Menschen zwischen Himmel und Erde
OB Thomas Kufen eröffnet fulminante Ausstellung von Flüchtlingskunst bei kunstwerden
Im Verein „Werden hilft“ organisierte Kunstfreunde hatten die ihnen anvertrauten Flüchtlinge im Zeltdorf am Volkswald, später auch in der LVR-Klinik, mit Kunst konfrontiert.
In den Räumen von Kunstwerden an der Ruhrtalstraße eröffnete nun eine beeindruckende Ausstellung „KUNST…unterwegs“ mit farbenfrohen Bildern, aber auch düsteren Momenten. Da sind die schönen Landschaften der verlorenen Heimat zu sehen. Da ist aber auch der Krieg. Zerrissene Gefühlswelten. Mit erstaunlicher Kraft spiegeln sich Hoffnung und Verzweiflung der Geflüchteten wider. Doch hier wird nicht „nur“ eine Ausstellung präsentiert, hier geht es um Begegnung. Was gehört dazu? Sicherlich die Kunst an den Wänden, aber auch Essen, Musik, gute Gespräche. Erstaunlich gut beherrschen gerade die jungen Flüchtlinge schon unsere Sprache. Um eine Ausbildung geht es ihnen, sie möchten ihren Platz finden in der neuen Heimat.
Leckereien aus 1001 Nacht
Das im Garten aufgebaute prachtvolle Büffet mit orientalischen Genüssen wird vorm prasselnden Regen notdürftig mit einer improvisieren Zeltstadt geschützt. Es tröpfelt in den Nacken, doch die Leckereien entschädigen dafür. Die Kochgruppe und ihre Schützlinge haben zwar nicht 1001 Nacht, aber immerhin eine ganze Woche lang vorbereitet. Tapfer probieren die Werdener alles aus, was da so liebevoll angerichtet vor ihnen prangt. Erst kommen bange Fragen wie „Was ist denn da drin?“, die sich bald in anerkennendes Zungenschnalzen verwandeln: „Lecker!“ Auf der Bühne zaubert Fariz auf der Gitarre. In Aserbaidschan leitete er eine Musikschule. Vor lauter Bürokratie kam er überhaupt nicht mehr zum Musizieren, erst nach seiner Flucht griff Fariz wieder zu seinem Instrument. Nun wohnt er in Fischlaken, fand dort zur Ruhe. Seinem Spiel merkt man dies an. Es folgt Dame aus Mazedonien, der in Werden schon ein bisschen bekannt ist. So spielte er bereits im Biergarten am Ruhrufer auf, Wirt Mali Sirin hatte ihn eingeladen. Dame interpretiert bekannte Songs stimmgewaltig und emotional.
„Ich fühle mich geborgen“
Der syrische Künstler Sami Alsharif steuert gleich 14 Bilder zur Ausstellung bei. Titel wie „Emotionen zwischen Erde und Himmel“ deuten an, worum es Alsharif geht: „Für mich stehen die Menschen zwischen Himmel und Erde. Der Himmel ist sicher und frei.“ Die Erde leider nicht. Sami Alsharif strandete im Zeltdorf Am Volkswald und nutzte dort das wöchentliche Kunstangebot, traf auf Menschen mit gleichem Interesse an Malerei: „Ich spürte wieder Power.“ Die Mitglieder der Kunstgruppe wurden seine ersten Freunde in Deutschland: „Sie sind wie meine Familie. Ich fühle mich geborgen.“
Beschleuniger der Integration
Ulla Lötzer, Vorsitzende von „Werden hilft“, weiß genau von den Hoffnungen, die solche Äußerungen ausdrücken. Sie wendet sich an den Ehrengast: „Doch das kann ich ihnen jetzt nicht ersparen, Herr Kufen: Viele der hier ausstellenden Künstler sind nun über ganz Essen verstreut, viele sind abgelehnt worden. Sie haben Angst. Sie möchten sich integrieren, aber sie dürfen nicht.“ Oberbürgermeister Thomas Kufen weist auf die kommenden Aufgaben hin: „Die Flucht ist oft noch gar nicht verarbeitet, da beginnt die langwierige Aufgabe der Integration. Es gibt für mich ganz klar zwei Beschleuniger der Integration. Der Sport, aber auch Kunst und Kultur. Als Chef der Verwaltung bin ich sehr stolz auf die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Stadt und Werden hilft. Danke dafür.“ Dann mischt er sich unters Publikum, lässt sich bereitwillig zu einem Selfie mit einem Flüchtling überreden. Der junge Mann zeigt sofort das Foto herum und platzt fast vor Stolz.
Am Sonntag, 9. Juli, findet an der Ruhrtalstraße von 15 bis 18 Uhr die Finissage statt, mit Musik und Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch. Auch wird die Videoinstallation „workshop art station“ gezeigt – ein Musik- und Tanzprojekt der Folkwang Universität der Künste unter Leitung von Franziska Kloos und Rahel Löwentraut.
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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