Sind wir nicht alle ein bisschen "Schlickmann"?
Ein bisschen von Klaus Schlickmann steckt wohl in jedem von uns. Denn: Wer kennt nicht Situationen, in denen man eine Chance verpasst? Bei Lehrer Klaus Schlickmann aber häufen sich diese Situationen. Nein! Sein Leben läuft irgendwie an ihm vorbei.
Von Klaus Schlickmann erzählen die „HörBehren“ Eigentlich ist „Schlickmann!“ ein Hörspiel, das auch mit vielen Sprechern aufgenommen wurde. Doch live ist Autor Markus Behr mit seinen Schauspielkollegen auf Tour und zeigt auf zahlreichen Bühnen ein Live-Hörspiel - so auch kürzlich in der Studio-Bühne Essen. Das heißt, es wird zwar vorgelesen, aber ein bisschen schauspielern die „Behren“ auch - Requisiten liegen griffbereit. Und die nutzen die Sprecher. Zum Beispiel Henrik Stan, der den abgezockten „Talentscout“ mit Zigarre mimt und gleichzeitig auch in die Rolle von Schlickmanns Lehrerkollegen schlüpft und dabei zeigt, dass auch zahlreiche sprachliche Variationen zu seinem Sprachschatz gehören.
Keiner wechselt so schön wie Stan zwischen „Sozialarbeiter-Betroffenheitston“ und Norddeutsch, und keiner schnurrt so schön wie Sandra Albert, die u.a. als Internet-Flirt Furore in Schlickmanns Alltag bringt und dem verzweifelten Jungautor - Erstlingswerk: McBethDonald‘s - stets als Katze Audrey zur Seite steht. Sie besticht vor allem durch ihre Mimik und hält das Publikum ein bisschen vom Kopfkino-Moment ab. Denn ein reines Hörspiel möchte man dann doch nicht erleben, weil am langen Tisch, wo die fünf Aktiven Platz genommen haben und agieren, doch allzu viel passiert.
Markus Behr gelingt ebenfalls fulminant der Wechsel zwischen den zahlreichen Rollen. Er wechselt in Windeseile vom seriösen Erzähler, der uns mitteilt, wo Schlickmann gerade ist und damit doch wieder das Kopfkino in Gang setzt, zum rotzigen Schuljungen, der überlegt, sich für die Projektgruppe „Rebellion und Rock ‚n Roll“ anzumelden.
Rock - genauer die Rolling Stones und ihr Welt-Hit „Satisfaction“ ziehen sich auch wie ein roter Faden durchs Stück. Am Ende ist dies sogar der Inhalt für Schlickmanns letzte Prüfungsstunde, um endlich Beamter auf Lebenszeit zu werden. Aber will er das überhaupt? Eigentlich möchte er schreiben, vom Schreiben leben und natürlich eine Frau finden. Da kann ihm vielleicht der Internetdienst „Duett im Net“ helfen. Aber wen Schlickmann da alles kennenlernt...!
Die Welt des frustrierten Pädagogen ist voller Missgeschicke. So pinkelt ihm Katze Audrey schon zu Beginn auf den Stapel der Klassenarbeiten. Und sein Alltag ist eben auch geprägt von verpassten Chancen. Denn es ist nicht so, dass das verkannte Schreibtalent keine Damen trifft. Viele davon werden von Kristina Rickal gesprochen, die vor allem als Geburtstagsgast und Referendarin überzeugen kann und nicht zuletzt mit ihrer Darstellung der Sekretärin eines Buchverlegers in herrlichem Switzerdütsch die Sympathien des Publikums gewinnt. Gero Hufendieck gibt Schlickmann und das ganz brillant. In der rund 90-minütigen Performance durchlebt er scheinbar selbst die Situationen. Denn sein Schlickmann ist authentisch und äußerst liebenswert. Ein Charakter, mit dem man von der ersten Szene an mitleidet.
Die HörBehren boten einen HörGenuss der Extraklasse. Tolles Hörspiel, tolle Sprecher und ein grandioser Abend, der gerne wiederholt werden darf. Zu erleben ist das Live-Hörspiel übrigens schon im Mai wieder. Dann in der „Rü-Bühne“, Girardetstraße 2-38, am 14. Mai um 20 Uhr. Karten-Tel.: 38 46 766.
Autor:Mareike Schulz aus Essen-Steele |
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