Agnes Wallek im Interview - Neues aus dem Bürgermeisterhaus Werden
1985. Boris Beckerschreibt in Wimbledon deutsche Sportgeschichte, in Moskau übernimmt Michael Gorbatschow das Amt des Generalsekretärs der KPdSU und in Werden fällt die künstlerische Leitung des Bürgermeisterhauses(BMH) an Agnes Wallek. Und während Becker und Gorbatschow die große Bühne inzwischen verlassen haben, ist Agnes Wallek immer noch im Bürgermeisterhaus am Ruder und präsentiert ihren vielen treuen Besuchern inzwischen zum 29. Mal ein abwechslungsreiches Programm. Im Gespräch mit dem Werden Kurier plauderte sie daher entspannt über gestern, heute und das anstehende Geburtstagsjahr 2015.
Worauf können sich die Besucher des Bürgermeisterhauses im diesjährigen Programm freuen?
„Natürlich haben wir wieder unsere Klassiker wie die „Junge Elite“ im Programm. Aber auch die vor allem bei meinen treuen Senioren so beliebte „Kunstsprechstunde“ oder das „Literaturcafé“ dürfen natürlich im Bürgermeisterhaus nicht fehlen. Daneben habe ich wieder die ein oder andere Überraschung im Programm, die ich jetzt noch nicht verraten will, auf die sich die Besucher aber schon freuen dürfen.“
Sie sprechen von Klassikern, die sich inzwischen eines immer größer werdenden Freundeskreises erfreuen. Das war nicht immer so?
„Oh Gott! Nein, ganz und gar nicht. Vor allem die ersten Jahre waren hart und wir mussten gegen viele Vorurteile ankämpfen. Doch ich bin ja hartnäckig, hatte zum Glück auch immer wieder neue Ideen, bin rumgereist und habe Kontakte geknüpft. Inzwischen kann ich mich ein wenig zurücklehnen, muss nicht mehr diese Basisarbeit leisten und kann das Ein oder Andere ausprobieren. Eine große Erleichterung für mich ist etwa auch die Cateringfirma, die bei der Buchung unserer Räume dazu genommen werden muss. Die kümmern sich etwa um die Bestuhlung und die Tische. Das hilft mir ungemein.“
„Natürlich haben wir wieder unsere Klassiker wie die „Junge Elite“ im Programm." Agnes Wallek
In Ihren fast 30 Jahren im Bürgermeisterhaus haben Sie einige tausend Veranstaltungen organisiert. Gibt es darunter welche, die Ihnen, aus welchen Gründen auch immer, besonders im Gedächtnis haften geblieben sind?
„Eigentlich alle. Weil jedes auf seine Art etwas Besonderes war. Zu vielen Künstlern, die hier als junge Nachwuchshoffnungen aufgetreten sind, habe ich immer noch Kontakt und lade inzwischen den Ein oder Anderen nach 15 oder 20 Jahren wieder ein.
Wie etwa Andrei Pisarev, der bei unserem Silvesterkonzert gespielt hat. Ganz besonders im Gedächtnis geblieben ist mir aber der Auftritt einer jungen Pianistin aus Usbekistan. Sie hat an einem heißen Sommerabend hier vor lediglich fünf oder sechs Gästen gespielt. Ich hatte bei der Planung ganz vergessen, dass zeitgleich in der Philharmonie ein großes Konzert stattfand, zudem war die Nacht der Industriekultur, das „Fété de la Music“ und es war eben ein sehr heißer Sommertag. Das Mädchen war verständlicherweise ganz enttäuscht, mir tat sie sehr leid und so sind wir zusammen anschließend noch gemeinsam in die Philharmonie gefahren und haben uns dort ein großartiges Konzert angehört und sie ist dann doch mit einem Lächeln auf ihrem Gesicht abgereist.“
Gibt es noch ein Konzert oder einen Künstler, das Sie unbedingt organisieren wollen oder den Sie unbedingt noch einmal ins Bürgermeisterhaus locken möchten?
„Eigentlich nicht. Ich kann wirklich behaupten, dass ich alle meine Wünsche und Träume als Kulturschaffende verwirklichen konnte. Wenn es überhaupt noch etwas gibt, das ich gerne wieder intensivieren möchte, dann ist es die Zusammenarbeit mit der Folkwang Universität. Wissen Sie, ich habe inzwischen die besten Kontakte an die Universitäten nach Köln oder Berlin und zu vielen internationalen Managern oder Agenturen. Aber mit der Universität der Künste in der direkten Nachbarschaft funktioniert viel zu wenig. Vielleicht gelingt es mir ja noch, daran etwas zu ändern. Ich denke, dass davon alle profitieren würden. Die jungen Künstler, weil sie vor Publikum auftreten könnten und das BMH, weil es wieder junge, hoch talentierte Künstler präsentieren kann.“
„Ich würde gerne wieder die Kooperation mit der Folkwang Uni neu beleben. Ich denke, davon könnten beide Seiten profitieren.“ Agnes Wallek
Wäre das nicht ein Ziel für das kommende Jahr, wenn es gilt 30 Jahre Kultur im Bürgermeisterhaus und 30 Jahre Agnes Wallek im BMH zu feiern?
„Nein, ich denke nicht. Außerdem weiß ich noch gar nicht, was wir genau im kommenden Jahr machen werden. Damit beschäftige ich mich wie immer erst im Sommer. Vieleicht machen wir nur eine Festwoche, vielleicht stellen wir das ganze Jahr unter dieses Motto. Ich werde mir schon etwas ausdenken, womit ich meinen Abschied hier aus dem Bürgermeisterhaus begehen werde.“
Sie wollen wirklich aufhören?
„Ja. Wenn es am schönsten ist soll man gehen. Auch wenn jetzt viele sagen werden, die Wallek kann doch gar nicht ohne Bürgermeisterhaus. Aber in meinem persönlichen Plan möchte ich mich nach der Saison 2015 verabschieden und mein Privatleben genießen und Kultur ganz privat und ohne den Gedanken an das Bürgermeisterhaus genießen.“
Angesichts dieser Entwicklung darf die Frage nach Ihrem Nachfolger nicht fehlen?
„(Lacht) Da habe ich nur darauf gewartet. In meinen Plänen gibt es denjenigen auch und wir haben auch schon gesprochen. Doch ich werde einen Teufel tun und ihn bereits jetzt präsentieren. Aber ich kann allen versichern, dass es das Bürgermeisterhaus auch ohne Agnes Wallek geben wird. Vielleicht anders, aber bestimmt nicht schlechter.“
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Autor:Sven Krause aus Mülheim an der Ruhr |
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