Doppelte Franzosenpower

Der schwarze Kubus birgt eine hermetische Innenwelt in sich. 
Foto: Henschke
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  • Der schwarze Kubus birgt eine hermetische Innenwelt in sich.
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Internationale Zusammenarbeit bei Kunstwerden mit Ausstellung und Wohnzimmerkonzert

Der Werdener Kunstverein schlägt eine Brücke zur regen Kunstszene der Normandie. Durch freundschaftliche Begegnung entwickelte sich die Idee einer internationalen Zusammenarbeit.

Was in der Vorbereitung lange Zeit in Anspruch nahm, wurde nun endlich und auf höchst erfreuliche Weise in die Tat umgesetzt: Département Manche meets Ruhrgebiet. Die Künstler François Lemonnier und Fabien Lefebvre sind in ihrer nordwestfranzösischen Heimat durch zahlreiche Kunstprojekte bekannt. Beispielsweise durch das Festival „La Nuit de soudeurs“ im Seebad Granville. Hier findet seit 2004 diese „Nacht der Schweißer“ statt. Am Kai des Handelshafens schweißen Künstler nach vorgegebenem Thema aus Altmetall ihre Skulpturen zusammen und bieten Workshops an. Parallel dazu finden Veranstaltungen wie Konzerte und Ausstellungen statt.

Ein schwarzer Kubus

François Lemonnier ist ein wahrer Tausendsassa. Als Autor, Komponist, Sänger, Gitarrist, Maler und Theaterregisseur tätig und daher viel auf Reisen. Parallel entstehen seine Porträts. Köpfe aus dem Kopf gemalt mit der Hand. Ausdrucksvolle Gesichter übermitteln bei Lemonnier Emotionen, sind zugleich ein Rückblick auf eigene Erlebnisse und Erfahrungen. So ein Porträt ist aber immer auch ein Ausdruck des inneren Zustandes. Wie diesen Aspekt darstellen? Der Gedanke eines ganz eigenständigen künstlerischen Experiments verfestigte sich. In den Räumen von kunstwerden konnte nun dieser Traum verwirklicht werden. Ein gigantischer Kubus drängt sich zwischen die Säulen des Kunstraumes. Geschlossen, schwarz, monolithisch. Durch ein Schlupfloch jedoch kann das Innere betreten werden. Vorsicht, der Boden aus Plexiglas ist empfindlich. Das bedeutet: ohne Schuhe zu betreten. Oder die bereitliegenden Filzschuhe überstülpen. Wenn sich der Vorhang öffnet, empfängt den wagemutigen Betrachter eine hermetische Innenwelt. Der Kronleuchter gibt Licht, das verlöscht und wieder aufleuchtet. Gesichter. An den Wänden, der Decke, dem Boden. Ein mehrdimensionales Rundumerlebnis. Kein Besucher der Ausstellung, den diese Blicke kalt lassen.
Um den Kubus herum sind die Werke des Bildhauers Fabien Lefebvre zu erleben. Er hat Beispiele seiner bildhauerischen Arbeit mitgebracht, aus Fundstücken zusammengeschweißte Skulpturen mit starkem Ausdruck und roher Kraft. An den Wänden gibt es die mit Teer und anderen Farben übermalten alten Plakate der schwarzen Serie, die durch die Übermalung erst das Wesentliche offenbaren. Geradezu mythisch ziehen seine abstrakten Kompositionen auf großen Zinkplatten den Betrachter magisch an. Hier verarbeitet Lefebvre Ereignisse, katalogisiert, ordnet ein. Das Werk 45 etwa gilt der Atompilzwolke über Hiroshima.

Eigenwilliges Wohnzimmerkonzert

Beide Künstler sind seit langem befreundet und erfreuen sich einer eher ungewohnten Zusammenarbeit: Der Abend gehört den beschwingten, aber auch den nachdenklichen Tönen. Eine Gitarre, ein Mikro, ein wuchtiger Ledersessel, mehr braucht es nicht: fertig ist das Wohnzimmerkonzert! François Lemonnier singt vom Spektakulären im ganz Alltäglichen: „Vivre, c'est quitter le solide.“ Das sind Lieder, die er gemeinsam mit Allain Leprest geschrieben und als „Parol' de Manchot“ zur Veröffentlichung gebracht hat. Die Chansons erzählen die kleinen Geschichten der kleinen Leute. Von der Fischauktion, wo zwischen Tauen und rostigen Ketten die Händler ihre Messer wetzen. Von liebenswürdigen Verlierern, die in der heruntergekommenen Dorfkneipe sitzen. Von frustrierenden Sommermonaten, wenn die Angeber aus Paris mit ihren Sportwagen den Mädchen den Kopf verdrehen. Die einheimischen Jungs haben das Nachsehen, warten und warten: das Herz im Trockendock. Bei „C'est drôle“ werden Wortspielereien perfektioniert: „Ich habe deine Gänsehaut und schlafe in deiner Schlaflosigkeit.“
Etwas widerwillig lässt sich der unnachahmliche Fabien Lefebvre in die Karten schauen, trägt hintergründig Urinal-Fäkales vor. Dann wird es ihm zu bunt, er baut die Bühne um. Aus Kästen, seinen Zink-Kunstwerken, Holzlatten und Plane entsteht rund um den singenden Lemonnier eine Notbehausung, die stark an den „Dschungel von Calais“ erinnert. Als Schluss- und Höhepunkt wird im Spalier des Publikums eine 60 Meter lange handbemalte Porträt-Rolle entrollt. Der Meter kostet 50 Euro.
Die Doppelausstellung „Portraits de têtes - Portraits de tête“ und „Peintures abstraites et sculptures“ in den Räumen von kunstwerden wird vom Kulturbüro der Stadt Essen und Albau unterstützt. Sie ist in den Werdener Toren an der Ruhrtalstraße 19a freitags von 20 bis 24 Uhr, sonntags von 15 bis 18 Uhr, sowie nach Vereinbarung bis zum 13. April zu sehen.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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