Evangelische Gemeinde Werden feiert ihre 120-jährige Kirche
Gottes Haus

Familiengottesdienst mit Pfarrer Oliver Ruoß im Park der evangelischen Kirche Werden.
Foto: Henschke
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Die Jubilarin spendet Schatten. Schon seit 120 Jahren schützt der rote Backsteinbau an der Heckstraße vor mittäglicher Hitze und knalliger Sonne.

Das ist auch gut so, denn beim Familiengottesdienst mit Pfarrer Oliver Ruoß und Team im Park der evangelischen Kirche geht es durchaus sportlich zu. Eigentlich war zu Ehren der 120-jährigen Schönheit ein fröhliches Sommerfest geplant. Doch in diesen besonderen Zeiten muss alles ein wenig anders sein. Draußen auf der Wiese haben es sich junge Familien mit ihren Picknickdecken gemütlich gemacht, drum herum stehen ausreichend Stühle für die älteren Gemeindemitglieder bereit.

Einweihungsfeier

Wie mag es wohl zugegangen sein, als am 24. Juni 1900 Einweihung gefeiert wurde? Wir wissen, dass Pfarrer Geibel den Festzug die Heckstraße entlang zur neuen Kirche führte. Mit einer feierlichen Schlüsselübergabe nahm die aufblühende Evangelische Kirchengemeinde Werden unter Teilnahme vieler Honoratioren und Geistlicher stolz ihr neues Gotteshaus in Besitz. Der Bau war entstanden aus Spenden der evangelischen Tuchmacherfamilien Feulgen, Forstmann, Huffmann und Teschemacher. Eine weitere Familie beteiligte sich mit großem Engagement: Für die Krupps war es nämlich „ihre“ Kirche. Ob man’s glaubt oder nicht, die Villa Hügel gehört heute noch zur Werdener Kirchengemeinde. Regierungsbaumeister August Senz ging beim Bau der Kirche höchst einfühlsam vor, indem er sie weitestgehend auf die Abteikirche abstimmte. So sind beide Türme gleich hoch und die Glocken wurden in ihrem Klang angepasst.

Speisung der Fünftausend

Schlimme Zeiten hat das Gotteshaus in Kriegs- und Nazizeiten erlebt. Besondere Zeiten erleben wir jetzt. Da leider gemeinsames Singen noch nicht wieder möglich ist, stimmt Kantorin Sabine Juchem „Gottes Liebe ist wie die Sonne“ an und die Gemeinde gestikuliert dazu. Nicht nur die Kleinsten haben ihren Spaß, auch über 80-Jährige wie Prof. Christian Streffer mischen eifrig mit. Bei „Laurentia, liebe Laurentia“ gehen alle sportlich in die Hocke. Pfarrer Oliver Ruoß blickt auf die vielen Besucher und freut sich: „Wie schön, dass wir beisammen sind. Wie groß war die Sehnsucht nach Begegnungen in den vergangenen Monaten.“ Ruoß fühlt sich gar an die Speisung der Fünftausend erinnert. Erstaunliche Selbstreflektion eines Pfarrers mit Humor: „Wer denkt, dass ich zu lange predige, der hätte mal bei Jesus dabei sein sollen.“ Dieser Jesus sagte „Habt Vertrauen“ und speiste 5.000 Menschen mit fünf Broten und zwei Fischen. Ähnlich symbolhaft geht es in Werden zu: Für eine kurze Pause werden zur Stärkung Brottüten verteilt. Und da Gott ein guter Hirte ist, dürfen die Kinder Schafe basteln aus Papier und Wolle. Fröhlich klingt dieser zu Herzen gehende Gottesdienst aus.

Film zu Orgelklang

Drinnen in der Kirche empfängt Clemens Clasen die Neugierigen. Der Filmemacher war mit Conrad Schlimm tief ins Archiv getaucht. Als früherer Bau-Kirchmeister ist Schlimm dem Sakralbau innig verbunden. Die beiden haben so manches Schätzchen entdeckt: alte Zeichnungen und Fotos, höchst interessante Informationen, auch über zwischenzeitliche Sanierungsmaßnahmen. Na? Wie viele Engelsköpfe sind wohl in der ganzen Kirche verstreut? Clemens Clasen ist mit Conrad Schlimm hoch ins Glockengestühl geklettert und zeigt nun Einblicke, die man sonst nicht hat. In der 25-minütigen Dokumentation sind auch atemberaubende Drohnenaufnahmen des Gebäudes eingestreut. Doch vertraut der Film eher den ruhigen Bildern, passend untermalt mit Tönen der berühmten Walcker-Orgel, die in diesem Herbst aufwendig saniert werden soll. Aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes kommen 50.000 Euro, auch die Stiftung Orgelklang stellt Gelder zur Verfügung. Noch ist die nötige Gesamtsumme nicht ganz erreicht. Wer möchte, kann also dem Geburtstagskind mit einer Spende zur Instandsetzung der Orgel ein Geschenk machen.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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