Was war das für eine grandiose 21. Orgelnacht in der Evangelischen Kirche Werden
Bis weit nach Mitternacht

- Gemeinsam sangen das Vokalensemble und die „Upper Voices“ die tieftraurige schottische Weise vom Loch Lomond.
Foto: Henschke - hochgeladen von Daniel Henschke
Nach über fünf Stunden Musikgenuss spendet Erich Klein fröhlich Beifall. Der Hundertjährige ist ältestes Mitglied des Fördervereins Evangelische Kirche Werden.
Wenn sich avantgardistische Kompositionen zwanglos mit mittelalterlichen Gesängen treffen, wenn um Schlag Mitternacht die Sängerinnen mit laszivem Blick und kessem Hüftschwung „Diamonds are a girl’s best friend“ hauchen, dann ist wieder Werdener Orgelnacht. Auch die 21. Auflage begeistert das Publikum.
Erhalt und Pflege
Der 1985 gegründete Förderverein Evangelische Kirche Werden fördert Erhalt und Pflege des Kirchengebäudes von 1900. Die Orgelnacht dient auch zur Finanzierung regelmäßig erforderlicher Wartungsarbeiten an den wertvollen und teilweise sehr filigranen Musikinstrumenten. Schon allein die wunderbare Walcker-Orgel ist einen Besuch wert. Schön, dass die Nationalbank da als großzügiger Sponsor hilft. Sabine Mika ist Fördervereinsvorsitzende: „Wir möchten kulturell und musikalisch interessierte Besucher einladen. Unsere wunderschöne Kirche ist ein Aufführungsort mit besonderer Atmosphäre.“ In den vier Teilen der Orgelnacht wird dem geneigten Publikum eine erstaunliche Bandbreite dargeboten. Organist Matthias Geuting macht den Anfang, indem er sein Orgelspiel in Dialog mit der wunderbaren Sängerin Irene Kurka setzt. Der Bogen führt vom Mittelalter über Barock bis hin zur Romantik. Geuting wagt aber auch den Sprung in die Moderne und stellt Werke der zeitgenössischen Komponisten Juan Allende-Blin und Carter Williams vor.
„Dat du min Leevsten büst“
Eine langjährige und bewährte Zusammenarbeit mit der Folkwang Universität der Künste prägt die Werdener Orgelnächte. Im zweiten Teil entführt der Folkwang Konzertchor in die Welt der Romantik und lässt weltliche Lieder von Brahms, Mendelssohn Bartholdy, Reger oder Schumann erklingen lassen. Zwischen den Programmteilen lädt der Förderverein ein zu einem kleinen Imbiss. Bei einem Gläschen Wasser oder Wein sowie leckerem Fingerfood ist Zeit für Begegnungen und Gespräche. Im dritten Teil übernimmt der kleine Bruder der Orgel. Auf dem Akkordeon interpretiert Alexandre Bytchkov den großen Johann Sebastian Bach. Dessen Fugen lassen den ganzen Raum klingen. Klassische Orgelmusik, aber eben ohne Orgel. Nach einem furiosen Finale muss das Publikum erst einmal durchatmen. Der Beifall brandet um so lauter auf. Aber Bytchkov legt noch einen drauf. Bei Astor Piazzolas „Libertango“ kann er flinke Fingerfertigkeit ausleben und lässt das Akkordeon vibrieren. Mit Rossinis Figaro haut er dann seine Zuhörer endgültig aus den Latschen und erntet stehende Ovationen.
Den Abschluss bildet der Auftritt zweier Chöre der Folkwang Universität. Das Vokalensemble und die „Upper Voices“ präsentieren wohlbekannte Lieder, aber auch so manchen spannenden Fund. Auch spät abends halten die Stimmen immer noch. Ein ergreifender Rachmaninow, wunderschön. Die Entdeckung des Abends ist „Dat du min Leevsten büst“ von Oliver Gies. Es folgen noch die Beatles und als Zugabe Billy Joel. Nach dem wirklich aller-allerletzten Ton geht endgültig das Licht aus. Da ist es schon weit nach Mitternacht.
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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