Konzert der Extraklasse mit Cameron Carpenter
Höchste musikalische Ausdruckskraft und ein Appell an die künstlerische Freiheit Unter diesem Zeichen stand das achte Konzert in der Reihe PRO ARTE Konzerte in der Essener Philharmonie.
Sowohl das Radio-Symphonieorchester Wien, als auch der amerikanische Organist Cameron Carpenter, der mit seiner weltweit einzigartigen „International Touring Organ“ angereist war, rissen das Publikum in ihren Bann aus musikalischer Spielfreude, immenser Virtuosität und klanglichem Mut zum Crossover.
Den Auftakt bestritt der perfekt aufeinander eingespielte Klangkörper des Wiener Orchesters unter der Leitung von Cornelius Meister mit der symphonischen Dichtung „Die Mittagshexe“ op.108 von Antonin Dvorak. Das Werk basiert auf einer Vorlage aus der tschechischen Balladendichtung und bietet in seiner ganzen Tragik eines von Mutterliebe erdrückten Kindes herausragenden Stoff für eine musikalisch-programmatische Umsetzung. Das Orchester verstand es meisterlich, den Antagonismus zwischen familiärer Pseudo-Idylle und dem finalem Siegeszug der Hexe widerzuspiegeln.
Anschließend betrat das „Enfant terrible“ der Organistenszene die Bühne: Cameron Carpenter. Von Verfechtern puristischer Orgelmusik belächelt bis abgelehnt, auf der anderen Seite aber gefeiert wie ein Popstar. Ein Künstler, der musikalische Grenzen überschreitet und sicherlich gemäß einem typisch amerikanischem „anything goes“ spaltet, wie kaum ein anderer Musiker in diesem Genre. Und doch: abseits von Traditionalismus und werkgetreuer Aufführungspraxis wie jener eines Nikolaus Harnoncourt gelingt diesem Ausnahmemusiker zumindest eines: Der Sprung ins 21.Jahrhundert. Digital. Radikal. Liberal. Verstärkt durch über vierzig subtil aufeinander abgestimmte Lautsprechersysteme verschmilzt sein fünfmanualiges Arbeitsgerät mit dem analogen Klangkörper eines Orchesters auf eine Weise, wo das Visuelle sich zugunsten des einfach nur ZU-Hörens zurücknehmen sollte. Carpenters Transkription für Orgel und Orchester des Themas von Paganini, op.43 in der Bearbeitung von Sergej Rachmaninoff funktioniert wider jeglichen Puritanismus. Virtuosität als Selbstbeweihräucherung steht da absolut nicht im Vordergrund. Und dies nimmt man diesem Cameron Carpenter ab. Die eingeforderten Zugaben des Publikums sprachen da Bände.
Autor:Isabel Nosbers aus Essen-Werden |
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