-Wohngemeinschaft den vielen Besuchern ihr Haus. Ein Haus, welches an exponierter Stelle mittendrin gebaut wurde. Nicht irgendwo versteckt. Nein, direkt am Schwarzen, auf dem Kirchplatz der Jonagemeinde. Das eigenwillig-schnittige Gebäude mutet einem Schiffsbug gleich und schirmt selbstbewusst die Fläche der Jonakirche zur Bundesstraße hin ab. So ist ein intimerer Rahmen ermöglicht, der einst etwas verlorene Vorplatz hat eindeutig dazu gewonnen. Aber nicht nur architektonisch profitierte das Umfeld, auch auf anderem Gebiet gewann die Gemeinde hinzu: Zehn liebenswerte Menschen zwischen 25 und 42 Jahren bevölkern die Jona-WoGe. Diese sechs Frauen und vier Männer leben in ihren eigenen Wohnungen innerhalb einer Hausgemeinschaft. Sie haben Beeinträchtigungen, geistige und manchmal auch körperliche Behinderungen. Im Mai 2010 sind sie eingezogen. Im Mai 2016 hat die Lebenshilfe Essen die Betreuung der zehn jungen Menschen in der Jona Wohngemeinschaft übernommen. Wer hier wohnt, ist selbstständig, wenn auch mit Hilfe, wo sie nötig ist. Immer, wenn jemand im Haus ist, ist Betreuung da - auch in der Nacht.
Dicke Bretter waren zu bohren
Nun bot sich im Rahmen eines Tages der offenen Tür(en) die Möglichkeit, ganz unbefangen herumzustöbern. Was sofort auffällt: Die Zimmer sind individuell zugeschnitten, bei aller Funktionalität mit viel persönlichem Flair versehen. Der Elternverein „Projekt Eigenständiges Wohnen“, kurz PEW, präsentiert nicht ohne gerührten Stolz das gemeinsam Erreichte. Denn bevor die WoGe Realität wurde, gab es einige dicke Bretter zu bohren. So formuliert es Vereinsvorstand Wolfgang Reifenberg: „Von der ersten Idee bis zum Einzug sind fast 15 Jahre vergangen. Unser Wunsch war es, unseren Kindern eigenständiges Wohnen zu ermöglichen, mit möglichst wohnortnahem Arbeiten. Da konnten und wollten wir nicht auf andere warten, sondern haben selbst losgelegt. “ Seine Tochter Melanie zum Beispiel ist seit 2010 mit von der Partie, fühlt sich sehr wohl am Schwarzen und arbeitet im Jona-Familienzentrum. Das sind 200 Meter Fußweg bis zur Arbeitsstätte. Zwei weitere Bewohnerinnen der WoGe sind dort ihre Kolleginnen. Die anderen arbeiten weiter weg. Der 2. Vorsitzende Ulrich Bohnen führt mit Feuereifer durchs Haus: Da sind auf mehreren Etagen lichte Zimmer zu bestaunen, die sich jeweils eine gemeinsame Pantryküche teilen.
Eine eigene Zeitung
Ein interessantes Projekt ist die eigene Bewohner-Zeitung. Die angehende Heilpädagogin Vanessa Einecker hat sich mit den Bewohnern zusammengesetzt und lokale Blätter studiert: „Was findet man so alles in der Zeitung? Wie ist der Aufbau? Dann haben die Bewohner eigene Berichte geschrieben und sich gegenseitig interviewt.“ Ein Besuch im Fußballstadion, Bewohner Andre ist glühender RWE-Fan. Kegeln im Hespertal, die Olé-Party auf Schalke oder die Weihnachtsfeier: man hat so einiges erlebt. Persönliches erfährt man in den Interviews: „Wie lange wohnst Du schon hier? Lieblingsessen? Fährst Du gerne Fahrrad? Wo arbeitest Du und was machst du da genau?“ Pfarrer Klaus Baltes lächelt: „Es dauerte ja lange, bis das Haus stand. Aber es hat sich gelohnt und eine Groß-WG ist entstanden. Jeder hat sein eigenes Appartement. Doch vieles ist zusammen möglich: angefangen von gegenseitiger Unterstützung bis hin zum Kochen und Pizzabacken im Gemeinschaftsraum.“ Das Inklusive steht im Vordergrund: „Die WoGe richtet auch schon mal einen Tee-Sonntag nach dem Gottesdienst aus, wo es im Saal Kaffee, Tee und Plätzchen gibt. Sie ist voll in die Gemeinde integriert.“
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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